Rz. 68
Unter einer KAPOVAZ-Abrede in ihrer klassischen Form wird eine Vereinbarung über eine variable Lage der Arbeitszeit innerhalb eines Bezugszeitraums verstanden, wobei der Arbeitsumfang im Gegensatz zu Bandbreitenregelungen festgeschrieben ist. KAPOVAZ-Abreden können bei entsprechender Ausgestaltung als Alternative zu rechtlich riskanten Nullstundenverträgen dienen.
aa) Musterklausel
Rz. 69
Muster 4.9: KAPOVAZ-Abrede
Muster 4.9: KAPOVAZ-Abrede
(1) Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt _________________________ Stunden monatlich. Die Arbeitszeit kann je nach Arbeitsanfall ungleichmäßig auf die Wochen verteilt werden. Sie muss jedoch binnen eines Zeitraums von _________________________ zusammenhängenden Wochen ausgeglichen werden.
(2) Die Arbeitgeberin wird Dauer und Lage der Arbeitszeit jedenfalls mindestens vier Tage im Voraus mitteilen (Abruf). Beim Abruf wird die tägliche Arbeitszeit drei aufeinanderfolgende Stunden nicht unterschreiten. Die Arbeitgeberin kann die Arbeitsleistung von _________________________ bis _________________________ in der Zeit von _________________________ bis _________________________ abrufen. Die Arbeitgeberin kann jederzeit nach billigem Ermessen gemäß § 106 GewO mit einer Ankündigungsfrist von _________________________ andere Referenztage und Referenzstunden festlegen, sofern die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt werden.
(3) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, auf Aufforderung gegebenenfalls auch Über- und Mehrarbeit sowie Wochenend-, Sonn- und Feiertagsarbeit in gesetzlich zulässigem Rahmen zu leisten.
(4) Die Bruttomonatsvergütung wird unabhängig von dem im jeweiligen Monat abgerufenen Arbeitszeitdeputat in gleichbleibender Höhe geleistet.
bb) Grundlagen
Rz. 70
KAPOVAZ-Abreden sind Arbeit auf Abruf i.S.d. § 12 TzBfG. Losgelöst von der Frage, ob § 12 TzBfG auch auf Vollzeitarbeitsverhältnisse Anwendung findet, ist für Vollzeitarbeitsverhältnisse angesichts von § 307 Abs. 1 BGB zu empfehlen, sich ebenfalls an § 12 TzBfG zu orientieren. Das Schutzbedürfnis ist vergleichbar. Darüber hinaus ist § 2 Abs. 1 Nr. 9 NachwG in der (ggf. ergänzenden) Niederschrift der Vertragsbedingungen zu beachten.
Rz. 71
Abzugrenzen ist die klassische KAPOVAZ-Abrede nicht nur von Bandbreitenregelungen, sondern auch von Arbeitszeitkonten. Im Unterschied zu Arbeitszeitkonten setzen KAPOVAZ-Abreden keine verstetigte Vergütung voraus. In der Praxis nähern sich KAPOVAZ-Abreden und Arbeitszeitkonten jedoch an. Häufig werden auch KAPOVAZ-Abreden mit einer verstetigten Vergütung flankiert. Insbesondere bei längeren Ausgleichszeiträumen soll so einer übermäßigen Belastung der Arbeitnehmer vorgebeugt werden. Abweichende Gestaltungen sind jedoch denkbar und insbesondere bei längeren Freizeitintervallen naheliegend. Auf eine angemessene Gestaltung i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB ist zu achten. Wird eine verstetigte Vergütung vereinbart, findet § 12 TzBfG streng genommen keine Anwendung. Das eröffnet Gestaltungsspielräume insbesondere mit Blick auf Ankündigungsfristen.
Rz. 72
Ruft der Arbeitgeber das vereinbarte Arbeitszeitdeputat bis zum Ende des Ausgleichszeitraums nicht ab, gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug.
cc) Hinweise zur Vertragsgestaltung
Rz. 73
KAPOVAZ-Abreden als Arbeit auf Abruf setzen gemäß § 12 Abs. 1 TzBfG eine Vereinbarung über eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit voraus. Es bedarf also einer ausdrücklichen Vereinbarung; ein Schriftformerfordernis besteht nicht. Dem Erfordernis einer ausdrücklichen Regelung tragen Nr. 1 und 2 der Musterklausel Rechnung.
Rz. 74
§ 12 Abs. 1 TzBfG ist des Weiteren nicht in dem Sinne zu verstehen, dass die zu vereinbarende wöchentliche Arbeitszeit in diesem Bezugszeitraum punktgenau erreicht werden muss. Das würde dem Zweck des § 12 Abs. 1 TzBfG zuwiderlaufen, die Arbeitszeit zu flexibilisieren. Auch wenn das BAG diese Frage noch nicht entschieden hat, so ist doch davon auszugehen, dass auch längere Bezugszeiträume vereinbart werden können. So ist beispielsweise ein monatlicher aber auch ein jährlicher Bezugszeitraum denkbar. Je länger der Bezugszeitraum, desto eher wird man aber überlegen müssen, eine verstetigte Vergütung zu zahlen.
Rz. 75
Des Weiteren muss der Bezugs- bzw. Ausgleichszeitraum auch ausdrücklich geregelt werden. Gestaltungen, wonach beispielsweise nur eine "durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von _____ Stunden" erreicht werden muss, würden einer Transparenzkontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB nicht standhalten.
Rz. 76
Nr. 2 der Musterklausel ist § 12 Abs. 1 TzBfG nachempfunden. Das wird insbesondere für Vollzeitarbeitsverhältnisse relevant, auf die nach h.M. § 12 TzBfG keine Anwen...