I. Einleitung
Rz. 1
Zum 1.1.2021 ist das seit langem von der Anwaltschaft erwartete und geforderte Kostenrechtsänderungsgesetz, das viele Verbesserungen für die Anwaltschaft mit sich bringt, in Kraft getreten. Insbesondere sind die umfangreichen Anpassungen der Rechtsanwaltsvergütung seit der letzten Reform durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz von 2013 hervorzuheben.
Bis zuletzt stand das Kostenrechtsänderungsgesetz aber auf der Kippe. Der Finanzausschuss hatte sich für eine Verschiebung auf 2023 ausgesprochen, um die Länderhaushalte aufgrund der Corona-Pandemie vorerst zu entlasten. Eine Intervention des Deutschen Anwaltvereins (DAV) sowie der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hat hier zum Erfolg geführt, so dass der Deutsche Bundestag am 27.11.2020 einstimmig die RVG-Anpassung beschlossen hat. Der Bundesrat hat die Reform am 18.12.2020 passieren lassen, wodurch das Kostenrechtsrechtsänderungsgesetz am 29.12.2020 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden ist.
Es sind zwar nicht alle Forderungen des DAV und der BRAK umgesetzt worden; insbesondere das Ziel, die anwaltliche Vergütung an die wirtschaftliche Entwicklung seit 2013 vollständig anzupassen, ist hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Dennoch enthält das Kostenrechtsänderungsgesetz eine lineare Wertanpassung sowie erforderliche strukturelle Änderungen. Die wesentlichen Änderungen werden im Folgenden sowie in den einzelnen Kapiteln dieses Paragraphen dargestellt.
II. Gebühren- und Wertanpassungen
Rz. 2
In erster Linie soll das Kostenrechtsänderungsgesetz der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung sowie den gestiegenen Kosten für den Kanzleibetrieb Rechnung tragen. Die Gesetzesänderung berücksichtigt sowohl den Anstieg der Verbraucherpreise als auch die allgemeine Einkommensentwicklung seit der letzten Gesetzesreform im Jahre 2013. Seitdem sind die Verbraucherpreise um mehr als 7 % sowie die Tarifverdienste im produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich um über 18 % gestiegen.
1. Wertgebühren
Rz. 3
Das Kostenrechtsänderungsgesetz passt bei den Wertgebühren linear die Tabellenwerte in den §§ 13, 49 RVG an.
Bei einer Abrechnung der Gebühren erhöht sich der Gegenstandswert bei einem Wert bis 500 EUR rundungsbedingt von 45 EUR auf 49 EUR. Dies ist eine Erhöhung in der untersten Wertstufe bis 500 EUR um 9 %. Im Übrigen werden die Gebühren linear um 10 % erhöht, was ein Vergleich zwischen der alten und der neuen Gebührentabelle zeigt.
Gebührentabelle von § 13 Abs. 1 S. 2 RVG a.F.:
Gegenstandswert bis … Euro |
für jeden angefangenen Betrag von weiteren … Euro |
um … Euro |
2.000 |
500 |
35 |
10.000 |
1.000 |
51 |
25.000 |
3.000 |
46 |
50.000 |
5.000 |
75 |
200.000 |
15.000 |
85 |
500.000 |
30.000 |
120 |
über 500.000 |
50.000 |
150 |
Gebührentabelle von § 13 Abs. 1 S. 2 RVG n.F.:
Gegenstandswert bis … Euro |
für jeden angefangenen Betrag von weiteren … Euro |
um … Euro |
2.000 |
500 |
39 |
10.000 |
1.000 |
56 |
25.000 |
3.000 |
52 |
50.000 |
5.000 |
81 |
200.000 |
15.000 |
94 |
500.000 |
30.000 |
132 |
über 500.000 |
50.000 |
165 |
Die leicht geringere Erhöhung auf der untersten Wertstufe soll sicherstellen, dass der potentielle Rechtssuchende aufgrund des Kostenrisikos von einer Mandatierung absieht, da die Rechtsverfolgungskosten auf der untersten Wertstufe zum Teil in einem ungünstigen Verhältnis zur Bedeutung der Angelegenheit stehen. Der Mindestbetrag einer Gebühr in Höhe von 15 EUR ist nicht angehoben worden.
Bei § 49 RVG gelten seit dem 1.1.2021 die folgenden Gebühren:
Gebührentabelle von § 49 RVG n.F.:
Gegenstandswert bis … Euro |
Gebühr … Euro |
5.000 |
284 |
6.000 |
295 |
7.000 |
306 |
8.000 |
317 |
9.000 |
328 |
10.000 |
339 |
13.000 |
354 |
16.000 |
369 |
19.000 |
384 |
22.000 |
399 |
25.000 |
414 |
30.000 |
453 |
35.000 |
492 |
40.000 |
531 |
45.000 |
570 |
50.000 |
609 |
über 50.000 |
659 |
Rz. 4
Neben der vorgenannten Erhöhung der Gebühren hat der Gesetzgeber die Kappungsgrenze für Prozess- und Verfahrenskostenhilfe deutlich angehoben. Sah der frühere § 49 RVG a.F. bei einem Gegenstandswert über 30.000 EUR keine weitere Gebührensteigerung mehr vor, kommt es seit dem 1.1.2021 bei einem Gegenstandswert von über 50.000 EUR zu keiner weiteren Gebührensteigerung. Die Kappungsgrenze ist um 20.000 EUR angehoben worden. Die Kappungsgrenze wird damit an die seit der letzten Anpassung im Jahre 2002 erfolgte Entwicklung der durchschnittlichen Verfahrenswerte angepasst.
2. Betragsrahmengebühr
Rz. 5
Die Betragsrahmengebühren sind infolge des Kostenrechtsänderungsgesetzes in Straf- und Bußgeldsachen, wie die Wertgebühren, linear um 10 % erhöht worden. Beispielsweise ist der Gebührenrahmen der Grundgebühr für den Wahlanwalt von 40 bis 360 EUR auf 44 bis 396 EUR erhöht worden. Die Betragsrahmengebühren im sozialrechtlichen Mandat haben sich linear um 20 % erhöht. Durch die zusätzliche Erhöhung um 10 % ist der Gesetzgeber der Kritik entgegengetreten, wonach das Gebührenniveau in sozialrechtlichen Mandaten seit dem Inkraft...