I. Grundlagen
Rz. 24
Erhaltungsmaßnahmen liegen nur vor, wenn der vorhandene Zustand des Gebäudes unverändert bleibt. Jede Änderung führt dazu, dass die Maßnahme keine (reine) Erhaltung mehr darstellt, sondern eine bauliche Veränderung. Reine Erhaltungsmaßnahmen sind aber selten. Zumindest größere Maßnahmen, die im allgemeinen Sprachgebrauch (auch in der Rspr.) als Sanierung bezeichnet werden (wobei der Begriff im Gesetz nicht auftaucht), beschränken sich nicht auf die bloße Wiederherstellung. Typischerweise beinhaltet eine Sanierung die Modernisierung eines in die Jahre gekommenen Gebäudes aus Anlass eines Instandsetzungsbedarf; in den Kategorien des alten Rechts (§ 22 Abs. 3 WEG a.F.) bezeichnete man eine solche Maßnahme als "modernisierende Instandsetzung".
Rz. 25
Beispiel für Sanierung:
Fassade und Balkone bröckeln, die Balkone sind undicht, die Holzfenster marode. Eine typische Sanierung beinhaltet die Erneuerung der Fassade unter gleichzeitiger Verbesserung der Wärmedämmung, die Betonsanierung bei gleichzeitiger Erneuerung der Balkonabdichtung sowie den Einbau neuer Isolierglasfenster.
Rz. 26
Die Einstufung derartiger Maßnahmen in die Kategorie der "modernisierenden Instandsetzung" war nach dem alten Recht erforderlich, um sie dem Mehrheitsbeschluss zugänglich zu machen. Die Anbringung einer zusätzlichen Wärmedämmung im Zuge einer Fassadensanierung war geradezu der "Musterfall" einer modernisierenden Instandsetzung. Im jetzigen Recht gibt es diese Kategorie nicht mehr. Es gibt im jetzigen Recht auch nicht mehr die Kategorie der Modernisierung; nach dem alten Recht (§ 22 Abs. 2 WEG a.F.) konnten Modernisierungsmaßnahmen (nur) mit qualifizierter Mehrheit, dann allerdings mit Kostentragung aller (nach MEA) beschlossen werden. Nach dem geltenden Recht sind Maßnahmen, die im alten Recht der Modernisierung oder modernisierenden Instandsetzung zuzuordnen waren, bauliche Veränderungen (str.) Bauliche Veränderungen können zwar (anders als nach dem alten Recht) mit einfacher Mehrheit beschlossen werden; das Problem sind aber die Kosten. Für bauliche Veränderungen gilt im Grundsatz gem. § 21 Abs. 3 WEG die Kostentragung der Ja-Sager, also derjenigen, die für den Beschluss stimmten. Nur wenn die (nicht unkomplizierten) Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 WEG vorliegen (→ § 4 Rdn 41), kann die Kostentragung aller rechtmäßig beschlossen werden.
Rz. 27
Etwas anders gilt, wenn die betreffende bauliche Maßnahme gesetzlich gefordert wird, denn gesetzlich zwingende Maßnahmen werden Erhaltungsmaßnahmen gleichgestellt (→ § 6 Rdn 26). Dieser Gesichtspunkt kommt bei den gängigen Sanierungsarbeiten oft zu Tragen. Bspw. müssen gem. § 48 des Gebäudeenergiegesetzes (GEG 2020, ehem. EnEV) bei einer Erneuerung von mehr als 10 % der Fläche eines Bauteils die neuen Bauteile den aktuellen (in Anlagen zum GEG niedergelegten) Wärmedämmanforderungen genügen. Deshalb kann es gut sein, dass im folgenden Musterfall (→ § 4 Rdn 30) die gegenüber dem Bestand verbesserte Wärmedämmung der Fassade sowie die neuen Fenster im Rechtssinne als Erhaltungsmaßnahmen zu behandeln sind. Es kann aber auch sein, dass die neue Ausführung über die jeweils geltenden aktuellen Anforderungen des GEG hinausgeht; ist das der Fall, ist sie nicht zwingend und somit jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt keine Erhaltungsmaßnahme, sondern ("doch wieder") eine bauliche Veränderung. Z.B. kann es sein, dass die Wärmedämmung (U-Wert) der neuen Fenster noch besser als vom GEG gefordert ausfällt; oder dass in die Fenster noch eine – für Bestandsbauten vom GEG nicht geforderte – automatische Lüftungsanlage (ggf. mit Wärmerückgewinnung) integriert wird. Auf der anderen Seite sind bestimmte Neuerungen zwar nicht nach dem GEG, aber zur Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik zwingend. Das kann nach der DIN 1946–6 gerade in Bezug auf Maßnahmen zur kontrollierten Entlüftung zwecks Schimmelvermeidung der Fall sein. Weil eine ordnungsmäßige Verwaltung die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik erfordert (→ § 4 Rdn 14), sind DIN-konforme Baumaßnahmen zwingend und somit Erhaltungsmaßnahmen gleichzustellen. Wie man sieht, kann nur im Einzelfall beurteilt werden, ob Sanierungsmaßnahmen ganz oder teilweise in die Kategorie der Erhaltung oder baulichen Veränderung fallen.
Rz. 28
Praxistipp:
Es ist fernliegend anzunehmen, die Wohnungseigentümer würden einer Sanierungsmaßnahme zustimmen, wenn die Kosten nicht von allen, sondern nur von den Zustimmenden getragen werden. Deshalb muss der Verwalter darauf hinarbeiten, dass die Voraussetzungen für eine Kostentragung aller nachweislich vorliegen. Das ist der Fall, wenn es sich entweder um Erhaltungsmaßnahmen (bzw. diesen gleichgestellten gesetzlich geforderte Maßnahmen) handelt oder wenn die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 WEG erfüllt werden. Ohne Hinzuziehung eines Fachberaters (Ingenieur, Architekt, Energieberater) ist die richtige "Einsortierung" der Maßnahmen kaum zu leisten.
Rz. 29
Hinsichtlich der Vorbereitung und Ankündigung eines Sanierung...