Rz. 608
Im Kündigungsschutzprozess sind alle Unwirksamkeitsgründe geltend zu machen, weil bei rechtskräftiger Abweisung der Kündigungsschutzklage die Beendigung des Arbeitsverhältnisses feststeht. Wird der Kündigungsschutzklage rechtskräftig stattgegeben, steht fest, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein Arbeitsverhältnis bestand. Damit das Urteil einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, muss die Position, in der der Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden will, genau umschrieben werden.
Rz. 609
Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim ArbG auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist (§ 4 S. 1 KSchG). Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 S. 1, §§ 5 und 6 KSchG), gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam, § 7 1. Hs. KSchG. Der Arbeitnehmer muss mit der fristgebundenen Klage des § 4 S. 1 KSchG geltend machen, dass die objektiv richtige Kündigungsfrist einer ordentlichen Kündigung nicht gewahrt ist, wenn die Kündigung unwirksam ist, weil die Kündigungsfrist nicht eingehalten ist. Das ist der Fall, wenn sich die mit zu kurzer Frist erklärte Kündigung nicht als Kündigung mit der rechtlich gebotenen Frist auslegen lässt. Die mit zu kurzer Frist erklärte Kündigung gilt nach § 7 Hs. 1 KSchG als rechtswirksam, wenn sie nach § 140 BGB in ein anderes Rechtsgeschäft umgedeutet werden müsste, also in eine Kündigung mit zutreffender Frist. Sie beendet das Arbeitsverhältnis zum "falschen Termin", wenn die zu kurze Kündigungsfrist nicht als anderer Rechtsunwirksamkeitsgrund binnen drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung im Klageweg nach § 4 S. 1 oder § 6 S. 1 KSchG geltend gemacht worden ist.
Rz. 610
Wie jede andere Klage muss die Kündigungsschutzklage als Feststellungsklage den Voraussetzungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügen. Deshalb bedarf es eines bestimmten Antrags.
Rz. 611
Das Erfordernis eines bestimmten Antrags gilt als notwendige Prozessvoraussetzung auch für Feststellungsklagen. Der Kläger muss bei einer Feststellungsklage in seinem Antrag das Rechtsverhältnis, dessen Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden soll, so genau bezeichnen, dass über dessen Identität und damit den Umfang der Rechtskraft des begehrten Feststellungsanspruchs keinerlei Ungewissheit bestehen kann. Ein Feststellungsantrag, der diesem Erfordernis nicht genügt, ist unzulässig. Er unterliegt, wenn der Kläger den Mangel – ggf. auch nach richterlichem Hinweis (§ 139 ZPO) – nicht behebt, der Abweisung durch Prozessurteil.
Rz. 612
Bei einer Kündigungsschutzklage nach § 4 S. 1 KSchG ist – ebenso wie bei einer Befristungskontrollklage nach § 17 S. 1 TzBfG – zu beachten, dass der Feststellungsantrag einem vom Gesetz vorgegebenen Inhalt entsprechen muss. Nach § 4 S. 1 KSchG muss der Antrag einer Kündigungsschutzklage auf die Feststellung gerichtet sein, "dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist". Der dem Gesetzeswortlaut entsprechende Klageantrag ist dann auch bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das ArbG hat nach § 139 Abs. 1 ZPO die Pflicht, auf die Stellung eines entsprechenden Antrags hinzuwirken.
Rz. 613
Als Prozesshandlung ist eine Klageschrift aber ebenso wie eine private Willenserklärung auslegungsfähig. Die Auslegung kann das Revisionsgericht selbst vornehmen. Der Wortlaut tritt hinter dem Sinn und Zweck der Erklärung zurück. Entscheidend ist der geäußerte Parteiwille, wie er aus der Klageschrift und den sonstigen Umständen erkennbar wird. Dabei ist gerade im arbeitsgerichtlichen Verfahren ein großzügiger Maßstab anzulegen. Insbesondere kann von einem rechtsunkundigen Kläger, der seinen Prozess selbst führt, nicht erwartet werden, dass er hinreichende Kenntnisse von den juristischen Fachbegriffen hat und die Bedeutung der entsprechenden Willensbetätigungen erkennt. Entscheidend ist, dass aus dem Antrag bzw. aus der Klageschrift der Wille des Klägers zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage hinreichend deutlich hervorgeht. Es genügt, dass aus der Klage ersichtlich ist, gegen wen sie sich richtet, wo der Kläger tätig war und vor allem, dass er seine Kündigung nicht als berechtigt anerkennen will.