Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 702
Hat der Unterhaltsberechtigte bereits vor Eingehung der Ehe über gesicherte Erkenntnisse hinsichtlich seiner Erkrankung verfügt und diese Umstände verschwiegen, kann eine Unterhaltsbegrenzung nach § 1579 Nr. 8 BGB wegen grober Unbilligkeit in Frage kommen.
Wie jeder andere nacheheliche Unterhaltsanspruch kann auch der Unterhalt wegen Krankheit nach § 1572 BGB zeitlich begrenzt und herabgesetzt werden (§ 1578b BGB).
Rz. 703
Da eheliche Nachteile im Hinblick auf eine Erkrankung keine Rolle spielen, geht es bei der Frage der Begrenzung und Herabsetzung um eine Abwägung der Umstände, die die Reichweite der nachehelichen Solidarität des Unterhaltspflichtigen betreffen.
Ehebedingte Nachteile können nur dann eine Rolle spielen, wenn der Unterhaltsberechtigte aufgrund der Aufgabenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung bzw. Erwerbsunfähigkeit vorgesorgt hatte.
Rz. 704
So haben Versicherte nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze nur dann Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gezahlt haben. Hat der Berechtigte seine Erwerbstätigkeit aber aufgegeben und sich der Kindererziehung und dem Haushalt gewidmet, kann es sein, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Rz. 705
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass auch bei fehlenden ehebedingten Nachteilen in der Frage der Reichweite der nachehelichen Solidarität die Erkrankung des Ehegatten ein besonderes Maß an Loyalität und fortwirkender nachehelicher Verantwortung verlangt.
Rz. 706
Bei der anzustellenden Billigkeitsbetrachtung sind neben der nachwirkenden ehelichen Verantwortung konkrete Gesichtspunkte im Verhältnis der Beteiligten zueinander zu berücksichtigen:
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Dauer der Pflege oder Erziehung gemeinschaftlicher Kinder; |
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Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe; |
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Bildung, Ausbildung des Unterhaltsberechtigten; |
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Aufgabe der Erwerbstätigkeit/Berufsausbildung durch den Unterhaltsberechtigten; |
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Vorliegen außergewöhnlich belastender Lebensumstände (z.B. Behinderung des Partners oder der Kinder); |
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Dauer der Ehe; |
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wirtschaftlicher Verflechtung der geschiedenen Ehegatten; |
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beiderseitige Einkommens- und Vermögensverhältnisse; |
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ggf. durch die Ehe erlangte Vorteile des Unterhaltsberechtigten (Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich); |
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bisherige Dauer der Unterhaltszahlungen einschließlich Trennungsunterhalt. |