Rz. 418
Zu überlegen ist, ob die mit einer Ehescheidung verbundenen Gerichts- und Rechtsanwaltskosten steuerlich abgesetzt werden können. Bis zum 29.6.2013 galt die Fassung des § 33 Abs. 2 EStG, nach der auf Antrag die Einkommensteuer ermäßigt wird, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstands erwachsen. Eine Zwangsläufigkeit in diesem Sinne lag vor, wenn der Steuerpflichtige sich diesen Aufwendungen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen konnte und somit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig waren und einen angemessenen Betrag nicht überstiegen. Hierzu wurde die Ansicht vertreten, dass das Recht der Ehescheidung allein dem staatlich dafür vorgesehenen Verfahren unterliege und es kein anderes, billigeres Verfahren mit gleichem Erfolg gebe. Deshalb müsse dann geltend gemacht werden können, dass es sich bei den in diesem Zuge entstehenden Kosten um außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 Abs. 1 EStG handele. Diese Ansicht entsprach jedenfalls auch der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der Zivilprozesskosten, die der jeweiligen Partei aus rechtlichen Gründen zwangsläufig entstünden, als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt.
Rz. 419
Seit dem 30.6.2013 gilt eine neue Fassung des § 33 Abs. 2 EStG. Der Absatz 2 wurde um einen Satz 4 mit dem Inhalt ergänzt: "Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können." Mit dieser Gesetzesänderung wurde die Entwicklung in der Rechtsprechung, Verfahrenskosten für ein Scheidungsverfahren wegen der Unvermeidbarkeit der Zuhilfenahme der staatlichen Einrichtungen vollumfänglich als Sonderausgaben absetzen zu können, gekippt. Nunmehr sind Kosten für ein Scheidungsverfahren ebenso wie sämtliche anderen Verfahrenskosten nur noch dann als Sonderausgaben absetzbar, wenn derjenige, der das Verfahren führt, ohne das Verfahren seine Existenzgrundlage verlieren würde.
Rz. 420
Hinweis
Bis zum 29.6.2013 war es möglich, die Verfahrenskosten für ein Scheidungsverfahrens steuerrechtlich als Sonderausgaben abzusetzen.
Seit dem 30.6.2013 ist dies nicht mehr ohne weiteres möglich. Notwendig für die steuerliche Geltendmachung der Verfahrenskosten wäre die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Verfahrensbeteiligten.