Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 82
Durch § 34 Abs. 1 S. 1 RVG wird der RA befugt, seine Gebühr für eine Beratung ohne jede gesetzliche Vorgabe frei zu vereinbaren. Für die Vereinbarung spielt es keine Rolle, ob der Klient Verbraucher oder Unternehmer ist. Allerdings "soll" der RA mit dem Klienten (sinnvollerweise schon vor der Raterteilung) über die Höhe der entstehenden Ratgebühr sprechen.
Hinweis:
Da der Gesetzgeber für Beratung, Gutachten und Mediation in § 34 RVG keine Gebühren vorgeschrieben hat, wird folgerichtig auch nicht davon gesprochen, dass der RA seine "Vergütung" vereinbaren soll, sondern seine "Gebühr" für diese Tätigkeit – deshalb "Gebührenvereinbarung" in § 34 RVG und nicht "Vergütungsvereinbarung".
Rz. 83
Die Vergütung des RA setzt sich bekanntlich zusammen aus Gebühren und Auslagen. Da § 34 Abs. 1 RVG besagt, dass der RA auf eine "Gebührenvereinbarung" hinwirken soll und nicht auf eine "Vergütungsvereinbarung" (so wie in § 3a S. 2 RVG), sollte bei Beratungstätigkeit der falsche Begriff vermieden werden. Die Vereinbarung der Beratungsgebühr muss jedoch nicht in der durch § 3a S. 1 RVG vorgeschriebenen Textform (siehe auch § 2 Rdn 10 ff.) vorgenommen werden, denn § 3a Abs. 1 S. 4 RVG besagt, dass die Vorschrift über die Textform nicht für die Beratungsgebühr gilt. Da das RVG keine schriftliche Form vorschreibt, reicht theoretisch auch eine mündliche Vereinbarung aus. Wenn der Anwalt nach der Beratung die getroffene Vereinbarung schriftlich bestätigt, wird dies auch ausreichen, wenn der Klient nicht widerspricht. Aus Beweisgründen sicherer ist jedoch eine schriftliche Gebührenvereinbarung, die von beiden Seiten unterschrieben ist. Sollte der Klient nach der Beratung den geforderten Betrag in bar bezahlen ist natürlich eine schriftliche Vereinbarung entbehrlich.
1. Die Vereinbarung eines Pauschalhonorars
Rz. 84
Eine Gebührenvereinbarung für Beratungstätigkeit lässt sich so gestalten, dass der RA ein festes Pauschalhonorar für die Beratung erhalten soll. Mit der Bezahlung dieses Pauschalbetrages wird dann die gesamte Beratungsleistung des RA abgegolten.
Der Vorteil für den Klienten liegt bei dieser Art der Berechnung darin, dass von Anfang an feststeht, welchen Betrag er dem RA als Gebühr bezahlen muss. Der Klient muss auch nicht mit einer Erhöhung der Gebühr rechnen, wenn der RA letztlich für die Beratung einen höheren Arbeits- und Zeitaufwand einsetzen muss als zum Zeitpunkt der Auftragsannahme für den RA absehbar war. Der Klient wird sogar in derselben Angelegenheit den RA mehrfach befragen können, ohne dass er eine Erhöhung der vereinbarten Gebühr befürchten muss.
Was für den Klienten vorteilhaft ist, stellt sich umgekehrt als Nachteil für den RA heraus, denn er muss eventuell mehr arbeiten als vorhergesehen, ohne hierfür angemessen entlohnt zu werden. In einem solchen Fall ist der RA natürlich an die einmal getroffene Gebührenvereinbarung gebunden und hat nicht das Recht höhere Gebühren zu verlangen.
Rz. 85
Andererseits werden viele Rechtsuchende, insbesondere solche, die einen RA nur selten in Anspruch nehmen, sich vorzugsweise von einem RA beraten lassen, der für seine Tätigkeit einen Festpreis nennt. Insofern wird ein RA, der Wert auf die Gewinnung von Mandanten legt, für die Beratung eine feste Pauschalgebühr verlangen – mit dem Hintergedanken, dass sich aus einer Beratungstätigkeit in der Folge häufig weitergehende Aufträge (z. B. Prozessaufträge) ergeben, für die dann die nach dem RVG vorgeschriebenen Gebühren entstehen. In dieser Sichtweise ist es dann eine Werbemaßnahme zur Anlockung von Mandanten, wenn für eine Beratung zunächst relativ niedrige Festpreise verlangt werden.
Hinweis:
Die nachfolgend dargestellte Rechtsprechung beendet einen heftigen Streit darüber, ob ein RA zu sehr niedrigen Gebühren beraten darf. Nach § 34 Abs. 1 S. 1 RVG darf der RA die Beratungsgebühr frei vereinbaren. Eine gesetzliche Gebühr, die nach § 49b Abs. 1 BRAO nicht unterboten werden dürfte, gibt es für die Beratungstätigkeit nicht. Auch liegt keine unzulässige Werbung (§ 43b BRAO) vor, wenn der RA für eine Beratung niedrige Gebühren fordert. So hat das OLG Stuttgart (Urteil vom 28.12.2006 – 2 U 134/06) entschieden, dass eine Beratungsgebühr von 20,00 EUR einschließlich USt. für eine Erstberatung zulässig ist. Das OLG macht zur Voraussetzung, dass der RA für diesen Betrag eine vollständige und ordnungsgemäße Beratung durchführt und dass er nicht nach einer letztlich doch längeren Beratung ein höheres Honorar verlangt als er zuvor angekündigt hat.
Der Anwaltsgerichtshof Berlin hat am 22.11.2006 (II AGH 4/06) mit folgender Begründung entschieden, dass sogar eine kostenlose Beratung für Hartz-IV-Bezieher zulässig ist: "Wenn jedoch das RVG … für die außergerichtliche Beratung keine bestimmten gesetzlichen Gebühren mehr vorsieht, so kann in diesem Bereich eine Gebührenvereinbarung, die auch den Verzicht auf Gebühren umfasst, nicht gegen § 49b Abs. 1 BRAO verstoßen, weil es keine gesetzlichen Gebühren gibt, die durch die Vereinbarung unterschritten werden könnten." Wichtig ist, dass die...