Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 492
Verfahrenskostenvorschuss stellt eine besondere Form des Sonderbedarfs dar. Hinsichtlich des Familienunterhalts ist der Prozess- bzw. Verfahrenskostenvorschuss Teil des Unterhaltsanspruchs nach § 1360a Abs. 4 BGB. Bei getrenntlebenden Ehegatten besteht der Anspruch auf Kostenvorschuss, weil die Vorschrift des § 1361 Abs. 4 S. 4 BGB auf die Vorschrift des § 1360a Abs. 4 BGB verweist.
Rz. 493
Im Gegensatz dazu sind geschiedene Ehegatten allerdings nicht verpflichtet, einander Prozess- bzw. Verfahrenskostenvorschuss zu leisten. Weder sind solche Kosten Teile des gesamten Lebensbedarfs im Sinne des § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB, noch kommt eine entsprechende Anwendung des § 1360a Abs. 4 BGB in Betracht.
Auch die Vorschriften über den Sonderbedarf können nicht herangezogen werden.
Rz. 494
Die Kostenvorschusspflicht endet daher mit Rechtskraft der Scheidung. Die Tatsache des Verheiratetseins ist damit verknüpft mit dem Bestand eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf einen Prozess- bzw. Verfahrenskostenvorschuss. Wird daher z.B. im Verbundverfahren, im Beschwerdeverfahren oder in der Rechtsbeschwerde eine Folgesache angegriffen und der Scheidungsausspruch während des Rechtsmittelverfahrens rechtskräftig (§ 145 Abs. 1 FamFG), kann ein Kostenvorschuss nicht mehr durch einstweilige Anordnung nach § 246 FamFG zugesprochen werden, da der Anspruch erloschen ist.
Nach Scholz soll in solchen Fällen jedoch ein Schadenersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 2, 286 BGB zuzubilligen sein, wenn der Betroffene den Verpflichteten vor Rechtskraft der Scheidung in Verzug gesetzt hat. Dem steht jedoch entgegen, dass unmittelbar mit rechtskräftiger Ehescheidung die Verpflichtungen nach gegebener Gesetzeslage – de lege lata – enden. Über den Umweg der Schadenersatzansprüche wäre diese Rechtslage ausgehebelt. Letztlich könnte man ansonsten auch während der nach Rechtskraft laufenden dreijährigen Verjährungsfrist eingeleitete isolierte Zugewinnausgleichsverfahren in die Verfahrenskostenvorschusspflicht einbeziehen, wenn der Verpflichtete vor rechtskräftiger Scheidung der Ehe in Verzug gesetzt worden ist.
Rz. 495
Anders verhält es sich hinsichtlich der Vollstreckbarkeit eines Titels. Ist vor Rechtskraft der Scheidung der Kostenvorschuss im Hauptsacheverfahren oder durch einstweilige Anordnung zugesprochen worden, kann auch nach rechtskräftiger Scheidung aus dem Titel vollstreckt werden.
Rz. 496
Die Prozess- bzw. Verfahrenskostenvorschusspflicht ist auch nicht entsprechend anwendbar auf nichteheliche Lebensverhältnisse, wenn ein Elternteil ein nicht eheliches Kind betreut. § 1615l Abs. 3 S. 1 BGB verweist auf die Vorschriften über Verwandtenunterhalt, nicht auf § 1360a Abs. 4 BGB.
Dies ist auch gerechtfertigt: Unterhaltsansprüche von Ehepartner erwachsen aus der füreinander übernommenen Verantwortung für den Partner und die Gesamtfamilie. Bei nicht miteinander verheirateten Partnern erwächst diese Verantwortung aus der Tatsache der gemeinsamen Verantwortung und Verpflichtung für das aus der Beziehung hervorgegangene Kind. Dies ist u.a. auch die Begründung dafür, dass im Falle des Versterbens des Unterhaltsverpflichteten die Unterhaltsansprüche nicht untergehen, sondern gem. §§ 1615l Abs. 3 S. 4, 1615 n, 1967 BGB von den Erben des Verstorbenen zu erfüllen sind.
Rz. 497
In diesem Zusammenhang:
Hinweis
Anders als beim nachehelichen Unterhalt, bei dem die Haftung der Erben durch den Wert ihres fiktiv zu ermittelnden Pflichtteils beschränkt ist (§ 1586b BGB) haften die Erben für die Ansprüche nach § 1615l BGB grundsätzlich in voller Höhe und u.U. auch über drei Jahre hinaus.
Rz. 498
Die Grundsituation zwischen nicht verheirateten Eltern, über die Unterhaltspflicht nach § 1615l BGB hinaus kein rechtliches Band zueinander geknüpft zu haben, lässt eine Verpflichtung zu einem Prozess- oder Verfahrenskostenvorschuss nicht zu.
Rz. 499
Für ein Scheidungsverfahren selbst kann natürlich Verfahrenskostenvorschuss verlangt werden.
Die Aufforderung eines Bevollmächtigten für den Antragsteller gegenüber dem anderen Beteiligten, Verfahrenskostenvorschuss zu zahlen, wäre beispielsweise wie folgt möglich.
Rz. 500
Muster 4.25: Aufforderung zur Zahlung von Verfahrenskostenvorschuss
Muster 4.25: Aufforderung zur Zahlung von Verfahrenskostenvorschuss
Sehr geehrter Herr _________________________,
Ihre Ehefrau hat uns mit der Wahrnehmung ihrer Interessen in der Ehesache beauftrag und um unsere Mithilfe gebeten. Sie leben Beide seit über einem Jahr voneinandder getrennt und sind darüber einig, dass es endgültig bei der Trennung verbleiben soll.
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Unsere Mandantin hat uns deshalb beauftragt, beim zuständigen Familiengericht das Scheidungsverfahren einzuleiten. Unsere Mandantin ist außerstande, die hierfür anfallenden Gerichts- und Anwaltskosten selbst zu tragen. Im Rahmen Ihrer Unterhaltsverpflichtung sind Sie deshalb auch verpflichtet, unserer Mandantin gemäß §§ 1361, 1360 a BGB einen Verfahrenskostenvorschuss zu bezahlen. Unsere Mandantin hat... |