Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 767
Die jeweiligen Einkünfte, die zur vollen Bedarfsdeckung ausreichen, dürfen sich nicht nur unerheblich voneinander unterscheiden.
Der Aufstockungsunterhalt soll ehebedingte Vorteile sichern und den ehelichen Lebensstandard ohne unangemessenen sozialen Abstieg erhalten. Deshalb sind nur nicht ganz geringfügige Einkommensunterschiede auszugleichen.
a) Erheblichkeit unterschiedlicher Einkünfte
Rz. 768
Bei lediglich geringfügigen Einkommensunterschieden scheidet der Anspruch aus.
Eine allgemeine Grenze für die Frage der Geringfügigkeit lässt sich jedoch nicht festlegen. Hier kommt es auf die konkreten Einkommensverhältnisse im Einzelfall an. Je beengter die wirtschaftlichen Verhältnisse sind, desto eher ist von einer Erheblichkeit der Einkommensunterschiede auszugehen. So ist nach Auffassung des OLG Karlsruhe auch ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt gegeben, wenn die Einkommensdifferenz lediglich 63 EUR beträgt und im konkreten Einzelfall der Berechtigte in sehr engen wirtschaftlichen Verhältnissen lebt und der rechnerische Unterschiedsbetrag deshalb so gering ist, weil er auf der Zurechnung fiktiven Einkommens beruht.
Rz. 769
Auch bei Bestimmung der Geringfügigkeit im Einzelfall wird allgemein bei einer Einkommensdifferenz von weniger als 10 % angenommen werden müssen, dass Geringfügigkeit vorliegt. Es kann dann nicht mehr davon die Rede sein, dass die Zielrichtung des Aufstockungsunterhaltsanspruchs gewahrt ist, einen unangemessenen sozialen Abstieg zu verhindern.
Bei geringfügigen Einkommensunterschieden scheidet der Anspruch deshalb aus.
Rz. 770
Beispiel
Das bereinigte monatliche Nettoeinkommen des Mannes beträgt 2.400 EUR, das der Frau 2.000 EUR, ihr Gesamteinkommen 4.400 EUR. 10 Prozent davon sind 440 EUR. Die Einkommensdifferenz beträgt 400 EUR. Damit liegt der Aufstockungsunterhalt unter der Geringfügigkeitsgrenze mit der Folge, dass F keinen Unterhalt von M fordern kann.
Rz. 771
Das OLG München hielt in früherer Entscheidung einen Mindestbetrag des Unterhaltsanspruchs von – umgerechnet -50 EUR für erforderlich.
Nach – allerdings viele Jahre zurückliegender – Auffassung des BGH darf ein Unterhaltsanspruch von – umgerechnet – zumindest mehr als rd. 82 EUR nicht vernachlässigt werden.
Das OLG Koblenz sieht die Grenze bei weniger als 10 % des Gesamteinkommens der Eheleute. Eine solche Lösung erscheint sachgerecht, da im Einzelfall auf die Relation des Unterhalts zum Einkommen abzustellen sein wird.
b) Berechnungsmethoden des Einkommensgefälles
Rz. 772
Bei den Methoden der Unterhaltsberechnung und damit der Feststellung des Unterhaltsgefälles wird danach unterschieden, welche Einkünfte die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben.
Grundsätzlich unterscheiden sich die Methoden lediglich im Berechnungsweg, nicht jedoch im Ergebnis. Es wird unterschieden zwischen der Quotenmethode, der Differenzmethode sowie der Additionsmethode.
Rz. 773
Die Quotenmethode kommt zur Anwendung, wenn lediglich der Schuldner über Erwerbseinkünfte verfügt hat (Alleinverdienerehe). Der Unterhalt errechnet sich mit 3/7 des bereinigten Nettoeinkommens, sofern der Berechtigte nach Trennung/Scheidung keine Tätigkeit aufgenommen hat und ihm eine solche auch nicht zumutbar ist.
Rz. 774
Rechenbeispiel
Ehemann anrechenbar EUR 2.100, Ehefrau EUR 0; Anspruch Ehefrau: EUR 2.100 x 45 % = EUR 945
Rz. 775
Haben beide Ehegatten gearbeitet und haben sich die Verhältnisse nicht geändert (Doppelverdienerehe) errechnet sich der Unterhalt mit 3/7 der Differenz der Einkünfte zwischen den Eheleuten (Differenzmethode).
Rz. 776
Rechenbeispiel
Ehemann EUR 2.100, Ehefrau EUR 1.400; Anspruch Ehefrau: EUR 2.100 ./. EUR 1.400 x 45 % = EUR 315.
Rz. 777
In allen anderen Fällen erscheint die Wahl der Additionsmethode sinnvoll. Die Methodenwahl ist jedoch "Geschmacksache". Viele Juristen bevorzugen grundsätzlich die Anwendung der Differenzmethode als "einfachere Rechenart".
Rz. 778
Bei der Additionsmethode wird zweistufig vorgegangen, zunächst der Bedarf des Berechtigten nach den ehelichen Lebensverhältnissen festgestellt (Additionsstufe). Sodann wird auf der Anrechnungsstufe die konkrete Unterhaltshöhe bestimmt.
Die Ermittlung d...