Rz. 98
Matrixstrukturen setzen eine (partielle) Übertragung des Weisungsrechts gemäß § 106 GewO voraus. Nur so wird der Matrixmanager in die Lage versetzt, die Arbeitsleitung innerhalb der Matrixzelle rechtlich verbindlich zu steuern. Hierfür erteilt der Vertragsarbeitgeber dem Matrixmanager im Regelfall eine Ausübungsermächtigung. Diese ermöglicht es dem Matrixmanager, in eigenem Namen (bzw. im Namen der leitenden Matrixgesellschaft) Weisungen zu erteilen. Alternative Gestaltungsmöglichkeiten etwa über das Stellvertretungsrecht sind zwar denkbar, in der Praxis aber kaum handhabbar. Denn dann müsste der Matrixmanager seine Weisungen jeweils im Namen des Vertragsarbeitgebers erteilen. Da in der Matrixzelle i.d.R. Arbeitnehmer mehrerer Vertragsarbeitgeber organisiert sind, dürfte das kaum umsetzbar sein. Im Wege der Ausübungsermächtigung übertragen wird im Normalfall nur das fachliche Weisungsrecht; das disziplinarische Weisungsrecht übt weiterhin der Vertragsarbeitgeber aus.
Rz. 99
Gemäß § 613 S. 2 BGB ist der "Anspruch auf die Dienste" im Arbeitsverhältnis aber im Zweifel nicht übertragbar. Erteilt der Matrixmanager in eigenem bzw. im Namen der leitenden Matrixgesellschaft Weisungen, tritt er als Empfänger der weisungsgebundenen, fremdbestimmten Arbeitsleistung auf. Vor diesem Hintergrund wird aus § 613 S. 2 BGB abgeleitet, dass es der Zustimmung des Arbeitnehmers bedarf, wenn dieser den Weisungen des unternehmensfremden Matrixmanagers unterstellt werden soll. Zwar lässt sich mit guten Argumenten vertreten, dass es zumindest bei der partiellen Übertragung des fachlichen Weisungsrechts keiner Zustimmung bedarf. Will man dieser Diskussion aber von vorne herein die Grundlage nehmen, empfiehlt es sich, bereits im Arbeitsvertrag durch eine Matrixklausel die "Zweifel" an der Übertragbarkeit der Dienste gemäß § 613 S. 2 BGB auszuräumen. Das schützt zugleich vor der Argumentation des Arbeitnehmers (z.B. im Trennungsszenario), es sei durch die Weisungen des Matrixmanagers neben dem Arbeitsverhältnis mit dem Vertragsarbeitgeber konkludent ein weiteres Arbeitsverhältnis mit der Matrixgesellschaft des Matrixmanagers begründet worden. Nachteil einer Matrixklausel kann aus Arbeitgebersicht aber sein, dass – in Parallele zur Rechtsprechung zu Konzernversetzungsklauseln – im Rahmen betriebsbedingter Kündigungen auch Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in anderen Konzerngesellschaften angeboten werden müssen, sofern der Vertragsarbeitgeber insoweit Einfluss nehmen kann. Letzteres stellt den Mehrwert von Matrixklauseln aus Arbeitgebersicht erheblich infrage, auch wenn die Problematik streng genommen auch ohne Matrixklausel besteht.