1. Übersicht

 

Rz. 81

Anspruch auf Rechtsschutz besteht u.a. nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll. Es besteht kein Rechtsschutz, wenn der Anspruch auf Rechtsschutz erstmals später als zwei, teilweise drei Jahre nach Beendigung des Versicherungsschutzes für den betroffenen Gegenstand der Versicherung geltend gemacht wird. Der RSV hat seinem (ehemaligen) VN daher auch in den Fällen Deckungsschutz zu erteilen, in denen sich der Versicherungsfall über einen Zeitraum erstreckt und zumindest bei Beginn des Versicherungsfalles der Rechtsschutzversicherungsvertrag bestand. Es handelt sich hierbei um den sogenannten gedehnten Versicherungsfall.

2. Fall

 

Rz. 82

Für den minderjährigen K beantragte dessen Mutter (VN) bei der Lebensversicherungsgesellschaft über deren Agentin am 11.11.1998 u.a. eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ). Hinsichtlich den von der Agentin im Antragsformular der Versicherungsgesellschaft aufgenommenen Eintragungen zu den Gesundheitsfragen wurde dort die Frage: "Bestehen oder bestanden Beschwerden, Störungen, Krankheiten oder Vergiftungen? (z.B. Nerven … Psyche …)", verneint. Die VN kündigte sodann den noch bei Abschluss der BUZ bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrag im Jahr 1999. Im Januar 2000 machte K bei der Lebensversicherungsgesellschaft Ansprüche aus der BUZ geltend. Im Rahmen der Leistungsprüfung forderte die Lebensversicherungsgesellschaft ärztliche Berichte an und erklärte nach Prüfung der ärztlichen Berichte gegenüber dem K "wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht" den Rücktritt von der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.

3. Muster

 

Rz. 83

Muster 4.13: Gedehnter Versicherungsfall

 

Muster 4.13: Gedehnter Versicherungsfall

_________________________ Rechtsschutzversicherungs-AG

_________________________ (Anschrift)

Schaden-Nr.: _________________________

_________________________ (Anrede),

in vorbezeichneter Angelegenheit nehme ich Bezug auf Ihr Schreiben vom _________________________, in dem Sie den Deckungsschutz schon für die außergerichtliche Vertretung des K ablehnen.

Entgegen Ihrer Auffassung ist vorliegend Deckungsschutz zu erteilen, weil der gegenständliche Rechtsschutzversicherungsvertrag bei Abschluss der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (noch) bestand und der Mandant als mitversichertes Familienmitglied dem Versicherungsschutz unterfällt. Es ist vorliegend auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen. Es liegt ein gedehnter Versicherungsfall vor (van Bühren – Bauer/Schneider, § 12 Rn 251). Da seit dem Abschluss der BUZ nicht mehr als drei Jahre vergangen sind, besteht mithin Versicherungsschutz aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag. § 4 Abs. 3b) ARB 94 findet keine Anwendung.

Ich darf Sie daher abschließend höflich auffordern, Deckungsschutz im konkreten Fall

bis spätestens zum _________________________ zu erteilen

und den Mandanten von

meiner Kostennote vom _________________________ bis spätestens zum _________________________

durch Zahlung freizustellen.

Freundliche Grüße

(Rechtsanwalt)

4. Hinweis

 

Rz. 84

§ 4 Abs. 4 der ARB 75 begrenzt die Nachhaftung auf lediglich zwei Jahre. Es besteht daher kein Rechtsschutz, wenn der Anspruch auf Rechtsschutz erstmals später als zwei bzw. drei Jahre (§ 4 Abs. 3b) ARB 94) nach Beendigung des Versicherungsschutzes für den betroffenen Gegenstand der Versicherung geltend gemacht wird. Ausnahmen wurden von der Rechtsprechung nur zugelassen, soweit der VN die Fristversäumung mangels Kenntnis des Versicherungsfalls ausreichend entschuldigen konnte.[44]

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?