Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
aa) Die Möglichkeit der Scheidung einer Ehe
Rz. 1
Das Bürgerliche Gesetzbuch vom 18.8.1896 sah in §§ 1564 ff. BGB von Anbeginn an die Möglichkeit einer Auflösung der Ehe durch Scheidung vor. Im Einzelnen sah das BGB folgende Möglichkeiten der Scheidung vor:
Rz. 2
§ 1565 BGB a.F. (Ehebruch)
Ein Ehegatte konnte auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte sich des Ehebruchs oder einer "nach den §§ 171, 175 des StGB strafbaren Handlung schuldig" gemacht hatte. Die Vorschriften des StGB betrafen die sogenannte Doppelehe und die damals sog. widernatürliche Unzucht (Homosexualität). Ausgeschlossen war das Recht auf Scheidung nach Satz 2 der Vorschrift, wenn der andere Ehegatte den Ehebruch oder der strafbaren Handlung zugestimmt oder sich der Teilnahme schuldig gemacht hat.
Rz. 3
§ 1566 BGB a.F. (Lebensnachstellung)
Danach konnte ein Ehegatte auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte ihm nach dem Leben trachtete. Erforderlich war die ernstliche Tötungsabsicht und deren erkennbare Betätigung aufgrund freier Willensbestimmung.
Rz. 4
§ 1567 BGB a.F. (bösliche Verlassung)
Ein Ehegatte konnte auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte ihn, wie es hieß, "böslich verlassen" hat. "Bösliche Verlassung" konnte aus zwei Gründen vorliegen:
(1) Ein Ehegatte hat, nachdem er zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft rechtskräftig verurteilt worden war, ein Jahr lang gegen den Willen des anderen Ehegatten "in böslicher Absicht" dem Urteil nicht Folge geleistet.
(2) Ein Ehegatte hat sich ein Jahr lang gegen den Willen des anderen Ehegatten "in böslicher Absicht" von der häuslichen Gemeinschaft fern gehalten und war mit unbekanntem Aufenthalt abwesend.
Rz. 5
§ 1568 BGB a.F. (relativer Scheidungsgrund)
Die Vorschrift lautete:
Zitat
"Ein Ehegatte kann auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte durch schwere Verletzung der durch die Ehe begründeten Pflichten oder durch ehrloses oder unsittliches Verhalten eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses verschuldet hat, dass dem Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zugemutet werden kann. Als schwere Verletzung der Pflichten gilt auch grobe Misshandlung."
Voraussetzung war schuldhaft ehewidriges Verhalten. Dieses ehewidrige Verhalten muss dann die eheliche Gesinnung des anderen Ehegatten zerstört haben. Die Zerrüttung musste so tief sein, dass dem klagenden Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zugemutet werden konnte.
Rz. 6
§ 1569 BGB a.F. (Geisteskrankheit)
Schließlich konnte auf Scheidung geklagt werden, wenn der andere Ehegatte einer Geisteskrankheit verfallen war, die Krankheit während der Ehe mindestens drei Jahre gedauert hat und zu einer Aufhebung der geistigen Gemeinschaft zwischen den Ehegatten geführt hat. Schließlich musste jede Aussicht auf Wiederherstellung dieser Gemeinschaft ausgeschlossen sein.
Rz. 7
All diese Scheidungsgründe erloschen jedoch nach § 1570 BGB a.F. "durch Verzeihung". Gleichgültig, in welch starkem Maße die Unzumutbarkeit zur Fortsetzung der Ehe gegeben war, tilgte die Verzeihung nicht nur den sogenannten relativen Scheidungsgrund, nach § 1568 BGB a.F., sondern auch die absoluten Scheidungsgründe und wirkten endgültig. Ganz regelmäßig, wie das Reichsgericht es ausdrückte, geschah dies "durch Beiwohnung". Maßgebend sei, so das Reichsgericht, der aus "natürlichem Bedürfnis einträchtig fortgesetzte eheliche Verkehr", der den fortdauernden Ehewillen anzeigt und mit der Annahme einer Zerrüttung unvereinbar sei.
bb) Gegenseitige Unterhaltspflicht
Rz. 8
Schon die ursprüngliche Fassung des Bürgerlichen Gesetzbuches kannte drei unterschiedliche Unterhaltsarten, den Familienunterhalt, den Trennungsunterhalt und den nachehelichen Unterhalt.
(1) Familienunterhalt
Rz. 9
§ 1360 BGB a.F. (gegenseitige Unterhaltspflicht)
Danach hatte der Ehemann der Ehefrau nach Maßgabe seiner Lebensstellung, seines Vermögens und seiner Erwerbsfähigkeit Unterhalt zu gewähren. Umgekehrt galt dies nicht in gleicher Weise. In Satz 2 des § 1360 BGB a.F. hieß es:
Zitat
"Die Frau hat dem Manne, wenn er außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten, den seiner Lebensstellung entsprechenden Unterhalt nach Maßgabe ihres Vermögens und ihrer Erwerbsfähigkeit zu gewähren."
Damit hatte die Ehefrau grundsätzlich einen Anspruch auf Familienunterhalt, der Ehemann nur dann, wenn er außer Stande war, sich selbst zu unterhalten. Für den Umfang der Unterhaltspflicht entschied in beiden Fällen die Lebensstellung des Mannes. Leistungsfähigkeit des Verpflichteten war allerdings kein positives Erfordernis. Das Reichsgericht erklärte, dass jeder Ehegatte dasjenige mit dem anderen teilen muss, was er nach Vermögen und Erwerbsfähigkeit aufzubringen im Stande ist.
(2) Trennungsunterhalt
Rz. 10
§ 1361 BGB a.F. (Geldrente)
Nach dieser Vorschrift beim Trennungsfall Unterhalt durch Entrichtung einer Geldrente z...