Rz. 386
Im Unterschied zum Ehevertrag, der zu einem Zeitpunkt geschlossen wird, in dem keine konkrete Scheidungssituation absehbar ist, handelt es sich bei einer Scheidungsvereinbarung um eine Regelung über eine konkret bevorstehende oder bereits anhängige Scheidung. Die Ehe ist zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits gescheitert. Grundsätzlich ist die Frage nach der Formbedürftigkeit der Scheidungsvereinbarung nicht anders als zu beurteilen als bei einem Ehevertrag. Dementsprechend bedarf es der notariellen Beurkundung dann, wenn güterrechtliche Regelungen (§§ 1408 Abs. 1, 1410 BGB), Versorgungsausgleich (§§ 1408 Abs. 2, 1410 BGB), nachehelicher Unterhalt vor Rechtskraft der Scheidung (§ 1585c S. 2 BGB), Erbvertrag (§ 2274 BGB) oder Grundstücke (§ 311b BGB) Inhalt der Vereinbarung sind. Sobald güterrechtliche Regelungen oder der Versorgungsausgleich betroffen sind, bedarf es zusätzlich noch der gleichzeitigen Anwesenheit der Ehegatten vor dem Notar.
Rz. 387
Der wesentliche Unterschied zu einem Ehevertrag besteht darin, dass die Billigkeitskontrolle des BGH für Scheidungsvereinbarungen nur eingeschränkt angewendet wird. Insbesondere spielt hierbei die Ausübungskontrolle, die ihm Rahmen der bei Eheschließung abgeschlossenen Eheverträge von großer Bedeutung ist, keine Rolle mehr. Denn bei der Ausübungskontrolle wird in der Regel überprüft, ob es von einem Ehegatten rechtsmissbräuchlich ist, sich zum Zeitpunkt der Scheidung auf eine Vereinbarung zu berufen, die unter anderen Umständen zu einem anderen Zeitpunkt, nämlich demjenigen der Eheschließung, getroffen wurde. Das ist dann der Fall, wenn sich im konkreten Fall die Lebensumstände in nicht vorhersehbarer Weise geändert haben (beispielsweise Geburt eines behinderten Kindes). Bei einer Scheidungsvereinbarung ist aber, anders als beim Abschluss eines Ehevertrages, die Ehe bereits gescheitert. Eine Änderung der Ehekonstellation kann nicht mehr erfolgen. Für eine isolierte Ausübungskontrolle ist kein Raum mehr, diese fällt quasi mit der Wirksamkeitskontrolle zusammen. Dementsprechend ist für den Fall, dass eine Scheidungsvereinbarung vorliegt, lediglich eine Inhaltskontrolle anhand der vom BGH und BVerfG entwickelten Grundsätze vorzunehmen. Hält die Vereinbarung dieser Inhaltskontrolle nicht stand, ist die Vereinbarung nichtig. Einer Ausübungskontrolle bedarf es nicht.
Rz. 388
Haben Ehegatten keinen Ehevertrag abgeschlossen und sind im Rahmen eines Ehescheidungsverfahrens mehrere Punkte streitig oder zur Klärung offen, sollte grundsätzlich auf eine Scheidungsvereinbarung hingewirkt werden. Sämtliche Gegenstände können dann gegebenenfalls einvernehmlich geregelt werden, Gerichtskosten gespart werden. Auch die Zustimmung zur Scheidung kann in einer Scheidungsvereinbarung erteilt werden.
Rz. 389
Hinweis
Eine Scheidungsvereinbarung ist eine Regelung über eine konkret bevorstehende Scheidungssituation, während ein Ehevertrag im engeren Sinne zum Zeitpunkt der Eheschließung oder vorher geschlossen wurde und sich auf den abstrakten Fall einer Scheidung in ungewisser Zukunft bezieht.
Der notariellen Beurkundung einer Scheidungsvereinbarung bedarf es, wenn güterrechtliche Regelungen (§§ 1408 Abs. 1, 1410 BGB), Versorgungsausgleich (§§ 1408 Abs. 2, 1410 BGB), nachehelicher Unterhalt vor Rechtskraft der Scheidung (§ 1585c S. 2 BGB), Erbvertrag (§ 2274 BGB) oder Grundstücke (§ 311b BGB) Inhalt der Vereinbarung sind.
Im Rahmen der Billigkeitskontrolle der Scheidungsvereinbarung spielt die Ausübungskontrolle faktisch keine Rolle mehr, sondern die Vereinbarung ist nur noch anhand der Inhaltskontrolle zu überprüfen.