Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 96
→ Dazu Aufgaben Gruppe 13
Im Gegensatz zu einem Rat, der normalerweise mündlich erteilt wird, ist ein Gutachten eine ausführliche, objektive, schriftliche und immer juristisch begründete Ausarbeitung des RA über die Sach- und Rechtslage eines bestimmten Sachverhalts. Ein Rat wird nicht oder nur kurz begründet, ein Gutachten beinhaltet alle rechtlichen Gesichtspunkte. Die Ausführung eines Gutachtens ist in der Regel kein Dienst-, sondern ein Werkvertrag. Beachten Sie, dass für ein schriftliches Gutachten zu den Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels besondere Gebühren in Nrn. 2100 ff. VV RVG vorgesehen sind (siehe Rdn 100 f.).
Merke:
Ein Gutachten unterscheidet sich vom Rat dadurch, dass es immer ausführlich schriftlich begründet wird.
Rz. 97
Gemäß § 34 Abs. 1 S. 1 RVG sollen die Gebühren für anwaltliche Gutachten vereinbart werden. Zur Gebührenvereinbarung hinsichtlich eines Gutachtens kann sinngemäß auf die Ausführungen zur Gebührenvereinbarung für anwaltliche Beratungstätigkeiten verwiesen werden (Rdn 82 ff.). Es wird sich hier die schriftliche Vereinbarung entweder eines Pauschalhonorars oder eines Zeithonorars anbieten. Dabei wird vorzugsweise eine Zeitgebühr in Betracht kommen, wenn der RA vorab den Umfang der für das Gutachten erforderlichen Arbeiten noch nicht abzusehen vermag.
Falls keine Gebührenvereinbarung getroffen wurde, gelten sinngemäß die vorstehenden Erläuterungen zur Berechnung der "üblichen Vergütung" nach den Vorschriften des BGB. Dies ist in Rdn 89 ff. hinsichtlich der Beratungsgebühr ausführlich dargestellt worden.
Also wird im Falle des Fehlens einer Gebührenvereinbarung bei der dann nach § 34 Abs. 1 S. 2 RVG notwendigen Ermittlung der "üblichen Vergütung" nach § 632 Abs. 2 BGB für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens eine angemessene Gebühr im Sinne des § 14 Abs. 1 RVG (siehe Rdn 89 ff.) zu finden sein. Die Gutachtengebühr ist in der Regel höher als die Gebühr für einen erteilten Rat, da ein Gutachten arbeitsintensiver sein wird als eine Beratung. Entscheidend für die Höhe der Gutachtengebühr wird insbesondere der Arbeitsaufwand und die Schwierigkeit des Rechtsproblems sein. Bei Streit über die Angemessenheit oder Höhe der Gebühr im Wege der Klage muss das Gericht durch Urteil entscheiden (§ 34 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 315 Abs. 3 S. 2 BGB).
Rz. 98
Die Gutachtengebühr ist auf eine im eventuell anschließenden Verfahren entstehende Verfahrensgebühr nicht anzurechnen, da eine diesbezügliche Anrechnungsvorschrift in § 34 Abs. 2 RVG fehlt.
Rz. 99
Ohne Gebührenvereinbarung beträgt für einen Verbraucher die Höchstgebühr für ein Gutachten 250 Euro gemäß § 34 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 RVG.
Merke:
Die Gutachtengebühr sollte vereinbart werden.
Ohne Vereinbarung soll die Gutachtengebühr angemessen im Sinne des § 14 RVG sein.
Ohne Vereinbarung beträgt die Höchstgebühr für einen Verbraucher 250 Euro.
Die Gutachtengebühr wird auf später in derselben Angelegenheit noch entstehende Gebühren nicht angerechnet.