Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
Rz. 125
Besteht ein Anspruch des Mandanten auf Kostentragung durch den Anspruchsgegner, welcher letzten Endes auch durchsetzbar erscheint, braucht der Mandant im Ergebnis nicht mit Gebühren belastet zu werden (auch wenn er als Auftraggeber gegenüber dem Rechtsanwalt zunächst zum Ausgleich der Rechnung verpflichtet bleibt). Daher sollte stets erwogen werden, ob eine Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, nach welcher dem Kontrahenten die anwaltliche Gebührenrechnung auferlegt werden kann.
1. Rechtsverfolgungskosten als Verzugsschaden
Rz. 126
Hat der Gläubiger den Schuldner in Verzug gesetzt, hat er damit das seinerseits Erforderliche veranlasst. Eine weitere Verzögerung der Erfüllung seiner Forderung muss er nicht hinnehmen. Vielmehr kann er seinem Erfüllungsverlangen durch Einschaltung eines Rechtsanwalts Nachdruck verleihen. Der in Verzug befindliche Schuldner hat somit die Rechtsverfolgungskosten des Gläubigers zu tragen, denn auch in rechtlich einfach gelagerten Fällen ist die Beauftragung eines Rechtsanwalts zweckmäßig und erforderlich. Der Gläubiger braucht seinen Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung dabei regelmäßig nicht auf ein Schreiben einfacher Art nach Nr. 2301 VV RVG zu beschränken.
Rz. 127
Der Rechtsanwalt fügt dem Aufforderungsschreiben zweckmäßigerweise sogleich die Gebührenrechnung bei und fordert den Schuldner zusätzlich auf, diese Gebühren mit auszugleichen.
2. Anwaltsgebühren als vergebliche Aufwendungen
Rz. 128
Anwaltsgebühren können eventuell unter dem Gesichtspunkt der nutzlosen Aufwendung erstattungsfähig sein. Wenn der Mandant bei der Vertragsanbahnung oder -verhandlung anwaltliche Beratung in Anspruch genommen hat und die andere Seite die Verhandlungen dann ohne triftigen Grund abbricht oder der wirksame Vertragsschluss an sonstigen, vom Gegner verschuldeten, Umständen scheitert, sind die Anwaltsgebühren nach §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB als Schadensposition ersatzfähig. Die Ersatzpflicht erfasst u.a. nutzlos gewordene Aufwendungen und neu übernommene Verpflichtungen, die der Vorbereitung oder Durchführung des in Aussicht genommenen Vertrages dienen sollten.
Rz. 129
Bei einer Vertragsanfechtung umfasst der Schadensersatzanspruch nach § 122 Abs. 1 BGB alle Vermögensnachteile, welche durch das Vertrauen auf die Gültigkeit der Erklärung entstanden sind, mithin den Vertrauensschaden. Der Ersatzberechtigte ist wirtschaftlich so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er sich nicht auf die Gültigkeit der Erklärung oder das Zustandekommen des Vertrages eingestellt hätte. Dieses negative Interesse erfasst ebenfalls unnütz gewordene Aufwendungen im Rahmen der Vertragsdurchführung, mithin auch die Kosten des Vertragsschlusses selbst. War demgemäß ein Anwalt an der Vertragsausarbeitung oder -verhandlung beteiligt und hat er dafür Gebühren abgerechnet, können diese vom Anfechtenden verlangt werden, weil die Gebühren ohne den (angefochtenen) Vertragsschluss nicht entstanden wären.
Rz. 130
Verweigert ein Geschäftsherr die Genehmigung eines vom vollmachtlosen Vertreter geschlossenen Vertrages, kann der Vertragspartner nach §§ 179 Abs. 1, 280 Abs. 3, 281 ff., 284 BGB die Anwaltsgebühren für die vergebliche Inanspruchnahme des Vertretenen von dem Vertreter ohne Vertretungsmacht ersetzt verlangen.
3. Zahlungsansprüche wegen einer Straftat
Rz. 131
Hat der Schuldner deliktisch gehandelt und dadurch den Mandanten geschädigt, bietet sich u.U. eine Strafanzeige an. Im Rahmen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen können möglicherweise Beweismittel herbeigeschafft werden, welche anderenfalls nicht zu erlangen gewesen wären. Hierdurch können mithin die Erfolgsaussichten für die Geltendmachung (oder zur Abwehr) einer Forderung erhöht werden.
Rz. 132
Mit einem Adhäsionsverfahren nach §§ 403 ff. StPO kann in bestimmten Fällen ein Antrag ähnlich einer Klageschrift auf Verurteilung des Angeklagten bis zum Beginn der Schlussvorträge, § 404 Abs. 1 S. 1 StPO, gestellt werden. Das Strafgericht verurteilt den straffälligen Schuldner zur Zahlung, § 406 Abs. 1 S. 1 StPO. Wenn der Antragsteller ein Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 BGB geltend macht, muss das Strafgericht darüber entscheiden. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn der Antrag unzulässig ist oder soweit er unbegründet erscheint, § 406 Abs. 1 S. 6 StPO.
Rz. 133
Für den geschädigten Mandanten kann dort auch ein Grundurteil erwirkt werden. Abgesehen davon kann der geschädigte Zeuge oder Nebenkläger vor dem Strafgericht einen Vergleich mit dem Schuldner schließen. Möglich ist auch eine Auflage an den Täter nach § 153a StPO zur Zahlung an den Gläub...