Rz. 137
Richtlinien für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von geringfügigen Beschäftigungen enthalten die sog. Geringfügigkeits-Richtlinien. Eine geringfügige Beschäftigung ist als regelmäßige Tätigkeit gegen geringes Entgelt (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV: Entgeltgeringfügigkeit; geringfügig entlohnte Beschäftigung), als kurzfristige Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV: Zeitgeringfügigkeit; kurzfristige Beschäftigung) und als geringfügige Beschäftigung in Privathaushalten (§ 8a SGB IV), die ihrerseits sowohl als Entgelt- als auch zeitgeringfügige Tätigkeit möglich ist, zulässig.
Rz. 138
Bei der Entgeltgeringfügigkeit (§ 8 Nr. 1 SGB IV) besteht keine zeitliche Begrenzung auf eine bestimmte Wochenarbeitsstundenzahl. Die Beschäftigung ist dann geringfügig, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig monatlich 450 EUR nicht übersteigt. Die Entgeltgeringfügigkeit kommt nur hinsichtlich der Personen in Betracht, die einer berufsmäßigen und damit regelmäßigen Tätigkeit nachgehen. Ist die Höhe des Arbeitsentgelts nicht konstant, so ist der regelmäßige Betrag nach den für die Schätzung des Jahresarbeitsentgelts in der Krankenversicherung entwickelten Grundsätzen zu ermitteln. Hierzu wird aus dem Jahresentgelt ein Monatsbetrag gebildet. Einmalzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld sind nicht nur in dem Monat, in dem sie gezahlt werden, zu berücksichtigen, sondern auf den gesamten Zeitraum, für den sie gewährt werden, umzulegen, soweit sie bei vorausschauender Betrachtung innerhalb eines Beschäftigungszeitraums von einem Jahr mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sind.
Rz. 139
Erreicht die vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte Vergütung den gesetzlichen Mindestlohn nicht, begründet dies von Gesetzes wegen einen Anspruch auf Differenzvergütung, wenn der Arbeitnehmer in der Abrechnungsperiode für die geleisteten Arbeitsstunden im Ergebnis nicht mindestens den in § 1 Abs. 2 S. 1 MiLoG vorgesehenen Bruttolohn erhält. Der Mindestlohnanspruch aus § 1 Abs. 1 MiLoG ist ein gesetzlicher Anspruch, der eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch tritt. Das Mindestlohngesetz greift in die Entgeltvereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien und anwendbarer Entgelttarifverträge insoweit ein, als sie den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten. § 3 MiLoG führt bei Unterschreiten des gesetzlichen Mindestlohns zu einem Differenzanspruch. Erfüllt ist der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn, wenn die für den Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Multiplikation der Anzahl der in diesem Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit dem gesetzlichen Mindestlohn ergibt. Erfüllung tritt mit Zahlung des Bruttoarbeitsentgelts ein. Auch verspätete Zahlungen können Erfüllungswirkung haben. Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn entsteht mit jeder geleisteten Arbeitsstunde. Dies erfordert die schlüssige Darlegung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Die Behauptung einer aus dem Durchschnitt eines Zeitraums ermittelten Stundenzahl ersetzt diesen Vortrag nicht.
Rz. 140
Bei der Zeitgeringfügigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV ist die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder fünfzig Arbeitstage begrenzt. Zusätzlich verlangt die Rechtsprechung, dass die Beschäftigung nur unregelmäßig (gelegentlich) ausgeübt wird. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV liegt keine kurzfristige Beschäftigung vor, wenn diese berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450 EUR im Monat übersteigt. Die Zwei-Monats-Grenze ist zu beachten, wenn der Arbeitnehmer täglich beschäftigt wird oder wenn innerhalb dieses Zeitraumes fünfzig Arbeitstage nicht erreicht werden. Die Fünfzig-Tage-Grenze findet Anwendung, wenn das Beschäftigungsverhältnis auf einen Teil der betriebs- oder berufsüblichen wöchentlichen Arbeitstage beschränkt ist. Beschäftigte in Privathaushalten sind kurzfristig beschäftigt, wenn die Beschäftigung im Laufe eines Kalenderjahres auf nicht mehr als drei Monate (bei Beschäftigung an mindestens fünf Tagen in der Woche) oder insgesamt 70 Arbeitstage begrenzt ist. Eine kurzfristige Beschäftigung liegt nicht vor, wenn die Beschäftigung bei vorausschauender Betrachtung von vorneherein auf ständige Wiederholung gerichtet ist und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden soll.
Rz. 141
Für befristete Arbeitsverhältnisse gilt gem. § 14 Abs. 4 TzBfG zwingend die Schriftform (vgl. hierzu Rdn 129). Beschäftigungsverhältnisse, die nicht schriftlich vereinbart worden sind, können auch nicht geringfügig i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV sein.
Rz. 142
Nach § 8 Abs. 2 SGB IV erfolgt eine Zusammenrechnung mehrerer geringfügiger Beschäftigungen. Für den Bereich der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung werden geringfügig entlohnte Beschäftigungen und nicht geringfügige Beschäftigungen zusammengerechnet. Abweichend von § 8 Abs. 2 S. 1 SGB IV werden nach § 27 Abs. 2 SGB III für den Bereich der Arbeitsl...