Dieter Trimborn van Landenberg
Rz. 66
Bei einem Vorgehen gegen den Bevollmächtigten besteht die Gefahr, dass viel Geld wegen nicht ordnungsgemäß geltend gemachter Zinsen "verschenkt" wird. Gerade die zum Teil jahrelang zurückliegenden Verfügungen machen die Zinsforderung zu einem bedeutsamen Posten i.R.d. Anspruchsermittlung. Sie erhöhen für den Anspruchsteller insoweit auch die Verhandlungsmasse bei eventuellen Vergleichsverhandlungen.
a) Verzinsungspflicht gem. § 688 BGB
Rz. 67
Verwendet der Bevollmächtigte das Geld, das er dem Vollmachtgeber herauszugeben bzw. für ihn zu verwenden hat, für eigene Zwecke, muss er es gem. § 688 BGB ab diesem Zeitpunkt verzinsen.
Sinn dieser Regelung ist, dass der Bevollmächtigte den ihm nicht zustehenden Liquiditätsvorteil herauszugeben hat, ohne dass ihm ein Verschulden oder eine noch bestehende Bereicherung nachgewiesen werden muss. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Bevollmächtigte tatsächlich Zinsvorteile gezogen hat. Beweisen muss man ihm allerdings die Verwendung. Dafür genügt es nicht, dass der Bevollmächtigte das Geld dem eigenen Vermögen einverleibt, er muss es vielmehr zum eigenen Nutzen einsetzen. Dies wird immer dann anzunehmen sein, wenn der Bevollmächtigte Geld seinem eigenen Konto gutschreibt und von dort Ausgaben tätigt.
Rz. 68
Die Höhe der Zinsen richtet sich nach dem gesetzlichen Zinssatz gem. § 246 BGB i.H.v. vier Prozent. Weitergehende Ansprüche, etwa aus §§ 812 ff., 823 ff. oder 280 ff. BGB bleiben unberührt.
b) Verzinsung gem. §§ 812, 818 f. BGB
Rz. 69
Bei eigenmächtiger Geldabhebung des Bevollmächtigten, die von Anfang an nicht durch den Auftrag gedeckt ist, besteht ein Rückforderungsanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung. Gemäß § 818 Abs. 1 BGB kann der Vollmachtgeber zunächst die gezogenen Nutzungen herausverlangen. Dabei sind die tatsächlich erlangten Zinsen genauso herauszugeben wie die Zinszahlungen, die der Bereicherte z.B. durch die vorzeitige Ablösung eines eigenen Darlehens erspart hat.
Rz. 70
Die Höhe der erzielten bzw. ersparten Zinsen muss der Bereicherungsgläubiger beweisen; gelingt dies nicht, reicht es aus, wenn nach der Lebenserfahrung bestimmt wirtschaftliche Vorteile zu vermuten sind.
Rz. 71
Diesen vielleicht schwierig zu führenden Nachweis braucht der Vollmachtgeber bei der Rückforderung gegen den Bevollmächtigten in Fällen der Selbstbedienung nicht zu führen. Weil der Bevollmächtigte schon bei seiner Abhebung weiß, dass er dies nicht darf, trifft ihn die verschärfte Haftung gem. § 819 Abs. 1 BGB, wonach schon ab Kenntnis des mangelnden Rechtsgrundes Verzugsfolgen eintreten. Dann ist gem. § 288 Abs. 1 BGB mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Rz. 72
Es hilft dem Bevollmächtigten dann auch nicht viel, sich ahnungslos zu stellen. Nach der Rechtsprechung hat Kenntnis auch, wer sich der Einsicht in die Rechtsgrundlosigkeit, gemessen an dem normativen Maßstab redlich Denkender, bewusst verschließt.
c) Berechnung der Verzugszinsen
Rz. 73
Es gibt wenige Sachverhalte, in denen eine fehlerhafte Zinsberechnung so große Schäden anrichten kann, wie bei der Inanspruchnahme von Bevollmächtigten. Grob fehlerhaft sind Zahlungsaufforderungen, bei denen Zinsen erst nach Ablauf der durch Rechtsanwaltsschreiben gesetzten Frist oder – noch schlimmer – erst ab Rechtshängigkeit geltend gemacht werden.
Rz. 74
Um den gesetzlichen Verzugszinssatz möglichst früh in Ansatz bringen zu können, sind zwei Aspekte zu beachten:
Zum einen können alle Teilbeträge eigenmächtigen Vertreterhandelns gesondert verzinst werden. Hat der Bevollmächtigte z.B. über einen Zeitraum von drei Jahren jedes Jahr im Sommer 10.000 EUR vom Konto des Vollmachtgebers rechtsgrundlos abgehoben, ist der Verzugszins für jeden Teilbetrag gesondert zu berechnen.
Rz. 75
Muster 4.1: Klageantrag wegen Verzugszinsen aus Teilbeträgen
Muster 4.1: Klageantrag wegen Verzugszinsen aus Teilbeträgen
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Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 30.000 EUR zu zahlen, nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Teilbetrag i.H.v. 10.000 EUR seit dem 1.7.2014, aus einem weiteren Teilbetrag i.H.v. 10.000 EUR seit dem 1.7.2015, und weiteren 10.000 EUR seit dem 1.7.2016.
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Rz. 76
Eine Grenze der Genauigkeit ist natürlich dann vorgegeben, wenn monatlich Kleinbeträge abgeflossen sind. Hier wäre es eine Überforderung, einen seitenlangen Antrag mit Teilverzinsungsbeträgen zu formulieren. Hier kann man alternativ die Jahressummen zur teilweisen Verzinsung in den Klageantrag aufnehmen.
Rz. 77
Zum anderen sollte der Schuldner frühzeitig gem. § 286 Abs. 1 S. 2 BGB durch Mahnung in Verzug gesetzt werden. Der Verzug beginnt wohlgemerkt schon mit dem Zugang der Mahnung und nicht erst mit Ablauf einer mehr oder weniger großzügig gesetzten Frist. Deshalb sollte auch der Zugang des Aufforderungsschreibens ...