Rz. 564
Weitere Voraussetzung ist die Übertragung eines Betriebes oder Betriebsteils. Das BAG vertritt die Auffassung, es komme entscheidend darauf an, ob eine wirtschaftliche Einheit vorhanden sei, die trotz des Inhaberwechsels ihre Identität bewahrt habe. An die Stelle des früheren Betriebsbegriffes ist damit auch in der Rechtsprechung des BAG das Merkmal der auf Dauer angelegten wirtschaftlichen Einheit getreten. Entscheidendes Kriterium für einen rechtserheblichen Betriebsübergang ist die Identitätswahrung. Das BAG hat den Kriterienkatalog des EuGH übernommen und fordert eine einzelfallbezogene wertende Gesamtbetrachtung aller Umstände. Von Bedeutung sind damit die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebes, der Übergang oder Nichtübergang der materiellen Aktiva wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva zum Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme oder Nichtübernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der Übergang oder Nichtübergang der Kundschaft sowie der Grad der Nichtähnlichkeit zwischen der vor und der nach dem Übergang verrichteten Tätigkeit sowie die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Gewichtung der Kriterien ist einzelfallabhängig. In Betriebsmittel geprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal vorliegen. Nach der neuen Rechtsprechung des BAG kommt für einen Betriebs- oder Betriebsteilsübergang der Übernahme der Arbeitnehmer insbesondere dann Indizwirkung zu, wenn eine eingearbeitete, fachlich geschulte Belegschaft im allseitigen Einvernehmen zum Erwerber wechselt, um dort ihr Wissen einzusetzen. Sogar die bloße Übernahme der Hauptbelegschaft soll genügen. Betriebsteil i.S.d. § 613a BGB ist eine Teileinheit bzw. Teilorganisation eines Betriebes, mit der der neue Betriebsinhaber bestimmte arbeitstechnische Teilzwecke verfolgen kann. Der Übergang eines Betriebsteils steht für dessen Arbeitnehmer dem Betriebsübergang gleich. Auch beim Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt. Betriebsteile sind Teileinheiten (Teilorganisationen) des Betriebes. Bei Übertragungen von sächlichen und immateriellen Betriebsmitteln muss es sich um eine organisatorische Untergliederung handeln, mit der innerhalb des betriebstechnischen Gesamtzweckes ein Teilzweck verfolgt wird, auch wenn es sich nur um eine untergeordnete Hilfsfunktion handelt. § 613a BGB setzt für den Teilbetriebsübergang voraus, dass die übernommenen Betriebsmittel bereits bei dem früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatten. Es reicht nicht aus, wenn der Erwerber mit einzelnen bislang nicht teilbetrieblich organisierten Betriebsmitteln einen Betrieb oder Betriebsteil gründet.
Rz. 565
Wird nicht der gesamte Betrieb, sondern nur ein Betriebsteil übernommen, muss der Arbeitnehmer dem übertragenen Betriebsteil oder Bereich angehören, damit sein Arbeitsverhältnis gem. § 613a BGB auf den Erwerber übergeht. Entscheidend für die Zuordnung ist der Tätigkeitsschwerpunkt. Zur Ermittlung ist in erster Linie auf den jeweiligen zeitlichen Aufwand und Arbeitseinsatz abzustellen. Für die Frage, welchem Betrieb oder Betriebsteil ein Arbeitnehmer zugeordnet ist, kommt es auch auf den Willen der Arbeitsvertragsparteien an. Liegt ein solcher weder in ausdrücklicher noch in konkludenter Form vor, so erfolgt die Zuordnung grundsätzlich – ebenfalls ausdrücklich oder konkludent – durch den Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts. Aus dem gesetzlichen Schutz des Arbeitnehmers vor betriebsbedingten Arbeitgeberkündigungen gem. § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG ist nicht die Verpflichtung des Arbeitgebers abzuleiten, einen Arbeitnehmer, der einem gem. § 613a Abs. 1 BGB auf einen Erwerber übergegangen Betrieb zugeordnet war, einem anderen Betrieb zuzuordnen, wenn er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber widersprochen hat. Dies gilt insbesondere für Fallgestaltungen, in denen eine analoge Anwendung des Rechtsgedankens des § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG dazu führt, dass der Arbeitnehmer ein Wahlrecht hätte, von welchem der Betriebserwerber er gem. § 613a BGB "übernommen" werden möchte.
Rz. 566
Maßgeblich für die Rechtsfolgen des § 613a BGB ist der Zeitpunkt, in dem der Erwerber die Leitungsmacht im Betrieb im Einvernehmen mit dem Betriebsveräußerer ausüben kann. Dabei ist unerheblich, ob der Erwerber beabsichtigt, von seiner Leitungsmacht erst später tatsächlich Gebrauch zu machen. Der Betriebsübergang tritt mit dem Wechsel in der Person des Inhabers des Betriebes ein. Der bisherige Inhaber muss seine wirtschaftliche Betätigung in dem Betrieb einstellen. Die bloße Möglichkeit zu einer unveränderten Fortsetzung des Betriebes genügt für die Annahme eines Betriebsüberganges nicht. Wesentliches Kriterium für den Übergang ist die tatsächliche Weiterführung oder Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit. Einer besonde...