1. Beschlusskompetenz
a) Vom Wohnungseigentümer gewünschte bauliche Veränderungen
Rz. 85
Das WEMoG unterstellt jetzt auch Veränderungen im Sondereigentum, die über die Erhaltung hinausgehen, den Regeln zur baulichen Veränderung. Dieser Begriff wird nur deswegen nicht verwendet, weil er terminologisch auf das Gemeinschaftseigentum beschränkt sein soll. Dies läuft auf eine zu weitgehende Mitwirkung der Miteigentümer hinaus, da jetzt grundsätzlich alle über bloße Erhaltungsmaßnahmen hinausgehenden Veränderungen auch im Sondereigentum die Gestattung durch Beschluss bedürfen. Damit wird der Wohnungseigentümer in seiner Möglichkeit, sein Sondereigentum nach seinen Vorstellungen zu gestalten, erheblich eingeschränkt, was – wie schon im Zusammenhang mit Erhaltungsmaßnahmen gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG – problematisch erscheint. Denn viele selbstverständliche Eingriffe in das Sondereigentum wie das Anbringen von Vorhängen etc. dienen zwar nicht der Erhaltung des Sondereigentums und können auch den Gesamteindruck der Wohnanlage optisch verändern, gehören aber zum normalen Wohnverhalten. Gleichwohl sind sie nur unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 WEG ohne Gestattung zulässig. Die mit den erweiterten Einflussmöglichkeiten der Miteigentümer verbundenen Unzuträglichkeiten lassen sich teilweise durch eine weite Handhabung der Erheblichkeitsschwelle korrigieren. So stellten schon nach altem Recht die mit den Bauarbeiten einhergehenden Immissionen in der Regel keine erhebliche Beeinträchtigung dar. Hieraus resultierende Belästigungen stehen somit der Genehmigungsfreiheit aus § 13 Abs. 2 WEG nicht entgegen.
b) Vom Wohnungseigentümer nicht erwünschte bauliche Veränderungen
Rz. 86
Noch gravierender mutet die im Gesetz nunmehr angelegte Möglichkeit an, in das Sondereigentum hineinzuregieren. Über die Verweisung des § 13 Abs. 2 WEG auf § 20 WEG kann die Mehrheit in der Eigentümerversammlung jedenfalls nach dem Wortlaut der Vorschrift auch im Sondereigentum über die Erhaltung hinausgehende Veränderungen beschließen. Diese Ausdehnung der Mehrheitsmacht erscheint umso gravierender, als auch bei Beschlüssen über Veränderungen des Sondereigentums nur die in § 20 Abs. 4 WEG aufgeführten, besonders gravierenden Fehler zur Anfechtbarkeit führen.
2. Privilegierungen (§ 20 Abs. 2 S. 1 WEG)
Rz. 87
In demselben Umfang wie beim Gemeinschaftseigentum sind über den Verweis in § 13 Abs. 2 WEG auch Veränderungen des Sondereigentums nach § 20 Abs. 2 S. 1 WEG privilegiert, können also unabhängig von einer Beeinträchtigung einzelner oder aller Miteigentümer verlangt werden. Dies dürfte in der Praxis eine erhebliche Rolle spielen, da die nach § 20 Abs. 2 S. 1 WEG privilegierten Veränderungen häufig nicht an der Grenze zum Sondereigentum enden. So wird die Herstellung der Ladetechnik für E-Fahrzeuge häufig auch Veränderungen in der Garage oder an dem im Sondereigentum stehenden Stellplatz verlangen. Die Herstellung zeitgemäßer Internetverbindungen zielt ja gerade auf die Fortführung der Anschlüsse in das Sondereigentum der einzelnen Wohnungseigentümer. Diese Veränderungen können und müssen gemäß §§ 13 Abs. 2, 20 Abs. 2 S. 1 WEG auch für das Sondereigentum verlangt werden. Ansonsten besteht mangels Beschlusses aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 WEG keine Duldungspflicht. Die Gestattung der Maßnahme im Sondereigentum sollte daher bei der Beschlussfassung über die privilegierte bauliche Veränderung nach § 20 Abs. 2 S. 1 WEG stets mitbedacht und mitbeschlossen werden. Anderenfalls wäre sie teilweise mangels Gestattung durch Beschluss rechtswidrig.
Rz. 88
Praxistipp
Im Rahmen der Angemessenheit kommen bei Maßnahmen in Sondereigentum weitere Abwägungskriterien hinzu, die beim Gemeinschaftseigentum keine Rolle spielen. Insbesondere muss bei einer Mehrzahl von Herstellungsmöglichkeiten auch auf die Gegebenheiten im Sondereigentum geachtet werden, um die bauliche Veränderung möglichst schonend durchzuführen.
3. Einverständnis der beeinträchtigten Wohnungseigentümer
Rz. 89
Der Wohnungseigentümer kann schließlich nach §§ 13 Abs. 2, 20 Abs. 3 WEG die Gestattung einer Veränderung seines Sondereigentums verlangen, mit der alle beeinträchtigten Wohnungseigentümer ihr Einverständnis erklärt haben. Dies stellt in der Sache nur den Anspruch auf eine entsprechende Beschlussfassung dar; ohne eine solche bleibt auch die Veränderung des Sondereigentums rechtswidrig. Insoweit kann auf obige Ausführungen verwiesen werden.
4. Fehlerhafte Beschlüsse
a) Grundsatz
Rz. 90
Die Genehmigung von Veränderungen im Sondereigentum kann aus denselben Gründen fehlerhaft sein wie diejenige baulicher Veränderungen im Gemeinschaftseigentum. Zunächst gilt das allgemeine Beschlussmängelrecht. Formelle Fehler wie Ladungsmängel oder die Verletzung des Grundsatzes der Nichtöffentlichkeit führen also auch in diesem Zusammenhang zur Anfechtbarkeit.
b) Grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage
Rz. 91
Ist die Anfechtbarkeit des Beschlusses über bauliche Veränderungen wegen der grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage schon bei baulichen Veränderungen im Gemeinschaftseigentum der Ausnahmefa...