Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 1025
Wer sich nicht selbst unterhalten kann und auch nicht von anderen unterhalten wird, erhält gemäß § 2 SGB XII auf Antrag Sozialhilfe, soweit und solange er einen Unterhaltsanspruch nicht durchsetzen kann und keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II hat. Nach §§ 33 SGB II und 94 SGB XII geht der Unterhaltsanspruch eines Sozialhilfeempfängers jeweils bis zu der Höhe, in der Sozialhilfe gewährt wird, für die Zeit der Sozialhilfegewährung auf den Träger der Sozialhilfe über. Für die Zukunft ändert sich somit nichts an der materiellen Unterhaltsberechtigung des Gläubigers. Für die Vergangenheit kann er jedoch wegen des Forderungsübergangs in dem Umfang, wie Sozialhilfe gewährt worden ist, den Unterhaltsanspruch nicht mehr durchsetzen.
Rz. 1026
Da der Sozialhilfeanspruch gegenüber dem Unterhaltsanspruch subsidiär ist, wirkt sich die gewährte Sozialhilfe nicht auf die Unterhaltshöhe aus. Der Schuldner kann den Gläubiger also auch nicht etwa darauf verweisen, er solle Sozialhilfe in Anspruch nehmen.
Rz. 1027
Verweigert der Schuldner Unterhaltszahlungen, so kann es geraume Zeit dauern, bis der Gläubiger tatsächlich Unterhaltsleistungen erhält. Denn selbst aus einer einstweiligen Anordnung muss zunächst vollstreckt werden, so dass ohne Weiteres Monate verstreichen können, bis auch nur der Mindestunterhalt durch Titulierung und Vollstreckung durchgesetzt ist. Sofern der Gläubiger nicht über Rücklagen verfügt, muss ihm deshalb empfohlen werden, beim örtlich zuständigen Träger der Sozialhilfe einen Sozialhilfeantrag zu stellen.
Rz. 1028
Wird beim Familiengericht ein Unterhaltsantrag gestellt und dann für die Zeit, die von dem Antrag erfasst wird, Sozialhilfe geleistet, muss das Verfahren für den fraglichen Zeitraum in Höhe der geleisteten Sozialhilfe wegen des Forderungsübergangs auf den Sozialhilfeträger für erledigt erklärt werden. Der Antrag kann nicht etwa in Höhe der geleisteten Sozialhilfe auf Zahlung an den Sozialhilfeträger (Prozessstandschaft) umgestellt werden. Der Sozialhilfeträger kann den Unterhaltsgläubiger auch nicht zur Forderungseinziehung an ihn ermächtigen. Allerdings kann er den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch auf den Unterhaltsgläubiger zurück übertragen; in diesem Fall ist das Verfahren auf Kosten des Sozialhilfeträgers (§ 94 Abs. 5 SGB XII) vom Unterhaltsgläubiger fortzuführen.
Rz. 1029
Wer im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II erwerbsfähig ist, erhält Arbeitslosengeld II, ggf. gekürzt durch eigenes, unter dem nach dem SGB II maßgeblichen Lebensbedarf liegendes Einkommen; Arbeitslosigkeit ist also entgegen der Bezeichnung gerade nicht Anspruchsvoraussetzung. Zuständig ist je nach den örtlichen Verhältnissen die Arbeitsagentur oder die Kommunalverwaltung. Mit gewissen Einschränkungen beim Verwandtenunterhalt, nicht beim Ehegattenunterhalt, kann der Sozialleistungsträger als Folge der Zahlung Inhaber des Unterhaltsanspruchs des Arbeitslosengeld II-Beziehers werden; gemäß § 33 SGB II gehen die Unterhaltsansprüche sowie sonstige Ansprüche des Beziehers kraft Gesetzes – also ohne überleitenden Verwaltungsakt – wie bei der Sozialhilfe (§ 94 SGB XII) auf den Sozialleistungsträger über. Das Arbeitslosengeld II stellt wie die Sozialhilfe kein für den Unterhalt relevantes Einkommen dar.
Rz. 1030
Wird ein Unterhaltsantrag gestellt und dann für die Zeit, die von dem Antrag erfasst wird, Arbeitslosengeld II geleistet, muss der Antrag in Höhe der übergegangenen Beträge umgestellt und Zahlung an den Sozialleistungsträger beantragt werden. Die auf den Sozialleistungsträger übergegangenen Unterhaltsansprüche können nicht auf den Bezieher von Arbeitslosengeld II zurück übertragen werden, damit dieser – wie bei der Sozialhilfe gemäß § 94 Abs. 5 SGB XII – seinen Unterhaltsanspruch treuhänderisch weiter geltend machen kann.