Rz. 329
§§ 1313 ff BGB regelt die Aufhebung der Ehe. Die Aufhebung vollzieht sich durch richterliche Entscheidung und kommt in Betracht, wenn die Ehe zum Zeitpunkt der Eheschließung mit Eingehungsmängeln behaftet war. Die Aufhebungsgründe sind in §§ 1306 ff. BGB geregelt.
Rz. 330
Ist eine Ehe mit Eingehungsmängeln zustande gekommen, ist sie nicht nichtig. Sie ist also nicht als von Anfang an ohne Wirksamkeit anzusehen, sondern sie wird erst nach einer durch das Gericht erklärten Aufhebung der Ehe für die Zukunft aufgelöst. Im Ergebnis und Unterschied zur Ehescheidung, die in der Regel aus erst nach Eheschließung entstandenen Gründen vorgenommen werden wird, sanktioniert der Gesetzgeber eine trotz Vorliegens von Eingehungsmängeln zustande gekommene Eheschließung.
Rz. 331
Hinweis
Die Einleitung eines Ehescheidungsverfahrens kommt aus Gründen in Betracht, die erst nach Eheschließung entstanden sind.
Die Einleitung eines Eheaufhebungsverfahrens hingegen geschieht aus Gründen, die bereits bei Eheschließung vorlagen.
I. Anwaltszwang und Kosten
Rz. 332
Ein Verfahren auf Aufhebung der Ehe ist eine Ehesache gemäß § 121 Nr. 2 FamFG. Deshalb besteht gemäß § 114 Abs. 1 FamFG die Notwendigkeit, sich in einem gerichtlichen Verfahren anwaltlich vertreten zu lassen.
Rz. 333
Die Kostenfrage läuft gleich mit den Regelungen zur Scheidung. Dasselbe gilt für die Ermittlung des Verfahrenswertes. Es findet, ebenso wie bei einem Ehescheidungsverfahren, § 43 FamGKG Anwendung. Nach § 43 Abs. 1 FamGKG ist der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht unter 3.000 EUR und nicht über 1.000.000 EUR angenommen werden. Gemäß § 43 Abs. 2 FamGKG ist für die Ermittlung der Einkommensverhältnisse das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beider Ehegatten einzusetzen.
Rz. 334
Hinweis
Soll ein Eheaufhebungsverfahren betrieben werden, herrscht Anwaltszwang.
Die Höhe der zu erwartenden Kosten errechnet sich wie die Kostenhöhe bei einem Scheidungsverfahren.
II. Vorteile bzw. Nachteile gegenüber Scheidungsverfahren
Rz. 335
Es kann vorkommen, dass zur Beendigung einer Ehe sowohl die Möglichkeit einer Ehescheidung als auch die einer Eheaufhebung besteht. Dann muss geprüft werden, welche der beiden Alternativen im konkret vorliegenden Fall vorteilhafter ist.
Rz. 336
Zur Beurteilung dessen sind folgende Punkte zu berücksichtigen:
▪ |
Um ein Verfahren auf Aufhebung der Ehe einzuleiten, bedarf es nicht des Ablaufs eines Trennungsjahres. Der Antrag kann stattdessen unverzüglich bei Gericht eingereicht werden. |
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Die Vorschriften über den Verbund (§§ 137 ff. FamFG) gelten nur für das Scheidungsverfahren, nicht aber für das Verfahren auf Aufhebung der Ehe. |
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Die Folgen der Eheaufhebung sind nicht identisch mit den Folgen der Ehescheidung. Anders als bei der Ehescheidung entstehen Unterhaltsansprüche als Folge einer Eheaufhebung beispielsweise nur in den in § 1318 Abs. 2 bis 4 BGB genannten Fällen. |
Rz. 337
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte kann entweder die Einleitung eines Ehescheidungsverfahrens oder aber die Einleitung eines Eheaufhebungsverfahrens sinnvoller sein. Wird beispielsweise ein potentiell Unterhaltsberechtigter vertreten, dem Unterhaltsansprüche nach einer Eheaufhebung nicht zustehen würden, hingegen aber nach einer Ehescheidung schon, wäre die Misslichkeit des Trennungsjahres hinzunehmen, um schließlich im Rahmen des Scheidungsverfahrens samt Folgesachen Unterhaltsansprüche geltend machen zu können.
III. Verfahren
Rz. 338
Das Aufhebungsverfahren ist weitgehend dem Scheidungsverfahren nachgebildet. Das gilt insbesondere für die sachliche und örtliche Zuständigkeit sowie für die Form der Antragsschrift (§§ 111 Nr. 1, 122, 113 Abs. 5 FamFG). Anders aber als das Ehescheidungsverfahren kennt das Aufhebungsverfahren keinen Verbund. Soweit also Unterhalts-, Zugewinn- oder Versorgungsausgleichsansprüche für den die Eheaufhebung begehrenden Mandanten geltend gemacht werden sollen, müssen diese als eigenständige Familiensachen isoliert voneinander behandelt werden.
1. Antragsberechtigung
Rz. 339
§ 1316 BGB regelt die Antragsberechtigung im Eheaufhebungsverfahren. Antragsberechtigt sind in der Regel die Ehegatten. Aber in Einzelfällen können auch die oben genannten Verwaltungsbehörden oder ein anderweitig Betroffener (der Erstehepartner bei Doppelehe) antragsberechtigt sein, § 1316 Abs. 1 BGB.
Rz. 340
Wenn die Verwaltungsbehörde (im Falle des § 1316 Abs. 1 Nr. 1 BGB) oder aber der Dritte (der erste Ehegatte im Falle der Doppelehe) einen Antrag auf Aufhebung der Ehe stellen, ist dieser Antrag stets gegen beide Ehegatten zu richten, § 129 Abs. 1 FamFG. Sowohl die Behörde als auch der Dritte sind dann Beteiligte des Verfahrens.
Rz. 341
Hinweis
Antragsberechtigt sind die Ehegatten.
In den gesetzlich normierten Fällen sind neben den Ehegatten die Verwaltungsbehörde oder ein a...