Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
a) Gemeinsame Haushaltsführung
Rz. 969
Der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen kann herabgesetzt werden, wenn der Bedarf mit der Ersparnis durch gemeinsame Haushaltsführung mit einem ebenfalls berufstätigen Ehegatten teilweise abgedeckt ist. Ein Doppelhaushalt ist schlicht günstiger als ein Einzelhaushalt.
Die Berechnung der Ersparnis hat nach Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsreformgesetzes vom 1.1.2008 in der Weise zu geschehen, dass im Falle des Zusammenlebens mit einem Partner der Selbstbehalt des Pflichtigen herabgesetzt wird.
Rz. 970
Zum Teil wird eine Gesamtersparnis bei Zusammenleben mit 25 % angenommen, was bedeutet, den Selbstbehalt des Pflichtigen um 12,5 % herab zu setzen.
Dies bedeutet eine Herabsetzung des Ehegatten-Selbstbehaltes von 1.160 EUR auf 1.015 EUR. Voraussetzung ist allerdings echte eine Ersparnis, also auch ein entsprechendes Einkommen des Partners.
Rz. 971
Der BGH hat sich im Anschluss an das Bundesverfassungsgericht für einen Abzug von 10 % entschieden. Dieser Empfehlung sind die meisten Leitlinien bei der Bemessung des vorrangigen Bedarfs des bei dem Pflichtigen lebenden Ehegatten gefolgt.
Es liegt in der Tat nahe, die Haushaltsersparnis in Anlehnung an die Regelungen im Sozialrecht mit 10 % zu bewerten. Nach § 20 Abs. 3 SGB II beträgt die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts bei zwei Partnern einer Bedarfsgemeinschaft, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, jeweils 90 % der monatlichen Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II. § 3 Abs. 3 der Verordnung zur Durchführung des § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – Regelsatzverordnung – sieht vor, dass der Regelsatz jeweils 90 % des Eckregelsatzes beträgt, wenn Ehegatten oder Lebenspartner zusammen leben. Der Reduzierung der Bedarfssätze liegt offensichtlich die Auffassung zugrunde, dass durch das gemeinsame Wirtschaften Aufwendungen erspart werden, die mit jeweils 10 % angenommen werden können.
Im Falle des Zusammenlebens mit einem Partner ist der Selbstbehalt daher grundsätzlich um 10 % zu senken. Um sich vorteilhaft für den Unterhaltsschuldner auszuwirken, muss der Partner allerdings über ein ausreichendes Eigeneinkommen verfügen.
b) Abweichende Wohnkosten
Rz. 972
Wohnkosten können unterschiedlich hoch sein, abhängig davon, ob man z.B. im ländlichen Raum oder im Innenbereich einer Großstadt wohnt. Dies bereitet häufig Probleme, weil innerhalb eines OLG-Bezirks einheitliche Selbstbehaltssätze gelten, aber auch innerhalb eines Bezirks sehr unterschiedlich hohe Wohnkosten auftreten können. Die Sozialhilfe verwendet nur für den allgemeinen Lebensbedarf pauschale Regelsätze und deckt die Wohnkosten in ihrer tatsächlichen Höhe.
Der daraus resultierenden Abweichung tragen die Oberlandesgerichte dadurch Rechnung, dass sie in ihren Selbstbehaltssätzen einen Wohnkostenanteil ausweisen. Das OLG Köln teilt die Wohnkosten nach Köpfen auf, wobei Kindern 20 % ihres Barunterhaltes zugerechnet werden.
Rz. 973
Unvermeidbare Mietkosten führen, soweit sie den im Selbstbehalt vorausgesetzten Betrag übersteigen, zu einer entsprechenden Erhöhung des Selbstbehaltes. Umgekehrt kann eine Herabsetzung des Selbstbehaltes veranlasst sein, wenn ein Teil des allgemeinen Lebensbedarfs des Verpflichteten anderweitig gedeckt ist, z.B. durch ein wohnkostenfreies Wohnen oder durch die Leistung des neuen Ehemannes zum Familienunterhalt in einer neuen Ehe.
Rz. 974
Allerdings ist insgesamt zu berücksichtigen, dass ein Betroffener häufig bewusst und gewollt ein Mietverhältnis auf niedrigem Niveau eingeht und damit auch auf gewissen Komfort verzichtet, um das dadurch Ersparte in anderer Weise verwenden zu können. Diese Entscheidung darf nicht durch Herabsetzung des Selbstbehaltes unterlaufen werden. Deshalb kommt die Herabsetzung des Selbstbehaltes nur dann in Betracht, wenn der Pflichtige in einer Region mit niedrigen Mieten lebt, ohne dass diese Wahl durch die Erwägung der Mietersparnis mitbestimmt worden wäre.
Rz. 975
Staatliches Wohngeld soll eine starke Mietbelastung reduzieren. Unterhaltsrechtlich maßgebend ist bei der Leistungsfähigkeit nicht das tatsächlich bezogene Wohngeld, sondern der insoweit bestehende Anspruch, weil der Unterhaltspflichtige die Obliegenheit hat, sich zumutbares Einkommen zu verschaffen. Das gilt in erhöhtem Maße im Mangelfall.
Rz. 976
Bei einer Familienwohnung müssen die Wohnkosten auf die Bewohner verteilt werden. Den Kindern könnte je ein Anteil von 20 % ihres Unterhalts angerechnet werden...