Dieter Trimborn van Landenberg
Rz. 134
Um einen Bevollmächtigten bei fehlerhaftem Verhalten haftbar zu machen, muss der Vollmachtgeber gem. § 280 Abs. 1 BGB folgende Voraussetzungen beweisen:
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das Bestehen einer vertraglichen Pflicht, |
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die Verletzung dieser Pflicht, |
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den entstandenen Schaden, und |
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die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden. |
Rz. 135
In der Praxis wird meist die Tatbestandsvoraussetzung "Pflichtverletzung" bestritten. Hier muss der Rechtsanwalt des Vollmachtgebers darlegen, welche Pflichten den Bevollmächtigten im Rahmen einer Vorsorgevollmacht treffen. Es ist auf die besondere Verantwortung für das Vermögen des Vollmachtgebers abzustellen und insofern ein hoher Haftungsmaßstab vorzutragen. Allgemein gilt, dass die Vorsorgevollmacht eine umfassende Handlungsmacht gibt. Schon aus dieser Verantwortung lässt sich ein umfassender Pflichtenkatalog ableiten. Im Besonderen ist zudem vorzutragen, warum der Bevollmächtigte einer konkreten Schutzpflicht für das Vermögen des Vollmachtgebers nicht nachgekommen ist.
Rz. 136
Hinweis
In diesem Zusammenhang kann es nicht schaden, vorsorglich die Verschuldensunabhängigkeit der Haftung zu betonen. Die Untergerichte neigen in Einzelfällen dazu, die unentgeltliche Geschäftsbesorgung als Gefälligkeit, die keine Haftung auslösen kann, zu qualifizieren. Besonders bei "unbedarften" Bevollmächtigten wird dieses Argument von Vertretern gerne als juristischer Rettungsanker ausgeworfen.
Rz. 137
Als Rechtsanwalt des Bevollmächtigten hat man unter Beweis zu stellen, warum der Bevollmächtigte einen Schaden nicht zu vertreten hat.
Rz. 138
Beispiel
Die Vollmachtgeberin überlässt dem Bevollmächtigten ihren Schmuck, damit er ihn bestmöglich verkaufen soll. Nach einer Woche kommt der Bevollmächtigte ohne Schmuck und ohne Geld zur Vollmachtgeberin und berichtet, dass er einem Trickdieb aufgesessen sei. Dieser habe den Schmuck unter der Vorgabe, er sei Kaufinteressent, in Augenschein genommen und sei dann mit dem gesamten Schmuck ohne zu zahlen verschwunden.
Die Vollmachtgeberin verlangt vom Bevollmächtigten den Wert des Schmucks ersetzt. Der Bevollmächtigte beruft sich darauf, das könne jedem passieren, also sei er nicht zum Schadensersatz verpflichtet.
Rz. 139
Einen Anspruch auf den Schmuck hat die Vollmachtgeberin nicht, weil dies wegen des Diebstahls gem. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich ist (siehe Rdn 209 ff.).
Die Frage, wer wem etwas nachzuweisen hat, löst die Rechtsprechung in diesen Fällen nach dem Grundsatz, dass die Beweislastverteilung sich an den jeweiligen Verantwortungsbereichen zu orientieren hat. Somit muss der Nachweis, was mit anvertrauten Gegenständen passiert ist, der Bevollmächtigte führen. Im Beispielsfall hat der Bevollmächtigte folglich zu beweisen, dass er die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz vor Diebstahl getroffen hat. Gelingt ihm dieser Beweis nicht, muss er Schadensersatz leisten.
Rz. 140
Bei der Verfügung über Gegenstände des Vollmachtgebers ist die Bezifferung des Schadens ein häufiges Problem. Wie sollen Erben substantiiert darlegen, dass der Bevollmächtigte z.B. über Kunst und Antiquitäten von großem Wert verfügt hat und dadurch dem Vermögen ein Schaden entstanden ist? In den wenigsten Fällen haben die Erben aussagekräftige Unterlagen, z.B. in Form von Kaufbelegen oder Expertisen. Gleichwohl ist es im Hinblick auf eine richterliche Schadensschätzung gem. § 287 Abs. 1 ZPO wichtig, möglichst viele Anhaltspunkte zur Ermittlung der Schadenshöhe zu finden.
Rz. 141
Hinweis
Gemälde, Möbel und Antiquitäten sind auf Familienfotos im Hintergrund zu erkennen. Mandanten ist daher zu raten, in alten Fotoalben nach brauchbaren Fotos zu suchen.
Eine Nachfrage bei der Hausratversicherung kann den Erben des Vollmachtgebers möglicherweise Aufschluss über den Wert einzelner Gegenstände aus der zwischenzeitlich aufgelösten Wohnung des Erblassers geben. Bei Sammlern kann es vorkommen, dass regelmäßig der Versicherungsbedarf im Rahmen einer Hausbegehung aktualisiert wird. Die Unterlagen der Versicherung sind dann sehr wertvoll. Dieses Vorgehen lohnt sich aber nur bei einem besonders werthaltigen Hausstand.
War bekannt, dass der Erblasser seine Sammelobjekte bei bestimmten Händlern gekauft hat, können diese auch befragt werden. Je nach Zeitpunkt des Kaufs sind dort noch Belege vorhanden, die kopiert werden können, wenn der Händler kooperationsbereit ist.
Den Vertretern des Bevollmächtigten ist zu raten, schriftliche Zeugenaussagen der bei einer Hausräumung beteiligten Personen zu sammeln, die Auskunft über die Zusammensetzung des Hausrates machen können.