Rz. 464
Durch den Aufhebungsvertrag wird das Arbeitsverhältnis mit konstitutiver Wirkung einvernehmlich beendet. Für den Arbeitgeber ist der Abschluss eines Aufhebungsvertrages vorteilhaft, weil keine Kündigungsfristen eingehalten werden müssen, der (Sonder-)Kündigungsschutz nicht greift und der Betriebsrat nicht beteiligt werden muss. Sonderkündigungsschutztatbestände müssen aber berücksichtigt werden im Hinblick auf eine Anfechtung nach § 123 BGB. Sie können für die kündigungsrechtliche Beurteilung des "verständigen Arbeitgebers" maßgebend sein.
Für den Arbeitnehmer ist der Aufhebungsvertrag nur dann vorteilhaft, wenn er die Kündigungsfristen abkürzen will, oder bei schweren Arbeitsvertragsverletzungen, die eine Kündigung nach § 626 BGB zur Folge hätten. Der Aufhebungsvertrag ist aber sperrzeitrelevant iSd. § 159 SGB III. Ein Anspruch auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages besteht nicht.
Rz. 465
Nach § 623 BGB bedürfen Aufhebungsverträge der Schriftform. Gem. § 623 BGB ist die elektronische Form ausgeschlossen. Es muss deshalb unbedingt darauf geachtet werden, dass der Text des Aufhebungsvertrages in einer beiderseitig unterschriebenen Urkunde (§ 126 Abs. 2 S. 1 BGB) aufgenommen wird oder bei mehreren gleichlautenden Urkunden die jeweils für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet wird. Telefax, E-Mail oder anwaltliche Bestätigungsschreiben genügen dem Schriftformerfordernis nicht. Ein Aufhebungs- (Auflösungs-)Vertrag ist gem. § 125 BGB nichtig, wenn die Schriftform nicht gewahrt ist. Nur ausnahmsweise können formfrei vereinbarte Aufhebungsverträge nach § 242 BGB wirksam sein, wenn die Berufung auf die Formunwirksamkeit zu untragbaren Ergebnissen führen würde, z.B. bei Arglist, Existenzgefährdung. Das gilt nicht bei beiderseitiger Kenntnis vom Formverstoß. Das BAG hat einen schriftformpflichtigen Aufhebungsvertrag auch für den Fall angenommen, dass der Arbeitnehmer unmittelbar nach Zugang der Kündigung ein Anerkenntnis der Kündigung und einen Klageverzicht erklärt.
Aufhebungsverträge können unwirksam sein
▪ |
bei Betriebsübergang nach § 613a BGB wegen objektiver Gesetzesumgehung, wenn dadurch lediglich die Kontinuität der Arbeitsverhältnisse verhindert werden soll, bei Erhalt des Arbeitsplatzes durch den neuen Betriebsinhaber. |
▪ |
wenn und solange nicht eine fristgerechte Massenentlassungsanzeige nach § 17 Abs. 3 KSchG bei der Agentur für Arbeit eingereicht und die Zustimmung eingeholt wird. |
▪ |
wenn bei Formularaufhebungsverträgen, die vom Arbeitgeber gem. § 305 BGB gestellt werden und die nach der Rechtsprechung des BAG als Verbraucherverträge des § 310 Abs. 3 BGB der Inhaltskontrolle unterliegen, die AGB-Kontrolle zu einer Unwirksamkeit führt, insbesondere bei Verletzung des Transparenzgebotes oder einer unangemessenen Benachteiligung gem. § 307 BGB. Bei einer Aufhebungsvereinbarung stellt aber die vereinbarte Beendigung des Arbeitsverhältnisses selbst die Hauptleistungspflicht dar, die der AGB-rechtlichen Angemessenheitskontrolle nicht unterliegt. |
▪ |
Dagegen unterliegen Nebenabreden im Aufhebungsvertrag der Inhaltskontrolle. Dies gilt insbesondere für die Transparenzkontrolle und den Schutz vor überraschenden Klauseln (§ 305c Abs. 1 BGB). Insbesondere die üblichen Ausgleichsklauseln erfordern nach der herrschenden Auffassung eine kompensatorische Gegenleistung entsprechend der Rechtsprechung des BAG zum formularmäßigen Verzicht des Arbeitnehmers auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ohne Gegenleistung. Es wird deshalb empfohlen, Abwicklungsklauseln in Aufhebungsverträgen, insbesondere die Ausgleichsklausel der vorbeugenden Angemessenheitskontrolle zu unterziehen und ggf. kompensatorische Gegenleistungen ausdrücklich in den Vertrag aufzunehmen. |
Rz. 466
Die Rechtsprechung lehnt ein allgemeines Widerrufsrecht für arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge ab, im Rahmen der AGB-Kontrolle nach § 307 und §§ 312 ff. BGB auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer Verbraucher nach § 13 BGB ist. Ebenso wird ein Verstoß gegen § 242 BGB wegen fehlender Ankündigung des Personalgesprächs oder Nichteinräumung einer Bedenkzeit verneint. Sofern tarifvertraglich wie in § 11 Nr. 10 HWiG für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen eine Bedenkzeit und damit ein Widerrufsrecht geregelt ist mit der Möglichkeit, darauf schriftlich zu verzichten, muss ggf. eine eindeutige Verzichtserklärung in den Vertrag aufgenommen werden.
Rz. 467
Ist ein Arbeitnehmer zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags durch arglistige Täuschung veranlasst worden, so steht ihm ein Anfechtungsrecht nach § 123 BGB zu. Eine arglistige Täuschung i.S.v. § 123 Abs. 1 BGB setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn hierdurch zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst hat. Dabei muss sich die Täuschung auf objektiv nachprüfbare Tatsachen beziehen. Die Äußerung subjektiver Werturteile genügt nicht.