Rz. 92
Das Probearbeitsverhältnis kann als befristetes oder als unbefristetes Arbeitsverhältnis vereinbart werden. Die Einstellung eines Arbeitnehmers zur Probe unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats gem. § 99 BetrVG. Der Betriebsrat hat aber kein Widerspruchsrecht gem. § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG, wenn ein befristetes anstelle eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses mit vorgeschalteter Probezeit abgeschlossen wird.
Rz. 93
Vom Probearbeitsverhältnis ist das sog. Einfühlungsverhältnis zu unterscheiden. Anerkannt ist, dass die Vereinbarung eines Einfühlungsverhältnisses ohne Vergütungsanspruch und ohne Arbeitspflicht des potentiellen Arbeitnehmers kraft der Vertragsfreiheit grundsätzlich zulässig ist. Dabei ist unter einem Einfühlungsverhältnis ein loses Rechtsverhältnis eigener Art zu verstehen, welches sich von einem Arbeitsverhältnis – insbesondere auch von dem Probearbeitsverhältnis – dadurch unterscheidet, dass der in den Betrieb aufgenommene potentielle Arbeitnehmer während der Einfühlungsphase keine Pflichten übernimmt, insbesondere keine Arbeitspflicht hat, da er nicht dem Direktions- oder Weisungsrecht des potentiellen Arbeitgebers unterliegt, sondern lediglich dem Hausrecht des Betriebsinhabers untersteht. Zweck eines sog. Einfühlungsverhältnisses ist es im Allgemeinen, die Voraussetzungen der Zusammenarbeit für das potentielle spätere Arbeitsverhältnis zu klären, also insbesondere dem künftigen Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, die betrieblichen Gegebenheiten kennen zu lernen.
Rz. 94
Für den – lediglich in besonders gelagerten Fällen anzunehmenden – Sonderfall des Einfühlungsverhältnisses trägt regelmäßig derjenige, der sich auf ihn beruft, die Beweislast. Werden die Hauptleistungspflichten eines Arbeitsvertrags (Arbeitsleistung und Vergütung) schon konkretisiert, obliegt es dem Anbietenden, seinen vom Regelfall des Arbeitsvertragsangebots abweichenden Willen des Angebots einer bloßen nicht vergüteten Kennenlernphase unzweideutig auszudrücken sowie ein solches Handeln – und damit die Ausnahme – darzulegen und ggf. zu beweisen.
Rz. 95
Gesetzlich ist die Dauer der Probezeit nur im Rahmen von Berufsausbildungsverhältnissen vorgeschrieben. Nach § 20 S. 2 BBiG muss sie mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen. Die Vereinbarung einer Probezeit gem. § 20 S. 1 BBiG als solche unterliegt als zwingendes Recht keiner Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 307 ff. BGB. Die Dauer der Probezeit ist bei Vereinbarung durch AGB als normausfüllende Klausel der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB zu unterziehen. Eine Staffelung der Höchstdauer der Probezeit nach der Dauer der Ausbildung, die gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 BBiG zwei bis drei Jahre betragen soll, hat der Gesetzgeber – offenkundig auch im Interesse des Auszubildenden – nicht vorgesehen. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens ist die tatsächliche Dauer der Probezeit vielmehr frei vereinbar. Eine erneute Vereinbarung einer Probezeit ist bei Vereinbarung eines rechtlich neuen Berufsausbildungsverhältnisses unzulässig, wenn zu einem vorherigen Ausbildungsverhältnis derselben Parteien ein derart enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass es sich sachlich um ein Berufsausbildungsverhältnis handelt. In einem solchen Fall ist kein Grund ersichtlich, die wechselseitige Prüfung der wesentlichen Umstände des Ausbildungsverhältnisses ein weiteres Mal vorzunehmen und dem Ausbildenden die Möglichkeit zur entfristeten ordentlichen Kündigung ohne Kündigungsgrund einzuräumen. § 20 S. 1 BBiG ist teleologisch zu reduzieren. Ob ein enger sachlicher Zusammenhang vorliegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalls festzustellen. Zu berücksichtigen sind dabei neben der absoluten Dauer der Unterbrechung zwischen den Ausbildungsverhältnissen auch mögliche Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses oder der betreffenden Branche. Insbesondere hängt es vom Anlass der Unterbrechung und der Neubegründung des Ausbildungsverhältnisses ab, ob ein sachlicher Zusammenhang gegeben ist. Zu berücksichtigen ist auch, ob die Beendigung des vorherigen Ausbildungsverhältnisses auf Veranlassung des Ausbilders oder des Auszubildenden erfolgt ist.
Rz. 96
Zahlreiche Tarifverträge enthalten Regelungen zur Probezeit. Bei individualrechtlichen Vereinbarungen von Probezeiten richtet sich die zulässige Höchstdauer nach den Anforderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes. Die Probezeit beträgt im Allgemeinen bei einfachen Arbeiten drei bis vier Monate. Bei besonders anspruchsvollen Aufgaben kann ausnahmsweise eine Probezeit von neun bis zwölf Monaten gerechtfertigt sein. Regelmäßig wird eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart, da mit diesem Zeitpunkt auch die Wartezeit für das Eingreifen des allgemeinen Kündigungsschutzes gem. § 1 Abs. 1 KSchG erfüllt ist.
Rz. 97
Bewährt sich der Arbeitnehmer in der Probezeit nicht und soll er trotzdem eine "zweite Chance" erhalten oder während der Probezeit in eine andere neue Verwendung wechseln, entsteht weiterer Erprobungsbedarf, weshal...