Rz. 182
Ehewohnungssachen nach § 1361b BGB sind gemäß § 111 Nr. 5 FamFG Familiensachen, die der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterliegen. Das hat zunächst zur Folge, dass nur die Regeln des FamFG zur Anwendung kommen und nicht diejenigen der ZPO, da § 113 FamFG, der im Falle von Familienstreitsachen auf die Regeln der ZPO verweist, nicht gilt. Außerdem gilt nicht der Beibringungsgrundsatz, sondern gemäß § 26 FamFG der Amtsermittlungsgrundsatz. Den Beteiligten obliegt damit keine Darlegungs- und Beweislast, sondern lediglich eine materielle Feststellungslast.
Rz. 183
Sachlich zuständig ist gemäß §§ 23a Abs. 1 Nr. 1, 23b Abs. 1 GVG das Amtsgericht – Familiengericht. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 201 FamFG. Danach beurteilt sich die ausschließliche örtliche Zuständigkeit eines Familiengerichts zunächst danach, ob und wo bereits eine Ehesache im ersten Rechtszug anhängig ist, § 201 Nr. 1 FamFG. Ist oder war keine Ehesache anhängig, ist auf den Bezirk abzustellen, in dem sich die gemeinsame Wohnung der Ehegatten befindet, § 201 Nr. 2 FamFG. Hatten die Ehegatten keine gemeinsame Wohnung oder haben sie zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr in der Ehewohnung, wird auf den Bezirk zurückgegriffen, in dem der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, § 201 Nr. 3 FamFG. Der gewöhnliche Aufenthalt ist der Ort, der den Schwerpunkt der sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen darstellt und auf Dauer angelegt ist. Lässt sich dieser Ort nicht ermitteln, ist schließlich das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, § 201 Nr. 4 FamFG. Die Zuständigkeit des Gerichts kann sich in dem Moment ändern, in dem eine Ehesache anhängig wird, § 202 FamFG. Grundsätzlich erfolgt die Verweisung an das dann zuständige Gericht aber von Amts wegen und muss nicht beantragt werden.
Rz. 184
Das Wohnungszuweisungsverfahren wird durch Antrag eines Ehegatten eingeleitet, § 203 Abs. 1 FamFG. Es kann auch derjenige Antragsteller sein, der selbst nicht die Trennung betreibt.
Rz. 185
Um eine spätere Zwangsvollstreckung zu ermöglichen und zu erleichtern, muss der Antrag die Wohnung und deren örtliche Gegebenheiten so konkret wie möglich beschreiben. Soweit neben der Wohnungszuweisung außerdem verlangt wird, dass der andere Ehegatte die Wohnung räumt, also seine persönlichen Gegenstände aus der Wohnung holt, sollte der Antrag hierhingehend erweitert werden. Denn ein Titel auf Wohnungszuweisung allein enthält noch keinen Räumungstitel. Zu beachten ist dabei allerdings der Inhalt des § 885 Abs. 2 ZPO. Der Gerichtsvollzieher würde danach die komplette Wohnung räumen, also im Falle des Vorliegens eines Räumungstitels sämtliche Einrichtungsgegenstände entfernen. Deshalb ist, sollte Räumung beantragt werden, klarzustellen, dass § 885 Abs. 2 ZPO keine Anwendung finden soll. Um außerdem zu verhindern, dass die Gegenseite noch die Schlüssel zu der Wohnung oder den Nebenräumen in seinem Besitz hat, sollte die Herausgabe des Wohnungsschlüssels beantragt werden. Dasselbe gilt für einen Briefkastenschlüssel, Kellerschlüssel oder ähnliches.
Rz. 186
Auf Seiten desjenigen, der der Wohnung verwiesen wird, ist auf einen Antrag auf Nutzungsvergütung zu achten, soweit die Voraussetzungen hierfür vorliegen sollten.
Rz. 187
Außerdem soll der Antrag die Angabe enthalten, ob Kinder im Haushalt leben, § 203 Abs. 3 FamFG. Ist das der Fall, wird das Jugendamt angehört, § 205 Abs. 1 FamFG. Beteiligter des Verfahrens wird das Jugendamt nur, wenn es dies beantragt, § 204 Abs. 2 FamFG. Nach § 205 Abs. 2 S. 2 FamFG steht ihm dann ein eigenes Beschwerderecht gegen den Beschluss des Familiengerichts zu. Andere Dritte sind per se Beteiligte des Verfahrens, zum Beispiel der Vermieter der streitgegenständlichen Wohnung oder der Grundstückseigentümer, § 204 Abs. 1 FamFG. Ihnen sind die Anträge und Entscheidungen in den sie betreffenden Teilen bekanntzugeben.
Rz. 188
Das Gericht wird in einem Verfahren, die Ehewohnung betreffend, einen Termin und das hierfür erforderliche persönliche Erscheinen der Beteiligten anordnen, § 207 FamFG.
Rz. 189
Die Entscheidung über die Wohnungszuweisung wird mit formeller Rechtskraft wirksam, § 209 Abs. 2 FamFG, also dann, wenn die Frist zur Einlegung eines statthaften Rechtsmittels oder -behelfs abgelaufen ist. Das Gericht kann aber gemäß § 209 Abs. 2 S. 2 FamFG die sofortige Wirksamkeit anordnen. Dann wird der Beschluss mit Bekanntgabe an den Antragsgegner wirksam. Die Bekanntgabe richtet sich nach § 41 FamFG. Gemäß Abs. 1 S. 2 erfolgt Bekanntgabe an einen Abwesenden durch Zustellung, gemäß Abs. 2 S. 1 an Anwesende durch Verlesen der Beschlussformel.
Rz. 190
Wichtig ist, dass aus dem Titel wegen Wohnungszuweisung und gegebenenfalls Räumung mehrfach vollstreckt werden kann, § 96 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 FamFG. Der Ehegatte, dem die Ehewohnung zugewiesen wurde, kann also aus demselben Titel mehrfach vollstrecken, derselb...