Rz. 569
Nach § 613a Abs. 5 BGB hat der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform über den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Überganges, den Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Überganges für die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen zu unterrichten. Da das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB erst nach Zugang der Unterrichtung ausgeübt werden kann, müssen die beteiligten Arbeitgeber auf die Einhaltung der inhaltlichen Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB ebenso wie auf die Einhaltung der für die Unterrichtung erforderlichen Textformen (§ 126b BGB) achten. Die Hinweise auf die Rechtsfolgen müssen präzise sein und dürfen keinen juristischen Fehler enthalten. Es genügt nicht, dass die Belehrung über die rechtlichen Folgen nur "im Kern" richtig ist und lediglich eine "ausreichende" Unterrichtung erfolgt. Eine Unterrichtung über den eigenen Standpunkt ist den Beteiligten eines Betriebsübergangs nicht deshalb unzumutbar, weil es sich um eine schwierig zu beantwortende Rechtsfrage handelt. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB verpflichtet die Arbeitgeberseite in einem solchen Fall nicht zu der rechtlich objektiv zutreffenden Darstellung, sondern verlangt nur eine rechtlich vertretbare Auskunft. Die einmonatige Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 S. 1 BGB wird nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung über den Betriebsübergang nach § 613a Abs. 5 BGB in Lauf gesetzt. Genügt die Unterrichtung zunächst formal den gesetzlichen Anforderungen, insbesondere denen des § 613a Abs. 5 BGB, und ist sie nicht offensichtlich fehlerhaft, so ist es Sache des Arbeitnehmers, der sich auf die Unzulänglichkeit der Unterrichtung beruft, einen behaupteten Mangel näher darzulegen. Eine offensichtlich unzureichende Unterrichtung ist nur dann gegeben, wenn die Unterrichtung über die Person des Betriebserwerbers und/oder in Bezug auf einen in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstand fehlt bzw. unverständlich oder auf den ersten Blick mangelhaft ist.
Rz. 570
Zu einer ordnungsgemäßen Unterrichtung über einen Betriebsübergang und damit über den Übergang des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers gehört, dass diesem eindeutig mitgeteilt wird, auf wen der Betrieb übergehen soll und wer damit sein neuer Arbeitgeber wird. Die Unterrichtung muss den Namen bzw. die Firma des Erwerbers sowie dessen genaue Anschrift nennen. Zu den rechtlichen Folgen eines Betriebsübergangs, über die der Arbeitnehmer gem. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB zu unterrichten ist, gehört auch die Gesamtschuldnerschaft des Übernehmers und des Veräußerers sowie deren anteilige Haftung nach § 613a Abs. 2 BGB. Eine ordnungsgemäße Unterrichtung i.S.d. § 613a Abs. 5 BGB erfordert einen Hinweis auf den Eintritt des Übernehmers in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis sowie auf das Haftungssystem nach § 613a Abs. 2 BGB und auf die beschränkte gesamtschuldnerische Nachhaftung des früheren Betriebsinhabers.
Rz. 571
Im Falle eines Betriebsüberganges ist der Arbeitnehmer so zu informieren, dass dieser sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerrufsrechtes erhalten. So soll insbesondere dem Arbeitnehmer auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und ggf. beraten zu lassen, um dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden.
Rz. 572
§ 613a Abs. 5 BGB gebietet eine Information des Arbeitnehmers auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsübergangs – etwa darüber, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen beim Erwerber zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer führen, wenn darin ein relevantes Kriterium für einen möglichen Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses gesehen werden muss oder wenn durch den Betriebsübergang die Rechtspositionen des Arbeitnehmers zwar nicht unmittelbar betroffen sind, die ökonomischen Rahmenbedingungen des Betriebsüberganges jedoch zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer beim neuen Betriebsinhaber führen, dass diese Gefährdung als ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang der Arbeitsverhältnisse anzusehen ist. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die Arbeitsplatzsicherheit beim Betriebserwerber maßgeblich betroffen ist.
Rz. 573
Eine fehlende Information über die Sozialplanprivilegierung nach § 112a Abs. 2 S. 1 BetrVG des neuen Inhabers führt dazu, dass die Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 S. 1 BGB nicht in Lauf gesetzt wird. Mit dem Ablauf des Privilegierungszeitraums von vier Jahren seit der Gründung des neuen Inhabers ist ...