I. Zivilrechtliche Ausgestaltung der Erbengemeinschaft
1. Entstehung der Erbengemeinschaft
Rz. 1
Mit dem Erbfall geht das Vermögen des Erblassers im Rahmen der Universalsukzession gem. § 1922 Abs. 1 BGB auf den Erben über. Sind mehrere Erben vorhanden, bilden diese eine Erbengemeinschaft, §§ 2032 ff. BGB. Trotz der dinglichen Wirkung wird keine unmittelbare rechtliche Beziehung der Erben zu den Nachlassgegenständen hergestellt, sondern die Erbschaft als Ganzes wird gemeinschaftliches Vermögen der Miterben (sog. Gesamthandsvermögen), die als Mitglieder der Erbengemeinschaft in Höhe ihrer Erbquote am Nachlass beteiligt sind. Entsprechend ist eine Verfügung eines Miterben über seinen Anteil an den einzelnen Nachlassgegenständen ausgeschlossen, § 2033 Abs. 2 BGB. Die Erben können über einen Nachlassgegenstand nur gemeinschaftlich verfügen, § 2040 Abs. 1 BGB. Über seinen Anteil am gesamten Nachlass (die Mitgliedschaft an der Erbengemeinschaft) hingegen kann jeder Miterbe (mit dinglicher Wirkung) verfügen, § 2033 Abs. 1 BGB.
Rz. 2
Eine Ausnahme zur Universalsukzession findet sich im Personengesellschaftsrecht. Danach erfolgt der Erwerb eines Personengesellschaftsanteils im Wege der Sondererbfolge (Singularsukzession), es entsteht mithin eine direkte rechtliche Beziehung des erwerbenden Miterben.
Rz. 3
Die Verwaltung des Nachlasses steht den Erben grundsätzlich gemeinschaftlich zu, § 2038 Abs. 1 BGB. Die Miterbengemeinschaft beschließt durch Stimmenmehrheit, §§ 2038 Abs. 2, 745 Abs. 1 BGB. Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der Erbteile zu berechnen.
2. Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft
a) Allgemeines
Rz. 4
Die Erbengemeinschaft ist – anders als andere Gesamthandsgemeinschaften (z.B. Personengesellschaft) – auf ihre Auseinandersetzung angelegt. Ihr Hauptzweck besteht als Liquidationsgemeinschaft in der Abwicklung des Nachlasses, sie ist daher weder rechts- noch parteifähig.
Rz. 5
Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ist die Aufhebung der Erbengemeinschaft durch Aufteilung des Nachlasses auf die Miterben und umfasst den kausalen Auseinandersetzungsvertrag und die jeweiligen dinglichen Verfügungen, welche die unmittelbaren Übertragungen der einzelnen Nachlassgegenstände bewirken.
Rz. 6
Grundsätzlich kann jeder Miterbe jederzeit die Auseinandersetzung verlangen, § 2040 Abs. 1 BGB. Sie ist aber soweit ausgeschlossen, als die Erbteile der Miterben noch nicht feststehen, etwa bei zu erwartender Geburt eines Miterben, § 2043 Abs. 1 BGB, oder wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügung die Auseinandersetzung des gesamten Nachlasses oder einzelner Nachlassgegenstände ausgeschlossen hat (wobei dies (nur) bis zu 30 Jahre zulässig ist), § 2044 BGB.
b) Einvernehmliche Auseinandersetzung unter den Miterben
aa) Zivilrecht
Rz. 7
Die gesetzlichen Regelungen zur Auseinandersetzung nach den §§ 2042 ff. BGB finden nur und soweit Anwendung, wie der Erblasser keine Regelungen dazu getroffen hat und sich die Miterben im Rahmen ihrer vertraglichen Dispositionsfreiheit nicht auseinandersetzen (können). Ein Auseinandersetzungsvertrag ist grundsätzlich formfrei möglich. Sind Nachlassimmobilien betroffen, bedarf er der notariellen Form, § 311b Abs. 1 S. 1 BGB. Die Miterben können die Auseinandersetzung auf einzelne Gegenstände beschränken oder eine personelle Auseinandersetzung, insbesondere durch Ausscheiden eines Miterben aus der Erbengemeinschaft, bewirken.
bb) Sachliche (Teil-)Erbauseinanderersetzung
Rz. 8
Die sachliche (Teil-)Erbauseinandersetzung betrifft (nur) die Übertragung einzelner Nachlassgegenstände auf einen Miterben. Der Nachlassgegenstand wird vom Gesamthandseigentum in das Alleineigentum eines Miterben bzw. in das Miteigentum mehrerer Miterben überführt; am übrigen Nachlass besteht die Erbengemeinschaft personell unverändert fort. Bei einer sachlichen Teilerbauseinandersetzung können auch einzelne Nachlassgegenstände zunächst von der Erbengemeinschaft veräußert und im Anschluss kann der Erlös auf die Miterben verteilt werden.
cc) Persönliche (Teil-)Erbauseinandersetzung durch Erbteilsübertragung
Rz. 9
Gemäß § 2033 Abs. 1 BGB steht es jedem Miterben frei, im Wege der Erbteilsübertragung seinen gesamten (gesamthänderisch gebundenen) Anteil an dem Nachlass auf Miterben oder Dritte zu übertragen. Auf das Veräußerungsgeschäft finden die Vorschriften über den Erbschaftskauf gem. §§ 2371 ff. BGB Anwendung. Sowohl das Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft bedarf der notariellen Beurkundung. Zur erbschaftsteuerlichen Behandlung wird auf die Ausführungen in Rdn 28 f.> verwiesen.
dd) Persönliche (Teil-)Erbauseinandersetzung durch Abschichtung
Rz. 10
Die Rechtsprechung lässt als Form der personellen Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft auch die sog. (formfreie) Abschichtung zu. Der Erbteil des Ausgeschiedenen wächst den verbleibenden Miterben von Gesetzes wegen analog § 738 BGB an. Die Formfreiheit gilt selbst dann, wenn ein Grundstück zum Nachlass gehört. Einer Beurkundungspflicht des § 311b Abs. 1 BGB unterliegt die Abfindungsvereinbarung nur, wenn Gegenstand der Abfindung Grundvermögen ist. Zur erbschaftsteuerlichen Behandlung siehe Rdn 30>.
II. Erbschaftsteuer bei Erbengemeinschaft und Erbauseinandersetzung
1. Grundsatz der erbschaftsteuerlichen Neutralität
Rz. 11
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