Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 662
Weitere Voraussetzung zur Erlangung von Altersunterhalt nach § 1571 BGB ist das Vorliegen einer Einsatzzeit nach § 1571 Nr. 1 – 3 BGB, also Scheidung, Beendigung der Kindesbetreuung oder Wegfall des Unterhaltsanspruchs nach §§ 1572, 1573 BGB.
Es muss eine geschlossene "Anspruchskette" im Sinne des durchgehenden Fehlens einer Erwerbsobliegenheit vorliegen. Entweder muss bereits zum Scheidungszeitpunkt eine altersbedingte Erwerbsunfähigkeit vorliegen oder aber eine Erwerbsunfähigkeit zu den späteren Zeitpunkten der Beendigung der Pflege oder der Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes oder des Wegfalls der Voraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nach § 1572, 1573 BGB (Krankheit oder Übergang) bestehen.
Nicht erforderlich ist dagegen, dass zum jeweiligen Einsatzzeitpunkt über das Fehlen einer Erwerbsobliegenheit hinaus weitere Elemente des Unterhaltsanspruchs wie Bedürftigkeit des Berechtigten und Leistungsfähigkeit des Verpflichteten gegeben sind.
Rz. 663
Bei Eintritt der altersbedingten Erwerbsunfähigkeit in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Beendigung der Kindesbetreuung kommt es nicht darauf an, wann die Pflege und Erziehung tatsächlich beendet worden ist, sondern wann die – rechtliche – Betreuungsnotwendigkeit ausgelaufen ist.
§ 1571 BGB verweist hinsichtlich des Einsatzzeitpunktes auf § 1573 BGB, ohne Abs. 4 auszunehmen, so dass es ausreicht, wenn die altersbedingte Erwerbsunfähigkeit zu einem Zeitpunkt nicht nachhaltiger Unterhaltssicherung eintritt.
Rz. 664
Der Einsatzzeitpunkt des Wegfalls eines Anspruchs nach § 1572 BGB wegen Krankheit und Gebrechen ist zu bejahen, wenn der Betroffene gesund geworden ist. Auch insoweit handelt es sich bei dem Anspruch Unterhalt wegen Alters um einen Anschlussunterhalt.
Der Einsatzzeitpunkt des Wegfalls eines Anspruchs nach § 1573 Abs. 1 BGB wegen Erwerbslosigkeit liegt vor, wenn ein Berechtigter aufgrund aktueller Marktlage keine Beschäftigung finden konnte und diese Situation wegen Alters übergeht in eine fehlende Beschäftigung wegen Alters. Anstelle des Unterhaltsanspruchs nach § 1573 Abs. 1 BGB entsteht ein Anschlussunterhalt wegen Alters.
Rz. 665
Verliert der Berechtigte seine bisherigen Einkünfte im Rahmen des zuvor gegebenen Aufstockungsunterhalts, § 1572 Abs. 2 BGB, und findet er anschließend altersbedingt oder infolge des Erreichens der Altersgrenze keine Arbeitstätigkeit mehr, schließt sich dem Aufstockungsunterhaltsanspruch nach § 1573 Abs. 2 BGB ein Altersunterhalt an.
Rz. 666
Geht ein (zu 50 % schwerbehinderter) Unterhaltsberechtigter mit 63 Jahren in den Ruhestand, und bestand bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt, ist der Einsatzzeitpunkt für einen anschließenden Altersunterhalt gewahrt.
Bezieht der Berechtigte bereits Altersrente, richtet sich sein Unterhaltsanspruch allein nach § 1571 BGB; Aufstockungsunterhalt ist nicht zu leisten.
Rz. 667
Für das Verhältnis zwischen §§ 1571 und 1573 Abs. 2 BGB gilt, so der BGH, dass § 1571 BGB anzuwenden ist, wenn typischerweise in diesem Alter und der in Betracht kommenden Berufssparte (abstrakte Betrachtungsweise) keine angemessene Arbeit mehr gefunden werden kann, während auf § 1573 Abs. 2 BGB abzustellen ist, wenn und soweit wegen der konkreten Einzelfallumstände aufgrund des Alters die Aufnahme einer angemessenen Arbeit scheitert (konkrete Betrachtungsweise).
Rz. 668
Über § 1571 BGB kann der Unterhaltsberechtigte, von dem nur eine Teilerwerbstätigkeit verlangt werden kann, Unterhalt nur bis zur Höhe des durch eine Vollerwerbstätigkeit erzielbaren Einkommens verlangen. Reicht der Eigenverdienst zusammen mit dem Teilerwerb nach § 1571 BGB nicht aus, kommt ein Aufstockungsunterhalt zum vollen eheangemessenen Bedarf in Betracht.