1. Typischer Sachverhalt
Rz. 215
Der Geschäftsführer der xy-GmbH sucht anwaltliche Beratung zu den Fragen, die mit der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes, der Kfz-Überlassung, der Überlassung von Werkswohnungen und Werkmietwohnungen, Arbeitgeberdarlehen, Aus- und Fortbildung, der Gewährung einer Tantieme, einer Betriebsrentenzusage, der Altersteilzeit, der Arbeitszeit und Arbeitnehmererfindungen zusammenhängen.
2. Rechtliche Grundlagen
a) Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Rz. 216
Nach § 110 GewO werden die für Handlungsgehilfen geltenden Regelungen der §§ 74 ff. HGB einheitlich für alle Arbeitnehmer angewendet. Auf Nichtarbeitnehmer sind die §§ 74 ff. HGB nicht anwendbar. Für Handelsvertreter besteht eine den arbeitsrechtlichen Vorschriften ähnliche Regelung (§ 90a HGB; vgl. im Einzelnen das Kapitel "Handelsvertreterrecht" in diesem Buch). Für Organmitglieder juristischer Personen gelten Besonderheiten.
Rz. 217
Formularmäßig vereinbarte Wettbewerbsverbote unterliegen der AGB-Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Überraschende Klauseln sind nach § 305c Abs. 1 BGB verboten. Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind nach § 305c Abs. 1 BGB unwirksam, wenn sie im Arbeitsvertragsformular unter dem Punkt "Verschiedenes" enthalten sind und weder durch die Überschrift noch durch eine drucktechnische Hervorhebung ohne Weiteres erkennbar sind. Entsprechendes gilt, wenn das Wettbewerbsverbot ohne besonderen Hinweis mit einer falschen oder missverständlichen Überschrift versteckt wird. Es gelten das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) und die Unklarheitenregel (§ 305c Abs. 2 BGB). Von der Rechtsprechung wird eine Angemessenheitskontrolle nach Maßgabe der Generalklausel abgelehnt. Die Klausel "das nachvertragliche Wettbewerbsverbot wird wirksam mit Ablauf des zweiten Vertragsjahres der Laufzeit dieses Vertrages" ist weder überraschend noch intransparent.
Rz. 218
Die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbotes bedarf der Schriftform i.S.d. § 126 BGB. Es braucht jedoch keine gesonderte Urkunde erstellt zu werden. Es reicht nicht aus, ein bloßes Bestätigungs- oder Anstellungsschreiben zu übersenden. Nach Auffassung des BAG genügt eine nicht unterzeichnete Wettbewerbsklausel dem Formerfordernis, wenn sie mit dem Arbeitsvertrag fest verbunden ist und im unterschriebenen Arbeitsvertrag auf sie verwiesen wird. Nicht nur das nachvertragliche Wettbewerbsverbot, sondern auch der auf den späteren Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gerichtete Vorvertrag unterliegt der gesetzlichen Schriftform (§ 74 Abs. 1 HGB i.V.m. § 126 Abs. 2 BGB). Zwar kann ein Vorvertrag auch dann formlos wirksam sein, wenn der Hauptvertrag der Schriftform bedarf. Dies setzt jedoch voraus, dass dem Schriftformerfordernis keine Warnfunktion, sondern lediglich eine Klarstellungs- und Beweisfunktion zukommt. Durch die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform für nachvertragliche Wettbewerbsverbote sollen nicht nur Streitigkeiten darüber vermieden werden, ob und mit welchem Inhalt eine Wettbewerbsvereinbarung geschlossen wurde. Vielmehr kommt dem Formzwang vor allem eine Warnfunktion zu. Der Arbeitnehmer soll vor übereilten Entschlüssen im Hinblick auf sein künftiges berufliches Fortkommen möglichst bewahrt werden. Auch der Vorvertrag, der der gesetzlichen Schriftform nicht entspricht, ist nicht lediglich unverbindlich, sondern gem. § 125 BGB nichtig. Auf eine nichtige Vereinbarung können sich beide Vertragsparteien nicht berufen.
Rz. 219
Die Urkunde muss die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Wettbewerbsenthaltung und die des Arbeitgebers zur Zahlung der Karenzentschädigung enthalten. Die vom Arbeitgeber unterzeichnete Urkunde muss dem Arbeitnehmer ausgehändigt werden (§ 74 HGB). Der Arbeitnehmer ist zur Annahme der Urkunde verpflichtet. Wenn der Arbeitnehmer die Annahme der Urkunde verweigert, gilt § 162 BGB analog mit der Folge, dass der Arbeitnehmer sich so behandeln lassen muss, als sei ihm die Urkunde ausgehändigt worden. Haben die Parteien im Arbeitsvertrag ein wirksames Wettbewerbsverbot i.S.d. §§ 74 ff. HGB vereinbart, ohne ausdrücklich eine Entschädigung für die Dauer des Wettbewerbsverbotes zuzusagen, reicht es aus, wenn die Parteien in der Vertragsbestimmung vereinbart haben, dass im Übrigen die gesetzlichen Vorschriften der §§ 74 ff. HGB gelten. Die Bezugnahme auf die gesetzlichen Vorschriften ist angesichts deren Regelungsdichte ausreichend, um alle wesentlichen Elemente einer nachvertraglichen Wettbewerbsabrede abzudecken. Verweist eine Wettbewerbsklausel für alle Einzelheiten der vereinbarten Regelung auf die maßgebenden Vorschriften des HGB, so liegt darin im Zweifel die Zusage einer Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe.
Rz. 220
Für die Berechnung der Karenzentschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB sind die vor dem Austritt aus dem Arbeitsverhältnis bezogenen vertragsgemäßen Leistungen maßgebend. Ausgangspunkt für die Berechnung des monatlichen Entschädigungsbetrags ist die in § 74 Abs. 2 HGB normierte Verpflichtung, wonach die Karenzentschädigung min...