I. ABC der Fälle mit erforderlicher gesetzlicher Vertretung
Rz. 6
Für einige Rechtsgeschäfte und einseitige Erklärungen lässt der Gesetzgeber eine rechtsgeschäftliche Vertretung nicht zu, sondern fordert zwingend eine gesetzliche Vertretung, mithin bei volljährigen Personen einen Betreuer. Eine rechtsgeschäftliche Vertretung ist immer dann möglich, wenn das Gesetz weder die Höchstpersönlichkeit noch die gesetzliche Vertretung angeordnet hat. Folgende Konstellationen sind zu nennen:
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Adoption, Antrag (§ 1768 Abs. 2 BGB; auch für den Antrag auf Aufhebung, § 1762 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 und S. 3 BGB); Einwilligung für geschäftsunfähiges oder noch nicht 14-jähriges Kind zu seiner Adoption (§ 1746 Abs. 1 S. 2 und S. 3 Hs. 2 BGB) |
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Anfechtung des Erbvertrages als Erblasser (§ 2282 Abs. 1 BGB: "nicht durch einen Vertreter", betreuungsgerichtliche Genehmigung nach § 1851 Nr. 4 BGB (§ 2282 Abs. 2 Hs. 2 BGB a.F.) erforderlich); Gleiches gilt für wechselbezügliche Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament (§ 2281 BGB analog) |
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Beistandschaft – durch das Jugendamt – für ein Kind durch Antrag der werdenden Mutter (§ 1713 Abs. 2 S. 3 BGB) |
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Erbverzicht, Abschluss eines Vertrages über einen Erbverzicht (§ 2346 Abs. 1 BGB), Zuwendungsverzicht (§ 2352 BGB) und/oder Pflichtteilsverzicht (§ 2346 Abs. 2 BGB) sowie dessen Aufhebung (§ 2351 BGB) für den Erblasser (§ 2347 S. 2 BGB, betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich nach § 1851 Nr. 9 BGB (§ 2347 Abs. 2 S. 2 BGB a.F.). Gem. § 2347 S. 2 BGB ist eine gesetzliche Vertretung nur bei einem geschäftsunfähigen Erblasser zulässig. Steht die Geschäftsunfähigkeit nicht zweifelsohne fest, sollten den Verzicht der Erblasser höchstpersönlich und sein Betreuer abgeben. Abgrenzung: Die Vertretung des Verzichtenden ist formlos möglich (§ 167 Abs. 2 BGB) |
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Hoferklärung, Abgabe für den testierunfähigen Hofeigentümer (§ 1 HöfeO) |
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Kirchenaustritt, Unterschiede je nach Bundesland |
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klinische Studien, Einwilligung in (§ 40b AMG, Inkrafttreten am 27.1.2022) |
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Namensänderung (§ 2 Abs. 1 Namensänderungsgesetz – NamÄndG) |
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Vaterschaft, Anerkennung der und hierzu die Zustimmung der Mutter (§ 1596 Abs. 1 S. 3, 4 BGB; betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich nach § 1596 Abs. 1 BGB); Gleiches gilt für die Anfechtung der Vaterschaft (§ 1600a Abs. 1, Abs. 2 S. 3 BGB). |
II. Sonderfall: Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
Rz. 7
Umstritten ist, ob die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung – bspw. im Erbscheinsverfahren (§ 352 FamFG) – durch einen Vorsorgebevollmächtigten zulässig ist. Einigkeit dürfte heute darüber bestehen, dass der Bevollmächtige in Vertretung des Vollmachtgebers – also für den Bevollmächtigten – keine eidesstattliche Versicherung abgeben kann (arg. Strafandrohung des § 156 StGB). So handelt es sich hierbei um eine höchstpersönliche Erklärung, und zwar eine Wissenserklärung (Kundgabe des Wissens des Erben). Kann der Antragsteller aus gesundheitlichen Gründen selbst keine eidesstattliche Versicherung abgeben, könnte bspw. im Erbscheinsverfahren das Gericht dem Antragsteller die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung erlassen (§ 352 Abs. 3 S. 4 FamFG). Soweit das Gericht wie im Regelfall auf eine eidesstattliche Versicherung besteht, ist nach zutreffender Auffassung anstatt der eidesstattlichen Versicherung eines eigens dafür zu bestellenden Betreuers (der auch "nur" eine Versicherung im eigenen Namen abgeben kann) auch die Versicherung eines Vorsorgebevollmächtigten zuzulassen. Teilweise wird gefordert, dass dieser dem Gericht belegt oder dem Gericht bekannt ist, dass der Antragsteller zur Abgabe einer Versicherung gesundheitlich nicht (mehr) in der Lage ist. So steht ein Vorsorgebevollmächtigter einem gesetzlichen Vertreter gleich, weil nach § 1814 Abs. 3 S. 2 BGB (§ 1896 Abs. 2 S. 2 BGB a.F.) durch die Vorsorgevollmacht gerade die Anordnung einer Betreuung ersetzt werden soll. Es ist aber eine Erklärung des Bevollmächtigten im eigenen, nicht im fremden Namen. Daher trifft die strafrechtliche Verantwortung alleine den Erklärenden, nicht den Vertretenen.
Ein Schuldner kann innerhalb der Zwangsvollstreckung Auskunft über den Bestand seines Vermögens abgeben und die Richtigkeit durch eidesstattliche Versicherung versichern müssen (§ 802c ZPO). Hat der Schuldner eine schriftliche Vollmacht erteilt, kann der Bevollmächtigte die Versicherung abgeben (§ 51 Abs. 3 ZPO).