Rz. 205

Die VR bieten unterschiedliche Zusatzvereinbarungen an, mit denen der Versicherungsschutz auf die Folgen von Infektionen ausgedehnt wird. Hierbei ist zu beachten, dass es sich bei Infektionen um Erkrankungen handelt, die in den AUB systemfremd sind.[282] Durch den Einschluss wird die Systematik der AUB teilweise abgeändert. Dies kann neben medizinischen Schwierigkeiten auch zu grundsätzlichen Anwendungsproblemen führen (vgl. zur Treuwidrigkeit § 10 Rn 25 ff.).

Zum Infektionsausschluss besteht eine unübersichtliche Vielfalt an Sondervereinbarungen mit unterschiedlichem Regelungsgehalt. Sie lassen sich im Wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

[282] Vgl. Naumann, zfs 2010, 482.

1. Erweiterung für einzelne Infektionen

 

Rz. 206

Muster 18: Musterbedingung Infektionen (Infektion 1)

 

Es fallen auch folgende Infektionskrankheiten unter den Versicherungsschutz, bei denen die Krankheitserreger ebenfalls durch eine Durchtrennung der äußeren Hautschicht in den Körper gelangen:

Malaria, die durch einen Mückenstich übertragen wird.
Fleckfieber, das durch den Biss bzw. Stich von Läusen übertragen wird.
Gelbfieber, das durch einen Mückenstich übertragen wird.
Schlafkrankheit, die durch den Stich der Tsetsefliege übertragen wird.
Tetanus, der durch das Eindringen von Fremdkörpern unter die Haut entsteht.
Tularämie (Hasenpest), die durch den Biss von Zecken, den Biss von Flöhen, den Biss oder das Kratzen von Hunden und Katzen übertragen wird.

Die vorgenannte Aufzählung von Infektionskrankheiten, die dadurch entstehen, dass die Krankheitserreger durch irgendeine Beschädigung der Haut, wobei mindestens die äußere Hautschicht durchtrennt sein muss, in den Körper gelangt sind, ist nur beispielhaft und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

 

Rz. 207

Die Musterbedingung Infektion 1 erweitert den Versicherungsschutz auf Infektionen, die durch – wenn auch nur geringen – Durchtrennungen der äußeren Hautschicht in den Körper gelangen. Erfasst sind damit auch die praxisrelevanten Insekten- und Zeckenstiche. Die Systematik des Infektionsausschlusses wird hierdurch nicht geändert, lediglich der Versicherungsschutz auf auch durch geringere Hauptverletzungen in den Körper gelangte Krankheitserreger ausgedehnt.

2. Immun-Klausel

 

Rz. 208

Muster 19: Musterbedingung Immun-Klausel (Infektion 2)

 

Die AUB werden um folgende Krankheiten erweitert, ohne dass hier die äußere Hautschicht beschädigt sein muss bzw. die Erreger in Auge, Mund oder Nase eingedrungen sein müssen:

Brucellose, Cholera, Diphterie, Echinokokkose (Fuchsbandwurm), epidemische Kinderlähmung (Poliomyelitis), Hirnhautentzündung (Meningitis), Keuchhusten, Lepra, Masern, Mumps, Pest, Röteln.

 

Rz. 209

Die sog. Immun-Klausel geht den allgemeinen Bestimmungen der AUB vor, weshalb keine Prüfung des Unfallbegriffes vorzunehmen ist. Unfall ist die Infektion,[283] also das Ereignis, welches zum Eindringen der Krankheitserreger in den Körper führt. Die Klausel gilt nur für die enumerativ aufgeführten Infektionen. Insoweit durchbricht die Musterbedingung Infektion 2 die AUB-Systematik, denn es wird nur auf die Erkrankung, nicht auf ein Unfallereignis abgestellt.

[283] LG Köln v. 4.11.1987 – 24 O 478/86, VersR 1988, 927, 928 zur Hepatitis.

3. Geänderter Nachweis des Infektionswegs

 

Rz. 210

Muster 20: Musterbedingung Infektionsweg (Infektion 3)

 

Infektionen, bei denen aus der Krankheitsgeschichte, dem Befund oder der Natur der Erkrankung hervorgeht, dass die Krankheitserreger durch irgendeine Beschädigung der Haut, wobei aber mindestens die äußere Hautschicht durchtrennt sein muss oder durch ein plötzliches Eindringen infektiöser Massen in Auge, Mund oder Nase in den Körper gelangt sind.

 

Rz. 211

Der Versicherungsschutz wird bei der Musterbedingung Infektion 3 am Übertragungsweg der Krankheitserreger festgemacht. Die Anforderungen an das schädigende Ereignis sind mit dieser Klausel stark reduziert. Handelt es sich um eine Infektion, die auf dem beschriebenen Weg in den Körper gelangt ist, dann besteht Versicherungsschutz. Systematisch handelt es sich um einen Wiedereinschluss, der zugleich auch den Nachweis des "Unfalls" regelt.

Grundsätzlich sind über die AUB nur solche Infektionen versicherbar, die über irgendeine Hautverletzung in den Körper gelangen, also keine Inhalationsinfektionen oder solche durch Nahrungsaufnahme. So bleiben z.B. Windpocken oder Magen-Darm-Infektionen regelmäßig vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.

Für ein plötzliches Eindringen infektiöser Massen in Auge, Mund oder Nase reicht eine Tröpfcheninfektion allerdings aus, auch einfaches Anhauchen, Anniesen oder Anhusten, nicht dagegen ein bloßes Einatmen von Krankheitserregern.[284] Mit der Musterbedingung Infektion 3 sind somit also auch durch Tröpfcheninfektion übertragene Erkrankungen versichert.

[284] Wussow, AUB, 1. Aufl. 1959, § 2 Nr. 17 m.w.N.

4. Infektionsklausel für bestimmte Berufsgruppen

 

Rz. 212

Muster 21: Musterbedingung Einschluss von Infektionen für Heilberufe (Infektion 4)

 

Ergänzend zu Ziffer 5.2.4 AUB 2008 wird der Versicherungsschutz auf Gesundheitsschäden durch Infektionen erweitert.

1

Voraussetzungen für die Leistung:

1.1  Die versicherte Person hat...

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