1. Grundlagen
Rz. 58
Begrifflich beziehen sich bauliche Veränderungen streng genommen zwingend auf das Gemeinschaftseigentum, weil § 20 Abs. 1 WEG sie als Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum definiert. Nach § 13 Abs. 2 WEG gelten für bauliche Maßnahmen am Sondereigentum aber dieselben Voraussetzungen ("gilt § 20 WEG entsprechend"), sodass man untechnisch eben doch von baulichen Veränderungen des Sondereigentums sprechen kann. Ein Gestattungsbeschluss ist gem. § 13 Abs. 2 WEG nur erforderlich, wenn den übrigen Wohnungseigentümern durch eine bauliche Veränderung des Sondereigentums "über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst". Der Nachteilsbegriff wird unten behandelt (→ § 4 Rdn 100). Weil das Sondereigentum sich auf den räumlichen Bereich der Wohnungen beschränkt und zudem die meisten Gebäudebestandteile im Gemeinschaftseigentum stehen, gibt es hierfür kaum Anwendungsfälle.
2. Bodenbelagswechsel und andere Umbaumaßnahmen mit Schallschutzauswirkung
Rz. 59
In den Anwendungsbereich des § 13 Abs. 2 WEG dürften Umbaumaßnahmen mit Auswirkung auf den Schallschutz fallen, insbesondere ein Bodenbelagswechsel. Bodenbelag ist Sondereigentum (→ § 1 Rdn 47). Prinzipiell ist ein Sondereigentümer daher ohne weiteres zu einem Bodenbelagswechsel berechtigt. Wenn aber bspw. Teppichboden durch Parkett ersetzt wird, steigt in der darunter liegenden Wohnung zwangsläufig der Lärmpegel. Schon die Gefahr der Verschlechterung der Schalldämmung stellt i.S.v. § 13 Abs. 2 WEG einen Nachteil dar. Daraus folgt nicht zwangsläufig die Unzulässigkeit des Bodenbelagswechsels, aber nach hier vertretener Auffassung die Notwendigkeit vorheriger Beschlussfassung. Ein Gestattungsbeschluss kann nur rechtmäßig sein, wenn der "Bauherr" alle zumutbaren Maßnahmen ergreift, um der Verschlechterung des Schallschutzes entgegenzuwirken.
Rz. 60
Das sieht die bisherige, im alten Recht gefestigte Rspr. indes anders. Demnach sind auch im Fall des Bodenbelagswechsels (nur) die im Zeitpunkt der Bauerrichtung geltenden Schallschutzanforderungen (DIN 4109, Schallschutz im Hochbau) einzuhalten. Ob das Gebäude in einem schallschutztechnisch besseren Zustand als zur Zeit seiner Herstellung vorgeschrieben errichtet wurde, spielt keine Rolle. Zu einer Erhaltung oder gar Verbesserung des bisherigen Schallschutzniveaus ist der umbauende Wohnungseigentümer nicht verpflichtet. Im Gegenteil sind sogar erhöhte Lärmbelästigungen nach einem Umbau/Bodenbelagswechsel hinzunehmen, wenn nur die (sich aus den früheren Normen ergebenden) Schallschutzanforderungen eingehalten werden und solange nicht in den unter dem Belag befindlichen Estrich und die Geschossdecke eingegriffen wird. Früher verlangten einige Gerichte zwar im Falle eines Umbaus bzw. Bodenbelagswechsels "Jahrzehnte nach der Errichtung des Bauwerks" die Einhaltung der im Zeitpunkt des Umbaus geltenden (aktuellen) DIN-Normen; dem hat sich BGH aber ausdrücklich nicht angeschlossen. Nach dem BGH muss vielmehr nur bei grundlegenden Um- oder Ausbauten (etwa einem Dachgeschossausbau), nicht aber bei jedem Eingriff in das Gemeinschaftseigentum (bspw. Einbringung eines neuen Estrichs) der aktuelle Schallschutz eingehalten werden. Dagegen kann bei Sanierungsmaßnahmen, die der üblichen Instandsetzung oder (ggf. zugleich) der Modernisierung des Sondereigentums dienen, ein verbessertes Schallschutzniveau im Grundsatz nicht beansprucht werden. In diesem Fall muss lediglich das mittels der im Gemeinschaftseigentum stehenden Bauteile bislang erreichte Schallschutzniveau im Prinzip erhalten bleiben; es darf jedenfalls nicht signifikant verschlechtert werden.
Rz. 61
Kritik: Die vorstehende dargestellte Rspr. war schon im alten Recht fragwürdig. Ein alter (vergleichsweise schlechter) Baustandard war in den fraglichen Fällen vor dem Bodenbelagswechsel oftmals nur deshalb erträglich, weil es einen entsprechend dämpfenden Bodenbelag gab; das muss bei der Gesamtbetrachtung berücksichtigt werden. Durch einen Umbau – auch und gerade in Gestalt eines Wechsels des Bodenbelags – darf es nach hier vertretener Auffassung – nicht zu einer vermeidbaren Verschlechterung des bislang vorhandenen Trittschallschutzes kommen. Das hat zur Folge, dass beim Aufbringen eines neuen, harten Bodenbelags Dämmmaßnahmen ergriffen werden müssen. Wenn man bedenkt, dass die Anbringung einer Schalldämmung unter einem neuen Bodenbelag mit einem nur geringen Aufwand verbunden ist, wohingegen die Störungen bei Unterlassung der Dämmung enorm sind, ist eine Trittschalldämmung im Zuge des Bodenbelagswechsels schon nach dem Rücksichtnahmegebot (Treu und Glauben) zwingend. Nach dem aktuellen Recht ergibt sich dieses Ergebnis aus § 13 Abs. 2 WEG.
Rz. 62
Kommt es nach einem Umbau oder Bodenbelagswechsel zu unzulässigen Störungen (Schallschutzproblemen), kann der "gestörte" Miteigentümer nicht etwa den Rückbau des neuen Belags oder den Einbau von Dämmschichten usw. verlangen, denn auf welche Weise die Störung abgestellt wird, darf dem Störer nicht vorgegeben werden (→ § 3 Rdn 72). Der Gestört...