Rz. 455
Sachlich zuständig ist gemäß §§ 23a Abs. 1 Nr. 1, 23b GVG in Verbindung mit §§ 111 Nr. 1, 121 Nr. 1 FamFG das Amtsgericht als Familiengericht. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 122 FamFG. Die dort aufgelistete Reihenfolge von Nr. 1 bis 6 ist zwingend einzuhalten. Eine vorhergehende Zuständigkeit schließt jede nachfolgende aus.
Rz. 456
Gemäß § 122 Nr. 1 FamFG ist zunächst zu prüfen, ob die Ehegatten gemeinsame minderjährige Kinder haben. Denn es ist das Gericht ausschließlich örtlich zuständig, in dessen Bezirk einer der Ehegatten mit den Kindern seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Gewöhnlicher Aufenthaltsort ist derjenige, an dem sich die jeweilige Person ständig oder für längere Zeit, also nicht nur vorübergehend, aufhält. Kennzeichnend dafür sind sowohl das Vorhandensein des Schwerpunktes der sozialen Beziehungen als auch eine gewisse Dauerhaftigkeit. Lebt nur ein Teil der gemeinschaftlichen Kinder bei einem Ehegatten, bei dem anderen hingegen kein gemeinschaftliches Kind, ist das Gericht ausschließlich örtlich zuständig, in dessen Bezirk der erstgenannte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, § 122 Nr. 2 FamFG. Bei Vorhandensein gemeinsamer Kinder ist also ein besonderes Augenmerk auf deren gewöhnlichen Aufenthaltsort zu legen. Dafür ist auf den Schwerpunkt der sozialen und familiären Bindungen des Kindes sowie auf ihren Daseinsmittelpunkt abzustellen. Es kommt auf rein tatsächliche Verhältnisse an.
Rz. 457
Ist das Kind umgezogen, ist auf die Dauer des neuen Aufenthalts sowie auf die Bildung neuer Beziehungen abzustellen. Ein kurzfristiger Aufenthalt reicht nicht aus, um einen gewöhnlichen Aufenthaltsort zu begründen. Sobald allerdings ein Zeitraum von sechs Monaten überschritten ist, kann nicht mehr von einer Kurzfristigkeit gesprochen werden. Wurde der Aufenthalt des Kindes rechtswidrig verlegt, kommt es zusätzlich darauf an, ob eine Rückführung des Kindes vor dessen sozialer Eingliederung gerichtlich durchzusetzen ist. Letzteres kann eine Rolle spielen, wenn ein Elternteil das gemeinsame Kind bei seinem Auszug aus der ehelichen Wohnung ohne Rücksprache und Einverständnis mit dem anderen einfach mitgenommen hat. Der gewöhnliche Aufenthaltsort ist dann zumindest noch bis sechs Monate nach Auszug in der ehemaligen Wohnung. Die örtliche Zuständigkeit für die Ehescheidungssache wäre nach wie vor der Ort, an dem das Kind zuvor gewohnt hat.
Rz. 458
Sind mehrere gemeinsame Kinder vorhanden und diese auf die beteiligten Eltern verteilt, dann ist weder § 122 Nr. 1 noch Nr. 2 FamFG anwendbar. Ebenso sieht es in den Fällen aus, in denen es keine gemeinsamen Kinder gibt. Dann ist § 122 Nr. 3 FamFG einschlägig. Es ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt gehabt haben, wenn einer der Ehegatten bei Eintritt der Rechtshängigkeit noch immer seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bezirk des Gerichts des letzten gemeinsamen Aufenthalts hat.
Rz. 459
Ist auch diese Alternative nicht einschlägig, sind also beide Ehegatten nach der Trennung jeweils aus dem Gerichtsbezirk weggezogen, in dem sie zuvor ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsort gehabt haben, ist nach § 122 Nr. 4 FamFG das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Dabei ist Antragsgegner derjenige, der nicht den Scheidungsantrag gestellt hat. Reichen beide Ehegatten Scheidungsanträge ein, ist Antragsgegner derjenige, dem die Antragsschrift (zuerst) zugestellt worden ist.
Rz. 460
Lässt sich der gewöhnliche Aufenthaltsort des Antragsgegners nicht ermitteln oder verfügt er über keinen gewöhnlichen Aufenthaltsort im Inland, kommt es auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Antragstellers an. Haben schließlich weder der Antragsteller noch der Antragsgegner einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, dann ist gemäß § 122 Nr. 6 FamFG das Amtsgericht Schöneberg in Berlin zuständig.
Rz. 461
Eine Gerichtsstandsvereinbarung zwischen den Ehegatten, beispielsweise im Rahmen eines Ehe- oder Scheidungsvertrages, ist unwirksam. Denn es steht den Beteiligten aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen ausschließlichen Zuständigkeit des jeweiligen Amtsgerichts nicht zu, einen anderen Gerichtsstand durch Vereinbarung oder durch rügeloses Einlassen zur Hauptsache zu vereinbaren, § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG in Verbindung mit § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO. Sind die Ehegatten also beispielsweise beide von dem zuvor gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt weggezogen, einer in den Norden, einer den Süden, können sie sich nicht wirksam darauf verständigen, ihre Scheidung örtlich in der Mitte zwischen den beiden neuen Aufenthaltsorten aussprechen zu lassen. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich auch bei Einigkeit der Ehegatten dahingehend nur nach § 122 FamFG. Gibt es Streit über die Zuständigkeit verschiedener Amtsgerichte, dann wird die Zuständigkeit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 bzw. Nr. 4 FamFG durch das nächsthöhere gemeinsame...