Rz. 10
Wie immer muss der Verwalter die Beschlussfassung vorbereiten (→ § 10 Rdn 243). Dazu gehört zunächst die Feststellung eines Erhaltungsbedarfs bzw. der Schadensumfangs (→ § 10 Rdn 269). In technisch einfach gelagerten Fällen genügen hierfür die Feststellungen eines Fachunternehmens, die meistens im Rahmen oder in Gestalt eines Angebots erfolgen werden. Ohnehin ist im Normalfall die Einholung mindestens eines Angebots erforderlich, zumindest sinnvoll, schon damit die Höhe der Kosten einigermaßen feststeht. Maßnahmen so geringen Umfangs, dass dafür nicht extra ein Angebot eingeholt werden muss, wird der Verwalter regelmäßig ohne vorherige Beschlussfassung beauftragen. In Betracht kommt auch die Übertragung von Arbeiten auf einzelne Miteigentümer (ggf. gegen übliche Bezahlung), sofern eine mangelfreie Ausführung erwartet werden kann; wirksam ist ein solcher Beschluss aber nur bei Zustimmung der betroffenen Miteigentümer.
Rz. 11
Entgegen verbreiteter Meinung ist nicht in jedem Fall die Einholung eines Angebots bzw. mehrerer Angebote erforderlich. Das Gesetz sagt zur Einholung von Angeboten ohnehin gar nichts. Die Rspr. leitet die Notwendigkeit der Angebotseinholung ab einer bestimmten Größenordnung aus dem Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung ab. Bei kleineren Aufträgen (Auftragsvolumen bis ca. 2.000 EUR) kann auf Vergleichsangebote verzichtet werden. Bei "mittleren" Maßnahmen kommt es auf den Einzelfall an. Nur bei größeren Maßnahmen (das sind je nach Fall und Gericht solche ab 3.000,00 EUR oder 5.000,00 EUR aufwärts) sind vor der Beschlussfassung mehrere Vergleichsangebote einzuholen. Dass es immer unbedingt (mindestens) drei sein müssen ist zwar stets zu lesen, aber nicht rational zu begründen; die Forderung ist insoweit eher der Mystik zuzurechnen. Bei der Verwalterwahl ließ der BGH – durchaus verallgemeinerungsfähig – zwei Angebote genügen und betonte, die Miteigentümer könnten im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums selbst die Anzahl der erforderlichen Alternativangebote festlegen (→ § 10 Rdn 21). Angesichts der derzeitigen Auslastung der Bau- und Handwerkerbranche ist es zudem oftmals kaum möglich, drei Angebote zu bekommen. Vor allem ist die Anforderung, dass vergleichbare Angebote vorliegen müssen, kaum zu erfüllen, wenn eine Gemeinschaft – wie so oft – aus Kostengründen auf die Beauftragung eines Fachplaners verzichtet. Denn ohne Planung und somit ohne klare Vorgaben in einem Leistungsverzeichnis werden mehrere Anbieter zu unterschiedlichen Angeboten kommen, die dann nicht ohne weiteres vergleichbar sind. Die "Drei-Angebote-Rechtsprechung" gerät (nicht nur) deshalb zunehmend in die Kritik. Zu Recht wird die Auffassung vertreten, dass dem Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung auch dann Genüge getan sein kann, wenn sich der Verwalter um Vergleichsangebote bemüht hat, mag dies auch im Einzelfall nicht zum Erfolg geführt haben.
Rz. 12
Die Rechtsprechung schließt sich der vorstehend skizzierten Kritik am Drei-Angebots-Dogma zuweilen im Grundsätzlichen an und lässt im Übrigen aus guten Gründen diverse Ausnahmen zu. Demnach sind Vergleichsangebote in folgenden Fällen regelmäßig nicht erforderlich:
a) Bei der Beauftragung eines Ingenieurs oder Architekten zu den Sätzen der HOAI. Das wurde früher mit der Überlegung begründet, dass das Honorar weitestgehend durch die HOAI vorgegeben sei. Nachdem der EuGH Mindest- und Höchstsätze der HOAI für europarechtswidrig erklärt hat, sind die in der HOAI 2021 vorgesehenen Honorarsätze zwar nicht mehr verbindlich; sie sollen nach dem Willen des Gesetzgebers aber unverändert einen verlässlicher Orientierungsrahmen zur Kalkulation der Honorare von Architekten und Ingenieure bieten. An den (zutreffenden) Gründen, weshalb insoweit im Wohnungseigentumsrecht nicht mehrere Angebote eingeholt werden müssen, hat sich deshalb nichts geändert.
b) Bei Arbeiten, die von Vertrauenspersonen zum Stundensatz erbracht werden (wie z.B. sachverständige Begutachtungen), weil in diesem Fall die Vergleichsangebote nicht aussagekräftig sind. Das gilt m.E. auch für die Beauftragung von Rechtsanwälten zum Zeithonorar.
c) Bei Nachträgen zu laufenden Aufträgen.
d) Wenn mehrere Varianten alternativ zur Wahl stehen.
Rz. 13
Nach hier vertretener Auffassung kann die Gemeinschaft ihrem Verwalter gem. § 27 Abs. 2 WEG verbindliche Vorgaben für die Einholung von Angeboten machen. Entsprechende Regelungen können im Wege eines separaten Beschlusses erfolgen oder Gegenstand des (beschlossenen) Verwaltervertrags sein (Muster → § 14 Rdn 1, § 2 Nr. 1c). Derartige Vorgaben geben nicht nur dem Verwalter eine klare Handlungsanweisung, sondern schließen auch eine auf den Gesichtspunkt unzureichender Vergleichsangebote gestützte Anfechtung des Beschlusses über die fragliche Maßnahme aus, sofern der Verwalter sich an die beschlossenen Vorgaben gehalten hat. Zwar könnte man einwenden, dass eine Anweisung an den Verwalter nichts an der Verbindlichkeit der von der Rspr. entw...