Norbert Schneider, Lotte Thiel
1. Überblick
Rz. 4
Kann die Tätigkeit des Anwalts auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein, gelten nach § 23 Abs. 1 S. 3, 1 RVG die Wertvorschriften des entsprechenden gerichtlichen Verfahrens.
Rz. 5
Mit Ausnahme von Kindschaftssachen und Unterhaltssachen ergeben sich hier keine Besonderheiten.
Beispiel 1: Gegenstandswert Geldforderung
Der Anwalt wird von der Ehefrau beauftragt, außergerichtlich die anteilige Steuerrückerstattung in Höhe von 1.500,00 EUR vom Ehemann einzufordern.
Der Gegenstandswert der außergerichtlichen Vertretung richtet sich nach § 23 Abs. 1 S. 3, 1 RVG i.V.m. § 35 FamGKG und beträgt 1.500,00 EUR.
Beispiel 2: Gegenstandswert Ehesache
Der Anwalt ist beauftragt worden, außergerichtlich die Voraussetzungen der Ehescheidung, insbesondere den Trennungszeitpunkt und die Voraussetzungen einer einvernehmlichen Scheidung, abzuklären.
Der Gegenstandswert der außergerichtlichen Vertretung richtet sich nach § 23 Abs. 1 S. 3, 1 RVG i.V.m. § 43 FamGKG (siehe § 9 Rdn 6 ff.).
Beispiel 3: Gegenstandswert Ehewohnung
Der Anwalt ist von der Ehefrau beauftragt worden, eine Nutzungsentschädigung nach § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB für die Trennungszeit einzufordern.
Der Gegenstandswert der außergerichtlichen Vertretung richtet sich nach § 23 Abs. 1 S. 3, 1 RVG i.V.m. § 48 Abs. 1 FamGKG und beträgt vorbehaltlich einer Anpassung nach § 48 Abs. 3 FamGKG 3.000,00 EUR (siehe § 7 Rdn 78 f.).
Beispiel 4: Gegenstandswert Haushalt
Der Anwalt ist von der Ehefrau beauftragt worden, eine Regelung des Haushalts für die Zeit der Trennung herbeizuführen.
Der Gegenstandswert der außergerichtlichen Vertretung richtet sich nach § 23 Abs. 1 S. 3, 1 RVG i.V.m. § 48 Abs. 2 FamGKG und beträgt vorbehaltlich einer Anpassung nach § 48 Abs. 3 FamGKG 2.000,00 EUR.
Beispiel 5: Gegenstandswert Gewaltschutz
Der Anwalt ist von der Ehefrau beauftragt worden, den Ehemann aufzufordern, sich seiner Ehefrau nicht mehr zu nähern und jeglichen Kontakt zu unterlassen.
Der Gegenstandswert der außergerichtlichen Vertretung richtet sich nach § 23 Abs. 1 S. 3, 1 RVG i.V.m. § 49 Abs. 1 FamGKG und beträgt vorbehaltlich einer Anpassung nach § 49 Abs. 2 FamGKG 2.000,00 EUR (siehe § 7 Rdn 129 f.).
Beispiel 6: Gegenstandswert Auskunft und Zahlung von Zugewinn
Der Anwalt ist von der Ehefrau beauftragt worden, den Ehemann aufzufordern, Auskunft über sein Anfangs- und Endvermögen zu erteilen und einen sich danach ergebenden Zugewinnausgleichsanspruch geltend zu machen.
Auch für den Gegenstandswert der außergerichtlichen Vertretung gilt § 23 Abs. 1 S. 3, 1 RVG i.V.m. § 38 FamGKG. Maßgebend ist der regelmäßig höhere Wert des Zahlungsanspruchs.
2. Hauptsache und Eilsache
Rz. 6
Zu beachten ist, dass der Anwalt auch außergerichtlich mit einer vorläufigen Regelung beauftragt werden kann, so dass dann gem. § 23 Abs. 1 S. 3, 1 RVG i.V.m. § 41 FamGKG von einem ermäßigten Wert der Hauptsache auszugehen sein kann.
Beispiel 7: Gegenstandswert vorläufige Umgangsregelung
Der Anwalt ist vom Ehemann und Kindesvater beauftragt worden, kurzfristig eine vorläufige Umgangsregelung herbeizuführen.
Auch für den Gegenstandswert der außergerichtlichen Vertretung gilt über § 23 Abs. 1 S. 3, 1 RVG die Vorschrift § 41 FamGKG. Auszugehen ist von einem Gegenstandswert in Höhe von 1.500,00 EUR (§§ 45 Abs. 1 Nr. 2, 41 FamGKG).
Beispiel 8: Gegenstandswert vorläufige Unterhaltszahlung
Der Anwalt ist von der Ehefrau beauftragt worden, den Ehemann zu einer vorläufigen zukünftigen Unterhaltszahlung in Höhe von 500,00 EUR monatlich aufzufordern, bis die endgültigen Auskünfte vorliegen und der Unterhalt abschließend berechnet werden kann.
Soweit man hier eine geringere Bedeutung annimmt (siehe § 11 Rdn 31 ff.), ist lediglich von einem Gegenstandswert in Höhe von 3.000,00 EUR auszugehen (§ 23 Abs. 1 S. 3, 1 i.V.m. §§ 35, 51 Abs. 1 FamGKG).
Rz. 7
Möglich ist ferner, dass der Anwalt sowohl mit einer vorläufigen Regelung beauftragt wird als auch hinsichtlich einer endgültigen Regelung. Dann gilt für die vorläufige Regelung der geringere Wert und für die endgültige Regelung der Hauptsachewert (siehe Rdn 43 ff.).
3. Kindschaftssachen
Rz. 8
Wird der Anwalt in einer Kindschaftssache (§ 151 FamFG) außergerichtlich tätig, kommen zwei verschiedene Werte eines gerichtlichen Verfahrens in Betracht. Der Gegenstand einer Kindschaftssache wäre in einem isolierten gerichtlichen Verfahren nach § 45 Abs. 1 FamGKG mit einem Regelwert von 3.000,00 EUR zu bewerten, als Folgesache im Verbund dagegen mit 20 % der Ehesache, höchstens 3.000,00 EUR (§ 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG). Zutreffend ist es, auf den Wert einer isolierten Kindschaftssache abzustellen, da es keinen außergerichtlichen Verbund gibt und der Wert des § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG nur gilt, wenn die Kindschaftssache als Folgesache (§ 137 Abs. 3 FamFG) anhängig ist.
Beispiel 9: Außergerichtliche Umgangsrechtsregelung