I. Allgemeines
Rz. 72
Bei der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften können sich bei Nachlassimmobilien neben erbschaftsteuerlichen (siehe Rdn 11 ff.>) und einkommensteuerlichen (siehe Rdn 45 ff.>) Fragen auch solche nach der Grunderwerbsteuer stellen.
II. Grundsatz der Steuerfreiheit der Erbauseinandersetzung
Rz. 73
Sind Nachlassimmobilien vorhanden, können sich bei der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften neben erbschaftsteuerlichen und einkommensteuerlichen Fragen auch solche nach der Grunderwerbsteuer stellen. Die Erbauseinandersetzung stellt bezüglich vorhandener Nachlassgrundstücke grundsätzlich einen grunderwerbsteuerpflichtigen Tatbestand dar. Allerdings ist der Erwerb eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks durch Miterben bei der Aufteilung des Nachlasses von der Grunderwerbsteuer befreit, § 3 Nr. 3 S. 1 GrEStG. Unbeachtlich für die Steuerbefreiung ist, ob für die Übertragung eines Nachlassgrundstücks Ausgleichszahlungen an Miterben geleistet werden. Den Miterben steht unter bestimmten Voraussetzungen der überlebende Ehegatte/Lebenspartner gleich, § 3 Nr. 3 S. 2 GrEStG (siehe Rdn 42>). Ferner greift die Steuerbefreiung für den Erwerb durch Ehegatten/Lebenspartner der Miterben, § 3 Nr. 3 S. 3 GrEStG (siehe Rdn 42>).
Rz. 74
Begünstigt im Sinne des § 3 Nr. 3 GrEStG sind grundsätzlich alle Erwerbsvorgänge i.S.d. § 1 GrEStG. Teilen die Miterben ein Nachlassgrundstück im Verhältnis ihrer Erbteile ideell untereinander auf, greift für diese Erwerbe insoweit die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 6 Abs. 2 GrEStG, also nach den Bestimmungen über den Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf einen Gesamthänder. Bei einer flächenmäßigen Aufteilung im Verhältnis der Erbteile greift die Steuerbefreiung für die Umwandlung von gemeinschaftlichem Eigentum in Flächeneigentum, § 7 Abs. 2 GrEStG.
Rz. 75
Besonderheiten gelten im Personengesellschaftsrecht (Personengesellschaften können Miterben im Sinne des § 3 Nr. 3 S. 1 GrEStG sein, siehe Rdn 43>): Wird eine Personengesellschaft aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeklausel nach dem Tod eines persönlich haftenden Gesellschafters mit dessen Erben fortgesetzt, geht der Gesellschaftsanteil nicht im Wege der Universalsukzession i.S.d. § 1922 BGB auf die Erbengemeinschaft über, sondern im Rahmen der Singularsukzession auf die einzelnen Miterben. Für ein sich im Gesellschaftsvermögen befindliches Grundstück greift in diesem Falle § 3 Nr. 3 GrEStG nicht, da keine erbrechtliche Auseinandersetzung vorliegt.
III. Teilung des Nachlasses
Rz. 76
Die Steuerbefreiung greift nur, wenn der Erwerb des zum Nachlass gehörenden Grundstücks durch eine begünstigte Person (siehe Rdn 42 ff.>) "zur Teilung des Nachlasses" erfolgt, § 3 Nr. 3 S. 1 GrEStG. Dies kann aufgrund Auseinandersetzungsvertrags zwischen den Miterben, im Rahmen der Aufhebung der Gemeinschaft durch Teilungsversteigerung oder durch Übertragungshandlung eines Testamentsvollstreckers geschehen.
Rz. 77
Die Teilung des Nachlasses muss nicht in einem Zug, d.h. z.B. auf Grundlage eines (notariellen) Auseinandersetzungsvertrags, erfolgen, sondern kann auch sukzessive vorgenommen werden. Inwieweit die Erbengemeinschaft im Übrigen an anderen Nachlassgegenständen bestehen bleibt, ist für die Steuerbefreiung unbeachtlich. Wurde allerdings ein Auseinandersetzungsvertrag vollzogen, kann dieser nicht mehr (einvernehmlich) durch die Erben mit der Wirkung wieder aufgehoben werden, dass die Erbengemeinschaft dann erneut eine grunderwerbsteuerlich privilegierte Nachlassteilung vornehmen kann.
Eine Teilung des Nachlasses im Sinne des § 3 Nr. 3 GrEStG liegt nicht (mehr) vor, wenn ein bereits vorher ausgeschiedener Miterbe später ein Nachlassgrundstück erwirbt.
Rz. 78
Bei der Auseinandersetzung von mehreren Bruchteilseigentümern durch Tausch unterliegt sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils der Grunderwerbsteuer, § 1 Abs. 5 GrEStG.
Rz. 79
Die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 3 GrEStG endet mit der schuldrechtlichen Vereinbarung über die Erbauseinandersetzung. Einigen sich die Miterben also noch vor dem Grundbuchvollzug über eine von der Erbquote abweichende Verteilung, ist eine entsprechende Vereinbarung nicht mehr vom Befreiungstatbestand erfasst.
Rz. 80
Befindet sich ein Grundstück im Nachlass, stellt die Übertragung des Erbteils (durch Verkauf) an einen (auch den einzig verbleibenden) Miterben oder Dritten grundsätzlich keinen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang dar. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG setzt den Erwerb von Eigentum am Grundstück selber voraus, so dass der Erwerb eines Anteils an einer Gesamthandgemeinschaft nicht ausreicht. Die h.M. allerdings bejaht bei einer Übertragung auf einen Dritten eine Grunderwerbsteuerpflicht gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 GrEStG. Bei einer Übertragung des Erbteils auf einen Miterben greift jedenfalls der Befreiungstatbestand des § 3 Nr. 3 GrEStG, da diese Übertragungen in der Regel auf die Erbauseinandersetzung g...