Rz. 13
Der Standesbeamte ist gehalten, zu prüfen, ob der Eheschließung ein Ehehindernis entgegensteht, § 5 Abs. 2 S. 1 Personenstandsgesetz. Erst, wenn er keine Hindernisse erkennt, teilt er den Verlobten mit, dass er die Eheschließung vornehmen kann, § 6 Abs. 1 S. 1 Personenstandsgesetz. Für die Prüfung von Ehehindernissen werden in der Regel Gebühren per Bescheid in Rechnung gestellt.
Sind seit der Mitteilung, dass die Eheschließung vorgenommen werden kann, mehr als sechs Monate vergangen, ohne dass die Ehe geschlossen wurde, bedarf es nach § 6 Abs. 1 S. 2 Personenstandsgesetz erneut einer Anmeldung. Nur dann, also bei erneuter Anmeldung, können die Partner heiraten. Der Standesbeamte soll geprüft haben, dass die in §§ 1303, 1304 BGB normierten Voraussetzungen vorliegen und die in §§ 1306 ff. BGB normierten Eheverbote nicht vorliegen. Gegen die Entscheidung des Standesbeamten ist der Verwaltungsgerichtsweg eröffnet.
Rz. 14
Neben den rein formalen Voraussetzungen prüft der Standesbeamte auch, ob die Eheschließenden eine Lebensgemeinschaft auf Lebenszeit schließen wollen. Ist das nicht der Fall, handelt es sich um eine Scheinehe. Er muss dann ebenso wie bei Fehlen der formalen Voraussetzungen, die Mitwirkung an der Eheschließung verweigern.
Rz. 15
Hinweis
Der Standesbeamte überprüft von Amts wegen das Vorliegen von Aufhebungsgründen.
Gegen die Entscheidung des Standesbeamten ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.
1. Ehemündigkeit
Rz. 16
Ist ein Ehegatte bei Eheschließung minderjährig, ist er eheunmündig. Die Ehe ist aufhebbar, § 1303 BGB. Der Standesbeamte soll seine Mitwirkung verweigern, wenn bekannt ist, dass beide oder ein Ehegatte minderjährig sind bzw. ist.
Rz. 17
Es besteht nach § 1303 Abs. 2 BGB die Möglichkeit, beim Familiengericht einen Antrag auf Befreiung von der Voraussetzung der Ehemündigkeit zu stellen. Voraussetzung für eine positive Bescheidung ist, dass der Antragsteller das 16. Lebensjahr vollendet hat und sein künftiger Ehegatte volljährig ist. Wegen des grundgesetzlichen Schutzes aus Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG besteht ein Rechtsanspruch auf Befreiung. Der Antrag ist zu versagen, wenn eine Gesamtbewertung aller für und gegen die Eheschließung sprechenden Umstände ergibt, dass das Wohl des Antragstellers voraussichtlich beeinträchtigt sein wird. Maßgebliches Kriterium hierfür ist der Schutz des Wohls des Minderjährigen. Dabei ist zu prüfen,
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ob eine echte wechselseitige Bindung zwischen den Partnern besteht, |
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sie die mit der Ehe verbundenen Pflichten übernehmen können und wollen und |
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die notwendigen wirtschaftlichen Grundlagen für die Ehe gegeben sind. |
Rz. 18
Verweigert der Standesbeamte trotz Eheunmündigkeit seine Mitwirkung nicht, kommt die Ehe wirksam zustande, ist also nicht nichtig, sondern aufhebbar. Folge ist die Anwendbarkeit des § 1318 BGB. Danach kann jeder Ehegatte von dem anderen die Zahlung von nachehelichen Unterhalt verlangen, wenn dem volljährigen Ehegatten die fehlende Ehemündigkeit des anderen bei Eheschließung verborgen geblieben ist. Folge kann dem Wortlaut nach auch das Entstehen von Unterhaltsansprüchen des volljährigen gegen den minderjährigen Ehegatten sein. Das aber dürfte nicht konform mit dem Schutz des Minderjährigen sein. War dem volljährigen Ehegatten die fehlende Ehemündigkeit bekannt, ist ein Unterhaltsanspruch des Volljährigen ohnehin ausgeschlossen. Ebenfalls ausgeschlossen ist der Anspruch auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt, wenn bei Eheschließung beide Ehegatten bösgläubig waren, also beide um die fehlende Ehemündigkeit und der rechtlichen Auswirkung dessen wussten.
Rz. 19
Hinweis
Ehemündigkeit liegt mit Eintritt der Volljährigkeit vor.
War ein Ehegatte bei Eheschließung nicht volljährig, fehlt es an der gesetzlich vorgeschriebenen Eheschließungsvoraussetzung der Ehemündigkeit.
Der Minderjährige, der das 16. Lebensjahr vollendet hat und dessen zukünftiger Ehegatte bereits volljährig ist, hat einen Anspruch gegen den Staat auf Befreiung von dem Erfordernis der Ehemündigkeit.
Die Befreiung von dem Erfordernis der Ehemündigkeit kann verweigert werden, wenn dies nicht dem Schutz des Wohls des Minderjährigen entsprechen würde.
Folge einer Eheschließung trotz fehlender Ehemündigkeit bzw. trotz fehlender Befreiung von der Ehemündigkeit ist die Aufhebbarkeit der Ehe.
Wurde die Ehe aufgehoben, entstehen zwischen den Ehegatten gegenseitige Unterhaltsansprüche. Das gilt nicht für den bösgläubigen (volljährigen) Ehegatten.