Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 5
Die Dauertestamentsvollstreckung nach § 2209 S. 1 Hs. 2 BGB stellt eine vom Erblasser anzuordnende Erweiterung des gesetzlich vorgesehenen Aufgabenkreises des Testamentsvollstreckers dar. Die Testamentsvollstreckung endet also nicht mit Erledigung der in §§ 2203, 2204 BGB zugewiesenen Aufgaben, sondern dauert als verwaltende Tätigkeit fort. In der Praxis findet sich diese Art der Testamentsvollstreckung häufig beim sog. Behindertentestament oder bei unternehmensbezogenen Testamentsvollstreckungen.
Rz. 6
Gemäß § 2210 S. 1 BGB besteht eine grundsätzliche zeitliche Obergrenze für diese Art der Vollstreckung von 30 Jahren. Sie beginnt immer mit dem Erbfall, nicht etwa mit der Annahme des Testamentsvollstreckeramtes. § 2210 S. 2 BGB gibt dem Erblasser die Möglichkeit, die 30-jährige Frist zu modifizieren. In diesen Fällen kann sie auch über 30 Jahre hinausgehen. Sehr häufig wird als zeitliche Grenze der Dauervollstreckung die Erreichung eines bestimmten Lebensalters eines Erben oder der Eintritt eines bestimmten Ereignisses, z.B. Heirat, Bestehen einer Prüfung o.Ä. angeordnet. Auch der Tod des Testamentsvollstreckers kommt als denkbarer Beendigungszeitpunkt in Betracht. Begriffsnotwendig ist eine Überschreitung der 30-Jahres-Frist auch erforderlich, wenn die Auseinandersetzung des Nachlasses gemäß § 2044 BGB für die maximale Laufzeit von 30 Jahren ausgeschlossen wurde, vgl. § 2044 Abs. 2 S. 1 BGB.
Praxistipp
Der Beendigungszeitpunkt kann durch den Erblasser auch in das Ermessen des Testamentsvollstreckers gesetzt werden. So wurde die Einsetzung eines Testamentsvollstreckerkollegiums ausdrücklich für zulässig gehalten, das ermächtigt wurde, über die vorzeitige Beendigung der Testamentsvollstreckung zu entscheiden.
Rz. 7
Für nicht zulässig wird die Annahme einer unendlichen Dauer der Testamentsvollstreckung gehalten. Diese könne beispielsweise dadurch erreicht werden, dass der Erblasser die Beendigung des Amtes vom Tod des Testamentsvollstreckers abhängig macht und zugleich der Testamentsvollstrecker ermächtigt wird, nach § 2199 Abs. 2 BGB einen Nachfolger zu ernennen. Durch die rechtzeitige Nachfolgerbestimmung vor dem Ableben des jeweils tätigen Testamentsvollstreckers könnte die Testamentsvollstreckung zeitlich unbegrenzt fortdauern. Die Literatur nahm lange Zeit an, dass die Regelung des § 2109 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB zur Nacherbschaft entsprechend anzuwenden sei mit der Folge, dass der Testamentsvollstreckernachfolger im Zeitpunkt des Erbfalls bereits geboren sein muss. Der Bundesgerichtshof hat in einer Grundsatzentscheidung folgende abschließende Klärung der über 100 Jahre alten Streitfrage herbeigeführt: Wenn seit dem Erbfall 30 Jahre verstrichen sind und die Verwaltung des Nachlasses aufgrund einer Anordnung des Erblassers über 30 Jahre hinaus bis zum Tode des Testamentsvollstreckers fortdauern soll, verliert diese ihre Wirksamkeit mit dem Tode des letzten Testamentsvollstreckers, der innerhalb von 30 Jahren seit dem Erbfall in sein Amt berufen wurde.
Rz. 8
Ebenfalls nicht umgehen lässt sich die 30-Jahres-Frist durch die Einsetzung einer juristischen Person als Dauertestamentsvollstrecker. Nach § 2210 Abs. S. 3 BGB gilt die Vorschrift des § 2163 Abs. 2 BGB aus dem Vermächtnisrecht entsprechend, so dass bei der Einsetzung einer juristischen Person als Testamentsvollstrecker die Vollstreckung auf jeden Fall nach Ablauf von 30 Jahren nach Eintritt des Erbfalls endet.
Eine Überschreitung der 30-Jahres-Frist kann sich aus Sondervorschriften ergeben, insbesondere dem Urheberrecht. Nach §§ 28 Abs. 2 S. 2, 64 UrhG kann die Dauervollstreckung auf 70 Jahre ausgedehnt werden. Die Frist des § 2010 BGB wurde ausdrücklich für nicht anwendbar erklärt, § 28 Abs. 2 S. 2 UrhG.
Nicht unter die 30-Jahres-Frist des § 2210 S. 1 BGB fällt die Erfüllung sonstiger Aufgaben des Testamentsvollstreckers, die keine Dauervollstreckung darstellen, beispielsweise die Überwachung einer Auflage.