Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 100
Nach Abschluss einer Instanz gehört es noch zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, seinen Mandanten über den Inhalt des Urteils aufzuklären und ihn über die gegen das Urteil möglichen Rechtsmittel zu belehren. Jedoch umfasst die Tätigkeit in einer Instanz nicht mehr die sachliche Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels in der nächsten Instanz und die Beratung darüber.
Wird ein RA mit der Prüfung der Erfolgsaussicht einer Berufung, Revision oder Beschwerde in einer Zivilsache beauftragt, so erhält er gemäß Nr. 2100 VV RVG eine Gebühr für die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels, die eine Rahmengebühr mit einem Rahmen von 0,5 bis 1,0 ist; der Satz der Mittelgebühr beträgt 0,75. Es ist § 14 RVG anzuwenden. Die Anwaltstätigkeit kann mündlich oder schriftlich vorgenommen werden. Falls später ein Rechtsmittel eingelegt wird, ist diese Gebühr auf die Verfahrensgebühr für das Rechtsmittelverfahren anzurechnen.
Ist die Prüfungstätigkeit mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens verbunden, so erhält der RA anstelle der Gebühr nach Nr. 2100 VV RVG eine Gebühr nach Nr. 2101 VV RVG; der Gebührensatz beträgt 1,3.
Beispiel:
Delougne hat in erster Instanz einen Prozess vor dem Amtsgericht selbst geführt und ist zur Zahlung von 5.000,00 EUR verurteilt worden. RAin Kuss wird mit der Prüfung der Erfolgsaussicht einer Berufung in dieser Sache beauftragt, mit der sie bisher noch nicht befasst war. Da sie keine Chance sieht, den Berufungsprozess zu gewinnen, rät sie mündlich von der Einlegung der Berufung ab. Delougne erteilt ihr daraufhin keinen weiteren Auftrag. RAin Kuss erstellt in dieser durchschnittlichen Sache folgende Vergütungsrechnung:
Gegenstandswert: 5.000,00 EUR
Rz. 101
In Straf- und Bußgeldsachen und bestimmten sozialrechtlichen Angelegenheiten liegt die Gebühr für die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels nach Nr. 2102 VV RVG in einem Rahmen von 36,00 EUR bis 384,00 EUR, da in diesen Sachen Betragsrahmengebühren anfallen. Für ein schriftliches Gutachten in einer solchen Angelegenheit beträgt die Gebühr nach Nr. 2103 VV RVG zwischen 60,00 EUR und 660,00 EUR. Es ist § 14 RVG anzuwenden.
Merke:
Die Gebühr für die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels ist
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in einer Zivilsache eine Rahmengebühr von 0,5 bis 1,0 und |
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in einer Strafsache eine Rahmengebühr von 36,00 EUR bis 384,00 EUR. |
Die Gebühr für ein schriftliches Gutachten über die Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels ist
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in einer Zivilsache eine 1,3 Gutachtengebühr und |
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in einer Strafsache eine Rahmengebühr von 60,00 EUR und 660,00 EUR. |