Rz. 561
Erste Voraussetzung ist ein Betriebsinhaberwechsel, dh es muss eine Änderung in der Person desjenigen erfolgen, der über die arbeitsrechtliche Organisations- und Leitungsmacht verfügt. Für einen Betriebsübergang muss ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit des Betriebs und Betriebsteils unter Wahrung ihrer Identität fortführen. Maßgeblich für einen Betriebsübergang ist stets der Wechsel der Rechtspersönlichkeit des Betriebsinhabers. Ein Wechsel der Gesellschafter (sog. share deal) berührt die Identität der Gesellschaft als Rechtssubjekt nicht, so dass allein der Gesellschafterwechsel zu keinem Betriebsübergang führt. Dies gilt selbst dann, wenn alle Gesellschafter ausscheiden und ihre Gesellschaftsanteile auf einen oder mehrere Erwerber übertragen. Der share deal führt nur zu einem Gesellschafterwechsel, er stellt daher keinen Betriebsübergang dar. Bleibt das Rechtssubjekt des Betriebsinhabers identisch, fehlt es an einem Betriebsübergang. Ein Betriebsinhaberwechsel liegt nicht bei bloßen Veränderungen der Rechtsform oder bei einem Gesellschafterwechsel in einer Personengesellschaft vor. Dass der Gesellschafterwechsel ohne Einfluss ist, gilt für die BGB-Gesellschaft, für OHG, KG, GmbH, AG und e.V. in gleicher Weise. Dagegen ist der Betriebsinhaberwechsel, z.B. im Fall des Pächterwechsels, bei der Betriebsaufspaltung in eine Besitz- und Betriebsgesellschaft sowie bei der Verschmelzung von Gesellschaften zu bejahen. Die Übernahme der Buchhaltung und der Personalverwaltungsaufgaben eines Tochterunternehmens durch die Konzernmutter ist kein Betriebsübergang, wenn damit keine Übernahme von Betriebsmitteln oder Personal verbunden ist. Allein die Bestellung von zwei Prokuristen der Konzernmutter zu Handlungsbevollmächtigten einer KG begründet keinen Betriebsübergang, wenn diese nicht über die Personalbefugnis hinaus die gesamte Organisations- und Leitungsmacht namens und im Auftrag der Konzernmutter in einer Weise übernommen haben, die einer Übernahme des Betriebs durch die Konzernmutter gleichkommt. Die Übertragung von Sicherungseigentum stellt keinen Betriebsübergang dar, da dadurch dem bisherigen Eigentümer nicht die Nutzungsmöglichkeit entzogen wird. Die Übernahme der Kundenbeziehungen durch die Konzernmutter führt nicht zu einem Betriebsübergang, wenn diese nunmehr ihrerseits das Tochterunternehmen mit der Durchführung der bisher bereits erbrachten Tätigkeiten beauftragt.
Rz. 562
Kommt es bei der Frage, ob ein Betriebsübergang i.S.d. § 613a BGB vorliegt, bei den betroffenen Betrieben im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft an, kann eine strukturierte Gesamtheit von Arbeitnehmern trotz des Fehlens nennenswerter materieller oder immaterieller Vermögenswerte eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Wenn eine Einheit ohne nennenswerte Vermögenswerte funktioniert, kann die Wahrung ihrer Identität nach ihrer Übernahme nicht von der Übernahme derartiger Vermögenswerte abhängen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt. Wird die eigentliche Leistung eines Betriebs nicht durch ein materielles Betriebsmittel erbracht, sondern nur mit dessen Hilfe, handelt es sich dabei zwar um ein wichtiges Hilfsmittel, dieses prägt jedoch nicht die Identität der Einheit. Bei den einen möglichen Betriebsübergang kennzeichnenden Umständen ist zu berücksichtigen, ob sie eine "Übernahme" i.S.d. Fortführung des beim potentiellen Veräußerer bestehenden Betriebs darstellen oder ob sie nicht vielmehr durch die Eigenart des übernommenen Auftrags bedingt sind und daher als Begleiterscheinung der Auftragsnachfolge nicht prägend für die Annahme eines Betriebsübergangs sein können.
Rz. 563
§ 613a BGB scheidet bei einer öffentlich-rechtlichen Funktionsnachfolge aus. Das Amt des internen Datenschutzbeauftragten geht im Falle eines Betriebsüberganges nicht auf den Erwerber über. Der Übergang kann sich auch aus einem Bündel von Rechtsgeschäften mit Dritten ergeben. Nach Auffassung des BAG führt die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäftes nicht zum Ausschluss des § 613a BGB. Problematisch sind die Fälle der Zwangsvollstreckung und Zwangsversteigerung.