Rz. 294

Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt für die Abmahnung selbst, dass ein erheblicher Vertragsverstoß vorliegen muss und nicht nur eine Bagatelle.[483] Dagegen kommt es nach der Rechtsprechung des BAG nicht darauf an, ob das abgemahnte Fehlverhalten als Grundlage für eine Kündigung im Wiederholungsfalle ausreicht.[484] Im Kündigungsfall nach vorangegangener Abmahnung muss ohnehin festgestellt werden, ob ein weiterer einschlägiger oder zumindest vergleichbarer Vertragsverstoß vorliegt[485] und die Kündigung insgesamt begründet ist. Demgemäß ist Voraussetzung für eine Abmahnung, dass überhaupt ein Wiederholungsfall möglich ist.

 

Rz. 295

Ein Verschulden des Arbeitnehmers wird nach herrschender Auffassung als Grundlage für die Abmahnung nicht gefordert. Der objektive Pflichtverstoß ist ausreichend, um das vertragliche Rügerecht auch als Kündigungsvoraussetzung zu begründen.[486]

[483] BAG 13.11.1991, EzA § 611 BGB Abmahnung Nr. 24; Küttner-Schmidt, Personalbuch 2020, Abmahnung Rn 28, LAG Schleswig-Holstein NZA-RR 2005, 244 zur Prüfung im Rahmen der Verhältnismäßigkeit nur auf einen Verstoß gegen das Übermaßverbot und auf Rechtsmissbrauch.
[484] BAG 30.5.1996, NZA 1997, 145, 146 mit Hinw. auf BAG 13.11.1992, NZA 1992, 690; Küttner-Schmidt, Personalbuch 2020, Abmahnung Rn 28, unter Berufung auf LAG Düsseldorf 2.11.1990, DB 1991, 975.
[486] BAG EzA § 611 Abmahnung Nr. 18. In Ausnahmefällen kann eine Abmahnung nicht gerechtfertigt sein, wenn kein schuldhaftes Verhalten vorangegangen war, wie z.B. Nichtvorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei Weigerung des Arztes, sie auszustellen (LAG Köln DB 1989, 1294; Küttner-Schmidt, Personalbuch 2020, Abmahnung Rn 4; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, § 132 Rn 21 zur Abmahnung bei Rechtsirrtum des Arbeitnehmers).

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