1. Die Konzeption des Gesetzgebers
Rz. 171
Wie bei der Modernisierung hat das Vorliegen von Härtegründen alleine keine Rechtsfolgen. Die Härtegründe müssen vom Drittnutzer im Verfahren nach § 15 Nr. 2 WEG i.V.m. § 555d Abs. 3, 4 BGB geltend gemacht werden, ansonsten sind sie unbeachtlich. Hingegen kann der Umbauwillige Abwägungsgesichtspunkte ohne Einhaltung einer Frist oder Form noch im Klageverfahren, in dem ersterer zur Duldung der baulichen Veränderung verurteilt werden soll, unbegrenzt vortragen. Belange der Energieeinsparung und des Klimaschutzes stellen von vorneherein keine persönlichen Abwägungsbelange der Parteien, sondern gewissermaßen öffentliche Interessen dar, die von Amts wegen zu berücksichtigen sind.
2. Form
Rz. 172
Der Mieter muss dem Vermieter Härtegründe gemäß § 555d Abs. 3 S. 1 BGB in Textform mitteilen. Damit nimmt die Vorschrift wie § 555c Abs. 1 S. 1 BGB auf § 126b BGB Bezug. Es gelten somit dieselben Grundsätze wie dort.
3. Frist
Rz. 173
Der Mieter muss Härtegründe gemäß § 15 Nr. 2 WEG i.V.m. § 555d Abs. 3 S. 1 BGB bis zum Ablauf des Monats mitteilen, der auf die Ankündigung der baulichen Veränderung folgt. Im Ergebnis bleiben ihm also maximal, bei Zugang der Ankündigung zu Beginn eines Monats, knapp zwei Monate, im Minimum, bei Zugang am Ende eines Monats nur etwas mehr als ein Monat. Allerdings beginnt die Frist gemäß § 15 Nr. 2 WEG i.V.m. § 555d Abs. 3 S. 2 BGB nur bei einer korrekten Ankündigung zu laufen. Zudem muss die Frist, wie § 15 Nr. 2 WEG i.V.m. § 555d Abs. 5 BGB bestimmt, nur eingehalten werden, wenn der Umbauwillige gemäß § 555c Abs. 2 BGB auf die Form und Frist des Härteeinwandes hingewiesen hat.
4. Inhalt der Mitteilung
a) Darlegung der persönlichen Härtegründe
Rz. 174
Anders als bei der Ankündigung der baulichen Veränderung gemäß § 15 Nr. 2 WEG i.V.m. § 555c Abs. 1 S. 2 BGB regelt das Gesetz nicht die Anforderungen an den Inhalt der Mitteilung von Härtegründen. Es sieht auch anders als § 15 Nr. 2 WEG i.V.m.§ 555c Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB keine Erleichterung vor, wonach Härtegrunde nur "in wesentlichen Zügen" dargelegt werden müssen. Schon aus Gleichbehandlungsgrundsätzen kann aber vom Drittnutzer nicht wesentlich mehr verlangt werden als vom Umbauwilligen. Der Inhalt der Mitteilung nach § 15 Nr. 2 WEG i.V.m. § 555d Abs. 3 S. 1 BGB dient alleine dazu, letzterem die Beurteilung zu ermöglichen, ob überhaupt eine Härte im Sinne dieser Vorschrift vorliegt. Insbesondere soll sie ihn in die Lage versetzen, Abhilfemöglichkeiten zu schaffen. Der Drittnutzer muss bei gesundheitlichen Gründen nur den Kern seiner Beeinträchtigungen umschreiben und darlegen, weswegen ihn die bauliche Veränderung besonders trifft. Er muss aber keine medizinischen Details im Sinne einer ärztlichen Begutachtung vorbringen oder gar Belege beifügen. Ob ein Härtegrund tatsächlich vorliegt, ist nicht vorab gegenüber dem Umbauwilligen, sondern in einem Gerichtsverfahren nachzuweisen.
b) Bedeutungslosigkeit des Verweises in § 15 Nr. 2 WEG auf § 555 Abs. 4 S. 2 BGB
Rz. 175
Überflüssigerweise verweist § 15 Nr. 2 WEG auch auf § 555d Abs. 4 S. 2 BGB, wonach der Mieter binnen der dort normierten Frist auch Umstände mitteilen muss, die eine Härte nach § 559 Abs. 4 begründen, also eine Härte nur hinsichtlich der Mieterhöhung darstellen. Diese Verweisung ist im vorliegenden Zusammenhang schlicht zu ignorieren, da weder die Wohnungseigentümergemeinschaft noch ein anderer Wohnungseigentümer als der Vermieter von einem Mieter Miete verlangen kann und dinglich Berechtigte wie Nießbraucher oder sonstige Drittnutzer keine Miete schulden. Ist der Umbauwillige zugleich der Vermieter des Drittnutzers, ist die Vorschrift innerhalb des Mietverhältnisses ohne die Verweisung des § 15 Nr. 2 WEG anwendbar.
5. Präklusion von Härtegründen
a) Nichteinhaltung der Frist des § 555d Abs. 3 S. 1 BGB
Rz. 176
Nach § 15 Nr. 2 WEG i.V.m. § 555d Abs. 4 S. 1 BGB sind hinsichtlich der Duldungspflicht nur solche Härtegründe zu berücksichtigen, die der Drittnutzer gemäß § 15 Nr. 2 WEG i.V.m. § 555d Abs. 3 S. 1 BGB in Textform bis zum Ablauf des Monats mitteilt, der auf die Ankündigung der baulichen Veränderung folgt. Sind Umstände, die hinsichtlich der Duldungspflicht eine Härte begründen, nicht mit dem oben dargelegten Mindestinhalt mitgeteilt, können sie in einem Rechtsstreit über die Duldung nicht mehr vorgetragen werden.
Rz. 177
Praxistipp
Bei einer Mehrheit von Empfängern eine Ankündigung ist jeder Mieter gesondert zu betrachten. Dies gilt sowohl für den Zugang der Ankündigung als auch für die Mitteilungsfrist. Es kann also sein, dass einer gemäß § 15 Nr. 2 WEG i.V.m. § 555d Abs. 4 S. 1 BGB mit Härtegründen präkludiert ist, der andere nicht. Die rechtzeitige Mitteilung eines Drittnutzers kommt dem anderen nicht zugute.
b) Unverschuldete Nichteinhaltung der Frist
Rz. 178
Die Präklusion nach § 15 Nr. 2 WEG i.V.m. § 555d Abs. 4 S. 1 BGB greift nicht ein, wenn der Drittnutzungsberechtigte "ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war." Diese Vorschrift nimmt erkennbar auf die Wiedereinsetzung nach §§ 233 ff. ZPO Bezug, so dass für die Gründe der unverschuldeten Fristversäumnis auf die dortigen Kommentierungen Bezug genommen werden kann. So können Krankheit, Urlaubsabwesenheit, fremdverschuldete Probleme bei der Übermittlung der ...