Rz. 60

→ Dazu Aufgaben Nr. 1 – 4 in Gruppe 14 und in Gruppen 2 und 3

Dem Bundesjustizministerium ist auffällig geworden, dass zu häufig für Abmahnungen in Inkassofällen gegenüber dem Aufwand des Abmahnenden sehr deutlich zu hoch angesetzte Inkassokosten geltend gemacht worden sind. Sehr oft wurden auch mangelnde Rechtskenntnisse des Schuldners ausgenutzt. Weiterhin wurden verdoppelte Inkassokosten geltend gemacht, indem zunächst Inkassodienstleister für die Mahnung und anschließend Rechtsanwälte für das gerichtliche Mahnverfahren beauftragt wurden.

Dies alles soll mit dem "Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht" vom 22.12.2020 abgestellt werden, in Kraft seit dem 01.10.2021.

 

Rz. 61

In diesem Gesetz werden aus diesem Grunde folgende Regelungen getroffen, die zunächst in einer Übersicht aufgezeigt werden:

1. Verhinderung von doppelt entstehenden Inkassokosten durch § 13c Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)
2. Festlegung des Gebührensatzes der Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) bei unbestrittenen Forderungen auf in der Regel 0,5 bis 0,9
3. Absenkung der Gebühr in der Tabelle des § 13 RVG bei niedrigen Forderungen bis 50 Euro
4. Herabsetzung der Einigungsgebühr nach Nr. 1000 Ziff. 2 VV RVG auf 0,7 bei Zahlungsvereinbarungen mit Verzicht auf gerichtliche Geltendmachung oder auf Zwangsvollstreckung
5. Bei diesen Zahlungsvereinbarungen nach Nr. 4 beträgt der Gegenstandswert nur 50% der Forderung gemäß § 31b RVG

Diese Regelungen werden nun in den folgenden Kapiteln näher beschrieben.

1. Beauftragung von Rechtsanwälten und Inkassodienstleistern

 

Rz. 62

Da in einer erheblichen Anzahl von Fällen auffällig wurde, dass zu Lasten der Schuldner Inkassokosten in doppelter Höhe gefordert wurden, weil erst einmal Inkassodienstleister und dann zusätzlich Rechtsanwälte vom Gläubiger beauftragt wurden, hat der Gesetzgeber folgende Regelung in § 13c RDG getroffen:

 

"Beauftragt der Gläubiger einer Forderung mit deren Einziehung sowohl einen Inkassodienstleister als auch einen Rechtsanwalt, so kann er die ihm dadurch entstehenden Kosten nur bis zu der Höhe als Schaden ersetzt verlangen, wie sie entstanden wären, wenn er nur einen Rechtsanwalt beauftragt hätte. Dies gilt für alle außergerichtlichen und gerichtlichen Aufträge".

Allerdings gilt dies nur, wenn der Schuldner die Forderung nicht bestreitet oder er sie bestritten hat, bevor der Gläubiger einen Inkassodienstleister beauftragt hat. Sollte der Schuldner die Forderung erst nach der Beauftragung eines Inkassodienstleisters bestritten haben, dann wird er auch die Kosten eines danach für ein gerichtliches Verfahren bevollmächtigten RA zu tragen haben.

Der Schuldner sollte also, wenn er die Forderung bestreiten will, dies bereits nach der Mahnung durch den Gläubiger tun. Da dann der Gläubiger damit rechnen muss, dass er die Forderung nur in einem streitigen gerichtlichen Verfahren durchsetzen kann, sollte er auch gleich einen RA beauftragen, um unnötige Kosten eines Inkassodienstleisters zu vermeiden.

 

Hinweis:

Wann ist eigentlich eine Forderung unbestritten?

Ein Bestreiten kann nur durch aktives Handeln des Schuldners entstehen. Selbst wenn der Schuldner mehrfach gemahnt wurde und darauf keine Reaktion zeigt, liegt kein Bestreiten der Forderung vor!

2. Die Geschäftsgebühr (Nr. 2300 Anm. Abs. 2 VV RVG) bei unbestrittenen Forderungen

 

Rz. 63

Bei unbestrittenen Forderungen kann gemäß Nr. 2300 Anm. Abs. 2 Satz 2 VV RVG in einfachen Fällen der Inkassotätigkeit nur eine Geschäftsgebühr in Höhe von 0,5 gefordert werden. Ein einfacher Fall ist in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass der Schuldner die Forderung auf die erste Zahlungsaufforderung hin begleicht oder sofort eine Ratenvereinbarung abschließt und dann die Raten vereinbarungsgemäß zahlt. Dann ist die Forderung also auch nicht bestritten worden. Auch wenn der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht reagiert, ist das kein aktives Bestreiten. Das bedeutet, dass ein RA in einem ersten Aufforderungsschreiben nur eine 0,5 Geschäftsgebühr geltend machen darf, da er dann zunächst davon ausgehen muss, dass der Schuldner zahlen wird. Dies betrifft übrigens etwa 20% der Fälle.

Ansonsten ist die Geschäftsgebühr in durchschnittlichen Fällen als Rahmengebühr nach § 14 RVG nach den dort genannten Kriterien in angemessener Höhe anzusetzen, wobei bei einer unbestrittenen Forderung höchstens eine 0,9 Gebühr berechnet werden darf. Das wäre z. B. dann der Fall, wenn der Schuldner erst auf weitere Mahnungen hin zahlt. Zu den durchschnittlichen Inkassofällen gehören auch eine Adressermittlung oder die Überwachung von einigen Raten, die der Schuldner vereinbarungsgemäß leistet (so der Gesetzgeber in Bundestagsdrucksache 19/20348, S. 62–64). Dies betrifft etwa 60% der Fälle.

Sollte die Inkassotätigkeit bei einer unbestrittenen Forderung besonders umfangreich oder besonders schwierig sein, dann beträgt der Gebührensatz der Geschäftsgebühr höchstens 1,3, wobei auch hier die Gebühr nach § 14 RVG zu bestimmen ist. Dies könnte z. B. zutreffen, wenn die Ermittlung der Anschrift des Schuldners schwierig ist (zieht oft um) oder wenn eine zweistellige Zahl von Raten zu überwachen sind...

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