Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 105
Mit Trennung der Eheleute tritt die Verpflichtung zur Zahlung von Trennungsunterhalt an die Stelle des Familienunterhalts. Trennungsunterhalt ist ebenso wenig identisch mit Familienunterhalt wie schließlich nachehelicher Unterhalt mit Trennungsunterhalt identisch ist. Letzteres betrifft ebenso die Voraussetzungen wie die Höhe des Unterhalts, die Laufzeit des Anspruchs ebenso wie die Abänderbarkeit von Entscheidungen.
Trennungsunterhalt und nachehelicher Unterhalt weisen allerdings wesentliche Unterschiede auf. Nur soweit die nachstehenden Besonderheiten beachtet werden, kann die Unterhaltsbemessung für Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt nach einheitlichen Grundsätzen vorgenommen werden:
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Während des Trennungszeitraums gewährt der Gesetzgeber eine umfassende Bedürfnissicherung entsprechend den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Trennungsunterhaltsanspruch ist anders als der nacheheliche Unterhalt nicht in bestimmte Unterhaltstatbestände aufgespalten und auch nicht von den – bedeutsamen – Einsatzzeitpunkten abhängig. |
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Der bedürftige Ehegatte nimmt während der Trennung grundsätzlich an Veränderungen der ehelichen Lebensverhältnisse teil. Eine Begrenzung oder Befristung des Bedarfs nach § 1578b BGB ist nicht vorgesehen. |
Rz. 106
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Altersvorsorgeunterhalt entsteht nicht schon mit der Trennung, sondern erst mit der Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens, § 1361 Abs. 1 S. 2 BGB. Dies folgt aus dem Ehezeitende beim Versorgungsausgleich gem. § 3 Abs. 1 VersAusglG. |
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Trennungsunterhaltsansprüche sollen nicht zu einer Zerschlagung der wirtschaftlichen Grundlagen der Ehe und zu einer Verfestigung der Trennung führen. |
Rz. 107
Hinweis
Die Erwerbsobliegenheit des bedürftigen, getrennt lebenden Ehegatten ist weniger streng ausgeprägt als nach endgültigem Scheitern oder nach Scheidung der Ehe.
Rz. 108
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Weniger streng sind auch die Anforderungen an die Verwertung des Vermögensstamms oder beim Ansatz von Wohnvorteilen. |
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Weniger streng ist auch die Beurteilung der Erwerbsobliegenheit bei Kindesbetreuung. |
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Der in Trennung lebende verpflichtete Ehegatte kann sich nur unter erschwerten Voraussetzungen auf fehlende Leistungsfähigkeit berufen. |
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Auf Trennungsunterhalt kann nur unter engen Voraussetzungen verzichtet werden (§§ 1361 Abs. 4 S. 4, 1360a Abs. 3, 1614 BGB). |
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Der getrennt lebende, nicht jedoch der geschiedene Ehegatte kann Verfahrenskostenvorschuss vom Ehegatten verlangen, §§ 1361 Abs. 4 S. 4, 1360a Abs. 4 BGB. |
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Die Betreuung nicht aus der Ehe stammender Kinder kann beim Trennungsunterhalt eine Erwerbsobliegenheit ausschließen und Unterhaltsansprüche begründen. |
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Der Trennungsunterhalt kann nicht im Scheidungsverbund anhängig gemacht werden, §§ 137 FamFG, 623 ff. ZPO. Folgesachen stehen im Eventualverhältnis zur Ehescheidung, sind nur hilfsweise für den Fall der Ehescheidung gestellt. |
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Trennungsunterhalt und Familienunterhalt sind nicht identisch. Deshalb löst ein Verzug mit Familienunterhalt keinen Verzug mit Trennungsunterhalt aus. Die Inverzugsetzung ist separat erforderlich. |
Rz. 109
Hinweis
Der berechtigte Ehegatte hat häufig kein Interesse an einer beschleunigten Scheidung. Er kann während des Trennungsunterhaltszeitraums Ehegattenunterhaltsansprüche regelmäßig sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unter erleichterten Voraussetzungen geltend machen. Erst mit der Einleitung des Scheidungsverfahrens verliert er überdies die Teilhabe an der Altersversorgung (Versorgungsausgleich) sowie am Vermögen (Zugewinnausgleich) des Verpflichteten.
Rz. 110
Der berechtigte Ehegatte lässt nicht selten zur Vermeidung der Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses Beschwerde einlegen, um für den Zeitraum des Beschwerdeverfahrens den Trennungsunterhaltsanspruch aufrecht zu erhalten.
Dagegen hat der Verpflichtete ein Interesse daran, den Scheidungsantrag möglichst kurzfristig einzureichen, um z.B. den Anspruchszeitraum wegen Trennungsunterhalt abzukürzen.
Rz. 111
Hinweis
Der beratende Anwalt muss beachten, dass die Unterhaltsansprüche für Trennungs- und nachehelichen Unterhalt nicht identisch sind und eine gesonderte Geltendmachung und Titulierung entsprechender Ansprüche notwendig ist.