Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 315
Ab dem 1. des Monats, in welchem ein Scheidungsantrag dem anderen Ehegatten zugestellt wird, nehmen die Ehegatten nicht (mehr) am Aufbau der Altersversorgung des jeweils anderen teil. Deshalb kann gem. § 1361 Abs. 1 S. 2 BGB von diesem Zeitpunkt an Altersvorsorgeunterhalt geltend gemacht werden.
Rz. 316
Hinweis
Der beratende Rechtsanwalt kann sich schadenersatzpflichtig machen, wenn er nicht auf die Möglichkeit der Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt hinweist.
Rz. 317
Vorsorgeunterhalt wird erst ab Geltendmachung zugesprochen. Verlangt daher der Berechtigte lediglich Quotenunterhalt, kann er die Einforderung von Vorsorgeunterhalt nicht ab Verzug zum Quotenunterhalt für die Vergangenheit geltend machen. Dies gilt auch dann, wenn der Berechtigte gar nicht wusste, dass er Vorsorgeunterhalt geltend machen kann.
Rz. 318
Hat der Berechtigte allerdings keinen Quotenunterhalt verlangt, sondern nach § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB den Pflichtigen zum Zwecke der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs zur Auskunftserteilung aufgefordert, kann er auch von diesem Zeitpunkt an, soweit die Voraussetzungen vorliegen, Vorsorgeunterhalt verlangen. Dies gilt auch dann, wenn er nicht darauf hingewiesen hat, dass er auch Vorsorgeunterhalt verlangen wolle.
Rz. 319
Ist beispielsweise ein Trennungsunterhaltsverfahren bereits abgeschlossen, liegen jetzt aber die Voraussetzungen zur Geltendmachung von Vorsorgeunterhalt vor, kann in einem Abänderungsverfahren (§§ 238 ff FamFG) Vorsorgeunterhalt verlangt werden.
Fordert der Berechtigte Vorsorgeunterhalt, muss er keinerlei Angaben über die Art und Weise der von ihm beabsichtigten Vorsorge machen, muss auch keineswegs angeben, ob er die Anlage durch Abschluss eines Versicherungsvertrages oder durch sonstige Vermögensbildung plant.
Der Berechtigte muss lediglich konkret den Betrag des Vorsorgeunterhalts geltend machen. Weitere Auskunft kann der Verpflichtete nicht verlangen, auch nicht, dass der Vorsorgeunterhalt von ihm unmittelbar etwa an einen Versicherungsträger bezahlt wird. Anderes gilt nur dann, wenn für den Verpflichteten ein begründeter Anlass für die Annahme einer zweckwidrigen Verwendung des Vorsorgeunterhalts besteht.
Da der Verpflichtete für das Vorliegen solcher Anhaltspunkte darlegungs- und beweispflichtig ist, wird bis auf Ausnahmefälle an den Berechtigten direkt gezahlt werden müssen.
Rz. 320
Im gerichtlichen Verfahren besteht für das Gericht keine Bindung an die Benennung der Beträge für Vorsorge einerseits und Elementarunterhalt andererseits. Eine Bindung besteht zwar dahingehend, dass insgesamt nicht mehr zugesprochen werden kann, als verlangt wurde.
Die Unterhaltsbestandteile sind jedoch angemessen zu verteilen. Hierfür spielt auch der Rang des Unterhalts eine Rolle. Da Altersvorsorgeunterhalt nachrangig ist, ist namentlich im Mangelfall eine Verteilung zunächst auf den Elementarunterhalt und den Krankenvorsorgeunterhalt vorzunehmen.
Rz. 321
Ein ehebedingter Nachteil, der darin besteht, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich geringere Versorgungsanrechte erwirbt, als er bei hinweggedachter Ehe erwürbe, wird ausgeglichen, wenn er Altersvorsorgeunterhalt erlangen kann.
aa) Höhe des Vorsorgeunterhalts
Rz. 322
Bezüglich der Höhe des Vorsorgeunterhalts hat sich in der Praxis die Bemessung nach dem Elementarunterhalt, der dem Berechtigten zusteht, durchgesetzt.
Am verbreitetsten in der Praxis ist das vom OLG Bremen in der Bremer Tabelle entwickelte Verfahren.
Rz. 323
Beim Vorsorgeunterhalt handelt es sich um einen zweckgebundenen Unterhalt. Art und Weise der Vorsorge (gesetzliche Rentenversicherung, private Lebensversicherung) kann der Unterhaltsberechtigte selbst bestimmen, muss sich jedoch innerhalb der Zweckbindung halten.
Die Höhe bestimmte sich nach jahrzehntelanger Rechtsprechung nach dem Beitragsbemessungssatz der Rentenversicherung mit derzeit 18,6 %.
Rz. 324
Nachdem der BGH darüber hinaus gehend erklärt hat, dass grundsätzlich dem Nichtselbstständigen zuzubilligen ist, einen Betrag von bis zu 4 % des jeweiligen Bruttoeinkommens des Vorjahres für eine zusätzliche Altersvorsorge einzusetzen, wird dieser zusätzliche Betrag in den Vorsorgeunterhalt einzubeziehen und statt derzeit 18,6 % nunmehr eine Altersvorsorge von 22,6 % zu verlangen sein.
Der BGH hatte nämlich erklärt, dass die Grenze der angemessenen Altersversorgung zur einseitigen Vermögensbildung bei diesen Sätzen liegt.
Sind die Aufwendungen dafür höher, ist der Betrag, der diese Grenze übersteigt, unterhaltsrechtlich als einseitige Vermögensbildung zu bewerten.
Rz. 325
Dies führt auch dazu, dass bei Immobilien, sei es bei dem Eigenheim, das als Ehewohnung diente oder Mehrfamilienhäusern, aus denen Miete erzielt wird, Tilgungsleistungen als Altersversorgung...