1. Härte als Voraussetzung der Abwägung
Rz. 163
Die Pflicht des Drittnutzers aus § 15 Halbs. 1 WEG, eine bauliche Veränderung zu dulden, entfällt nach § 15 Nr. 2 WEG i.V.m. § 555d Abs. 2 S. 1 BGB, wenn sie für ihn eine Härte bedeutet, die auch unter Berücksichtigung von "Interessen sowohl des Vermieters als auch anderer Mieter in dem Gebäude" und Belangen der Energieeinsparung und des Klimaschutzes nicht zu rechtfertigen ist. Es muss also zunächst eine Härte für die Mieterseite vorliegen. Fehlt es hieran, bedarf es von vorneherein keiner Abwägung mit den Interessen anderer Beteiligter und den Belangen der Energieeinsparung und des Klimaschutzes.
2. Vorliegen einer Härte
a) Vergleich mit der Herabsetzung der Tauglichkeit nach § 536 Abs. 1 S. 2 BGB
Rz. 164
Die Härte umfasst nicht jede Störung durch die bauliche Veränderung. Mit Sicherheit außer Betracht bleiben solche Beeinträchtigungen, die selbst im ursprünglichen Anwendungsbereich der Vorschrift für die Modernisierungsankündigung nach § 555c Abs. 4 BGB oder im Hinblick auf eine Mietminderung nach § 536 Abs. 1 S. 3 BGB unerheblich wären. Der Maßstab des § 555d Abs. 2 S. 1 BGB ist dort aber strenger als derjenige des § 536 Abs. 1 S. 3 BGB. Nicht jede Herabsetzung der Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch, die eine geringe Minderung rechtfertigt, stellt schon eine Härte für den Mieter dar. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Möglichkeit der Mietminderung als Folge der Modernisierungsmaßnahme weiterhin vorgesehen ist. Dies ist jedenfalls ein Indiz dafür, von einer Stufung der Beeinträchtigungsfolgen auszugehen, wonach eine geringere Beeinträchtigung nur die Mietminderung rechtfertigt und erst ab einer intensiveren Störung eine Härte vorliegt. Würde jede Herabsetzung der Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch bereits eine Härte gemäß § 555d Abs. 2 S. 1 BGB darstellen, bedürfte es der Möglichkeit einer Mietminderung nämlich nur noch in den Fällen, in denen die Vermieterinteressen bzw. die Belange der Energieeinsparung und des Klimaschutzes überwiegen. Ansonsten müsste der Mieter die Modernisierung ohnehin nicht dulden, so dass sich die Frage nach der Minderung der Miete überhaupt nicht stellen würde.
b) Individueller Maßstab
Rz. 165
Darüber hinaus stellt § 15 Nr. 2 WEG i.V.m. § 555d Abs. 2 S. 1 BGB auch weniger auf eine objektivierte, sondern auf eine individualisierende Betrachtung ab. Es kommt alleine darauf an, ob eine Beeinträchtigung für den Drittnutzer, der sich hierauf beruft, eine Härte darstellt. Dabei sind Besonderheiten in seiner körperlichen Konstitution, sein Alter und sein Gesundheitszustand zu berücksichtigen. Im Ergebnis kann also ein Umstand für einen Drittnutzer durchaus eine Härte darstellen, der für alle anderen hinzunehmen wäre. Bei der Frage, worin eine Härte gemäß § 555d Abs. 2 S. 1 BGB zu sehen ist, kann im Mietrecht insbesondere auf die nach ausdrücklichem Bekunden des Gesetzgebers fortgeltenden Umstände des § 554 Abs. 2 S. 3 BGB a.F. zurückgegriffen werden. Dabei handelt es sich um die vorzunehmenden Arbeiten, die baulichen Folgen und vorangegangene Aufwendungen des Mieters. Dies kann auch in vorliegenden Zusammenhang Geltung verlangen, so dass für die Frage, wann eine Härte anzunehmen ist, auf die diesbezüglichen mietrechtlichen Kommentierungen verwiesen werden kann.
3. Abwägung
a) In der Wohnung des Drittnutzers lebende Personen
Rz. 166
Erst nach der Bejahung einer Härte auf Mieterseite ist die Abwägung nach § 555d Abs. 2 S. 1 BGB vorzunehmen. § 15 Nr. 2 WEG i.V.m. § 555d Abs. 2 S. 1 BGB berücksichtigt als Personen, deren Interessen auf Mieterseite einzubeziehen sind, den Mieter, seine Familie oder Angehörige seines Haushalts. Das Gesetz setzt bei allen Personen stillschweigend voraus, dass sie als Bewohner der Wohnung von der Modernisierungsmaßnahme betroffen sind. Ein Familienangehöriger, der auf dem Nachbargrundstück lebt und durch die Modernisierungsmaßnahme beeinträchtigt wird, bleibt in der Abwägung nach § 15 Nr. 2 WEG i.V.m. § 555d Abs. 2 BGB außer Betracht. Gleiches gilt für den Mieter selbst, wenn er nicht als Bewohner der gemieteten Wohnung, sondern als Eigentümer eines Nachbargrundstücks betroffen ist. Aus dem Erfordernis der Betroffenheit gerade als Bewohner der Wohnung folgt auch, dass es nicht genügt, wenn eine grundsätzlich in die Abwägung einzubeziehende Person nur bei Zugang der Ankündigung oder bei Ablauf der Frist des § 555d Abs. 3 S. 1 BGB in der Wohnung lebt. Verlässt eine Person vor der geplanten Durchführung der baulichen Veränderung die Wohnung, sind ihre Interessen nicht in die Abwägung einzubeziehen. Geschützt werden neben dem Mieter sämtliche in seinem Haushalt lebende Personen. Zu den Angehörigen des Haushalts gehören daher sämtliche dauerhaft in den Mieterhaushalt integrierte Personen, ohne dass es auf Verwandts...