Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
I. Vorsorgeunterhalt wegen Krankheit
1. Grundsätze
Rz. 890
Beim nachehelichen Unterhalt gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit zum Lebensbedarf nach § 1578 Abs. 2 BGB.
Diese Kosten entstehen in der Regel mit Rechtskraft der Scheidung, weil sodann die Familienversicherung erlischt, § 10 Abs. 1 SGB V. Ist der Unterhaltsberechtigte nicht aufgrund eigener Erwerbstätigkeit krankenversichert, muss er sich selbst versichern.
War der Berechtigte zum Zeitpunkt der Scheidung in der Krankenversicherung des Ehepartners mitversichert, ist er gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB V berechtigt, der gesetzlichen Krankenversicherung beizutreten.
Rz. 891
Voraussetzung ist
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die Mitgliedschaft des Verpflichteten aufgrund eines Pflichtversicherungsverhältnisses oder aufgrund freiwilliger Versicherung sowie |
▪ |
die Beantragung des Beitritts innerhalb einer Frist von 3 Monaten ab Rechtskraft der Scheidung, § 9 Abs. 2 S. 2 SGB V. |
Nach Ablauf der Frist ist die Krankenversicherung nicht mehr verpflichtet, einem Aufnahmeantrag noch stattzugeben.
Rz. 892
Der Berechtigte ist auch im Verhältnis zum Unterhaltsgläubiger verpflichtet, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, da es sich um die kostengünstigere Art meiner angemessenen Krankenversicherung handelt.
Dies gilt für – frühere – Ehegatten von Beamten nicht, da sie in die gesetzliche Krankenversicherung nicht aufgenommen werden, solange sie nicht selbst pflichtversichert sind. Nach Wegfall der Beihilfeberechtigung nach Scheidung der Ehe kann der Berechtigte eine private Krankenversicherung abschließen, um den gleichwertigen Schutz aufrecht zu erhalten.
Rz. 893
Die Tatsache, dass vom geschiedenen Ehegatten Krankheitsvorsorgekosten (Krankenversicherung) zu tragen sind, hat Auswirkungen auf den Unterhalt: Zu ihm gehören die Kosten für eine angemessene Krankenversicherung. Der Krankheitsvorsorgeunterhalt ist in der 45 %-Quote nicht enthalten und daher vor der entsprechenden Berechnung abzuziehen, dadurch wird der Elementarunterhalt entsprechend verringert.
Rz. 894
Bei der Fortsetzung der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen der freiwilligen Versicherung besteht Anspruch auf den zu zahlenden Beitrag, bei der privaten Versicherung Anspruch auf eine den Wegfall der Beihilfe ausgleichende private Krankenversicherung.
Wenn der arbeitende Ehegatte die private Versicherung seines Ehepartners nicht mehr bezahlt, kann der Berechtigte die Kosten für eine den ehelichen Lebensverhältnissen angemessene Absicherung verlangen, § 1578 Abs. 2 BGB.
2. Verhältnis zum Elementarunterhalt
Rz. 895
Der Krankheitsvorsorgeunterhalt ist als unselbstständiger Unterhaltsbestandteil des einheitlichen Lebensbedarfs zusätzlich zum Elementarunterhalt zu zahlen, wenn die Unterhaltsberechnung nach einer Ehegattenquote erfolgt. In der Ehegattenquote ist lediglich der Elementarunterhalt enthalten.
Rz. 896
Krankheitsunterhalt und Elementarunterhalt sind gleichrangig, weil die Versicherung gegen Krankheit einen wichtigen Teil des Unterhaltsbedarfs darstellt.
Rz. 897
Ist der Krankheitsvorsorgeunterhalt im Verhältnis zum Elementarunterhalt überproportional groß, kann wegen des Gleichrangs eine anderweitige Verteilung der einzelnen Bestandteile angemessen sein. Eine solche Abwägung ist im Einzelfall als Korrektur des rechnerisch gefundenen Ergebnisses nach billigem Ermessen vorzunehmen.
3. Berechnung von Krankenvorsorgeunterhalt
Rz. 898
Die Berechnung des Krankenvorsorgeunterhalts ist grundsätzlich in zwei Stufen wie folgt vorzunehmen, wobei zu beachten ist, dass sich der Krankenvorsorgeunterhalt im Hinblick auf die gesetzliche Krankenversicherung nicht nach einem hochgerechneten fiktiven Bruttoeinkommen, sondern allein nach dem errechneten Elementarunterhalt bemisst. Dieser ist mit dem entsprechenden Beitragssatz der Krankenkasse zu multiplizieren.
Rz. 899
Beispiel
Einkommen des Verpflichteten (ohne eigene Krankenversicherungskosten) |
2.800 EUR |
(vorläufige) Unterhaltsquote der Berechtigten: 2.800 EUR x 45 % = |
1.260 EUR |
Krankenvorsorge (Beitragssatz 14,6 %): 900 EUR x 14,6 % = |
184 EUR |
abzgl. Krankenvorsorge |
184 EUR |
bereinigtes Nettoeinkommen des Verpflichteten |
2.616 EUR |
x Unterhaltsquote x 45 % |
|
endgültiger Elementarunterhalt |
1.177 EUR |
Die Unterhaltsberechtigte erhält im Beispiel 184 EUR Krankenvorsorge- und 1.177 EUR Elementarunterhalt, insgesamt 1.361 EUR.
In der Praxis wird hier der Pflegevorsorgeunterhalt (3,05 %) einzubeziehen sein, so dass an Vorsorge derzeit der Betrag von 17,65 % einzusetzen ist. Dies ergibt nach dem obigen Beispiel folgende Berechnung:
Kranken- u. Pflegevorsorge (17,65 %): 1.260 EUR x 17,65 % = |
222,39 EUR |
Einkommen de... |