1. Misslungene Verweisungstechnik
Rz. 138
Ähnlich wie Erhaltungsmaßnahmen soll der Drittnutzer grundsätzlich auch darüber hinausgehende Veränderungen dulden. Hier erreicht die den Verfassern des WEMoG offenkundig besonders ans Herz gewachsene Verweisungstechnik allerdings einen traurigen Höhepunkt, indem § 15 Nr. 2 WEG auf §§ 555c Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 2–4 und 555d Abs. 2–5 BGB Bezug nimmt. Damit wird die Duldung anderer Maßnahmen (nämlich solcher der Modernisierung) in anderen schuldrechtlichen Beziehungen (nämlich zwischen Vermieter und Mieter) unter nicht geltenden Einschränkungen (u.a. gemäß § 555c Abs. 3 BGB bei energetischen Maßnahmen und § 555c Abs. 4 BGB bei unerheblichen Mieterhöhungen, die in § 20 WEG keine Rolle spielen) zum Maßstab für die Duldungspflicht von Drittnutzern gemacht. Diese Verweisungstechnik führt im Ergebnis dazu, dass der Wille des Gesetzgebers bis zur Unverständlichkeit verklausuliert wird. Die unspezifizierte Verweisung in § 15 Nr. 2 WEG auf § 555c Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 2, Abs. 2–4, § 555d Abs. 2–5 BGB lässt schließlich außer Acht, dass sich die Ankündigung baulicher Veränderungen in ihrer Zielsetzung deutlich von der Modernisierungsankündigung unterscheidet. Während letztere dem Mieter die Beurteilung ermöglichen soll, ob überhaupt eine Modernisierung (mit möglicher späterer Mieterhöhung) vorliegt, kommen ähnliche Differenzierungen bei der baulichen Veränderung nicht in Betracht. Hier ist die Beschreibung der Maßnahme allenfalls im Hinblick auf das Vorliegen einer Härte gemäß § 555d Abs. 2 BGB von Bedeutung.
2. Übersehene Wertungswidersprüche
Rz. 139
Darüber hinaus produziert insbesondere die Möglichkeit von Drittnutzern, sich auf Härtegründe gemäß § 15 Nr. 2 WEG i.V.m. § 555d Abs. 2 BGB zu berufen, unüberbrückbare Wertungswidersprüche. Der Gesetzgeber hat sich mit guten Gründen dafür entschieden, die Möglichkeiten der Wohnungseigentümer, bauliche Veränderungen zu verhindern, deutlich einzuschränken. Beschlüsse hierüber sind nun gemäß § 20 Abs. 4 WEG nur noch bei einer grundlegenden Umgestaltung oder unbilligen Benachteiligungen anfechtbar. Bei Drittnutzern geht der Gesetzgeber den umgekehrten Weg, indem er ihnen die Möglichkeit gibt, bei Härten nach § 15 Nr. 2 WEG i.V.m. § 555d Abs. 2 BGB die Duldung der Maßnahme zu verweigern. Hierunter können bereits die für Wohnungseigentümer schon nach altem Recht unerheblichen Belästigungen aufgrund der Baumaßnahmen selbst fallen, ebenso Veränderungen der Liegenschaft, die noch keine grobe Benachteiligung darstellen. Wenn man überhaupt Bedarf für eine solche Härteregelung zugunsten der Drittnutzer sieht, hätte es statt der ohnehin fragwürdigen Verweisung auf das Mietrecht weit näher gelegen, auch ihnen die Möglichkeit zur Verweigerung der Duldung nur unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 4 WEG zu gewähren. Nun kommt es zu der paradoxen Situation, dass der Drittnutzer auf diesem Wege wesentlich weitgehendere Verteidigungsmöglichkeiten gegen eine bauliche Veränderung hat als der Sondereigentümer selbst.