Rz. 177

Zwischen dem Vollmachtgeber und seinem Bevollmächtigten darf man regelmäßig ein bestehendes Vertrauensverhältnis voraussetzen. Fließt Geld vom Vollmachtgeber zum Bevollmächtigten, werden im Streit zwischen den Erben des Vollmachtgebers und dem Vertreter um die angebliche Schenkung fast immer die gleichen Vorwürfe erhoben: Die Erben bezichtigen den Bevollmächtigten des Vollmachtsmissbrauchs und des gebrochenen Vertrauens, der Bevollmächtigte singt hingegen das hohe Lied auf den großzügigen Erblasser, der sich im Grabe herumdrehen würde, wenn er mit ansehen müsste, wie ein angemessenes Geldgeschenk von den gierigen Erben in Frage gestellt wird.

 

Rz. 178

Vor der Frage, ob eine Schenkung beweisbar ist, muss man prüfen, ob und in welchem Umfang der Bevollmächtigte befugt war, Schenkungen im Namen des Vollmachtgebers zu tätigen. Wenn Vorsorgevollmachten erteilt sind, ist neben dem Wortlaut, der Schenkungen vielleicht ausdrücklich oder implizit[111] erlaubt, eine Prüfung des Innenverhältnisses vorzunehmen. Hier gilt der Grundsatz, dass die grundsätzliche Befugnis zu Schenkungen nicht zu einer weitgehenden Enteignung führen darf, die zu einer Beschränkung der Lebensumstände führt. In vielen Fällen ist aber nicht von vorneherein ausgemacht, dass der Schenker der Böse ist.

 

Fall

Die inzwischen demente Vollmachtgeberin errichtete eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht, durch die sie ihren Sohn bevollmächtigte, sie in allen vermögensrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten. Die Vollmacht umfasst ausdrücklich auch die Berechtigung zu Schenkungen und zum Abschluss von Übergabeverträgen. Nach Eintritt der Geschäftsunfähigkeit schenkte der Bevollmächtigte seinen Kindern für deren Ausbildung Geld aus dem Vermögen seiner Mutter.[112]

Der BGH[113] hat hierzu unter Aufhebung eines untergerichtlichen Urteils entschieden, dass nicht die Höhe und der Adressat der Schenkungen entscheidend sind, sondern Wille und Wohl des Vollmachtgebers:

Zitat

"Da die erteilte Vorsorgevollmacht ausdrücklich auch Schenkungen umfasst, folgt allein aus der Tatsache, dass der Bevollmächtigte hiervon Gebrauch gemacht hat, noch nicht seine Unredlichkeit. Konkrete Feststellungen über bestehende Beschränkungen der Schenkungsvollmacht im Innenverhältnis, insbesondere ob die vom Bevollmächtigten getroffenen Vermögensverfügungen dem früher geäußerten Willen der Betroffenen widersprachen oder sie eine konkrete Gefahr für das Wohl der Betroffenen begründeten und deshalb einen Vollmachtsmissbrauch darstellen, hat das Landgericht nicht getroffen."

 

Rz. 179

 

Hinweis

Der Rechtsanwalt ist immer schlecht beraten, wenn er sich i.R.d. Korrespondenz zum ungefilterten Sprachrohr seiner Mandanten macht. Oft finden jahrelange persönliche Konflikte ihr Ventil in Prozessen zwischen Erben und Bevollmächtigten. Dort ist aber nicht der Platz für die Aufarbeitung der Familiengeschichte. Der Austausch gegenseitiger Verletzungen senkt die Vergleichsbereitschaft erheblich. Man sollte sich daher nur auf die entscheidenden Aspekte beschränken, die den Vortrag einer Schenkung tragen oder nicht.

 

Rz. 180

Die Schenkung ist ein einseitig verpflichtender Schuldvertrag über eine unentgeltliche Zuwendung eines Vermögensvorteils aus dem Vermögen des Schenkers an einen anderen, den Beschenkten. Die Erfüllung des Vertrages, also der dingliche Teil, kann zeitgleich mit dem schuldrechtlichen Teil als sog. Handschenkung erfolgen.

 

Rz. 181

 

Beispiel

Der Bevollmächtigte hebt für den Vollmachtgeber Bargeld von dessen Konto ab. Nach Ablieferung des abgeholten Geldes an den Vollmachtgeber gibt dieser das Geld wieder zurück und erklärt dem Bevollmächtigten, er dürfe das Geld behalten, es sei geschenkt.

 

Rz. 182

Kann der Bevollmächtigte zumindest die Übergabe des Geldes nachweisen, haben die Erben regelmäßig keine Möglichkeit, gegen die Schenkung anzugehen. Bei Handschenkungen des Vollmachtgebers ist für den Bevollmächtigte nur darzulegen, dass der Vollmachtgeber ihm eine Sache (oder Geld) übergeben hat, und dies unentgeltlich erfolgen sollte.

 

Rz. 183

 

Hinweis

Wenn dem Vollmachtgeber nachweislich übergebenes Geld fehlt, ist das zunächst sein Problem bzw. das seiner Erben. Der Rechtsanwalt des Bevollmächtigten muss nicht darlegen, wo das Geld geblieben ist, auch wenn es ihm geschenkt wurde. Das Geld kann auch an Dritte verschenkt worden sein. Anders ist es zu beurteilen, wenn Sachen des Vollmachtgebers im Besitz des Bevollmächtigten sind. Dann muss dargelegt werden, wann, wo und wie die Sache unentgeltlich übergeben wurde (siehe Rdn 82 ff.).

 

Rz. 184

Die Fälle hingegen, in denen ohne ein Handeln des Vollmachtgebers das Geld auf dessen angebliche Weisung durch ein Insichgeschäft beim Bevollmächtigten landet, sind für den Bevollmächtigten weitaus heikler.

 

Rz. 185

Wenn schuldrechtlicher und dinglicher Teil der Schenkung auseinanderfallen, stellt sich die Frage, ob die Form des § 518 BGB gewahrt wurde. Bekanntlich kann das Erfordernis der notariellen Beurkundung gem. § 518 Abs. 1 BGB durch Bewirkung der Leistung geh...

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